Im Fußball ist es oft der Moment, der einen Spieler unvergesslich macht. Pierre Kaiser, der am vergangenen Wochenende in Behringersdorf erstmals im regulären Wettbewerb für die SG Dormitz Brand auf dem Platz stand, hat nicht nur einen persönlichen Traum verwirklicht, sondern auch die Grenzen des Fußballs neu definiert. Nach einem schrecklichen Zugunfall im Jahr 2007, bei dem Kaiser sein rechtes Bein verlor, hat er gezeigt, dass Lebenswillen und Teamgeist immer siegen können.
Kaiser erzählt mit leuchtenden Augen von seiner Reha-Zeit in Osterhofen, wo er von einem Mitpatienten zum Thema Amputiertenfußball inspiriert wurde. Bizarre Wendungen nimmt sein Schicksal, als er 2011 an einem Lehrgang in der Sportschule Hennef teilnimmt und sich schnell einer neuen Leidenschaft zuwendet. „Ich habe schnell gemerkt, dass Dinge wie Fahrradfahren auch mit einem Bein möglich sind“, so Kaiser. Das Engagement führte rasch zu seiner Nominierung für die Amputierten-Nationalmannschaft.
Ein Schritt ins Ungewisse
Die Trainingseinheiten bei der SG Dormitz Brand waren für Kaiser der nächste Schritt. Nachdem sein Nachbar und Teamkollege Martin Jäger ihm immer wieder ans Herz legte, beim Training vorbeizuschauen, ergab sich eine neue Chance. „Die herzliche Willkommensreaktion der Mannschaft hat mich überzeugt. Ich habe mich sofort als Teil des Teams gefühlt“, erinnert er sich. Ein weiteres Schlüsselerlebnis war das Gespräch mit Ralf Stellfeld, der 2023 als erster Amputiertenfußballer für den regulären Spielbetrieb zugelassen wurde. Kaiser war vom Mut seines Kollegen beeindruckt und beschloss, ebenfalls eine Spielerlaubnis zu beantragen.
“Ich dachte, ich kann es zumindest versuchen, und wie es aussieht, war das genau der richtige Schritt“, sagt Kaiser. Über den Bezirksvorsitzenden Uwe Mauckner erhielt er die ersehnte Spielgenehmigung, und das ohne großen bürokratischen Aufwand. „Für uns war es keine Frage, Pierre zu unterstützen. Wir glauben daran, dass Fußball für alle da ist“, erklärt Mauckner. Damit könnte Kaiser auch anderen Amputierten Vorbilder sein.
Die ersten Minuten im regulären Spielbetrieb wurden von allen Seiten begeistert aufgenommen. Benjamin Schüch, Trainer des TSV Behringersdorf, zeigt sich beeindruckt von Kaisers Engagement: „Es war ein großes Privileg, gegen jemanden zu spielen, der so viel für den Fußball getan hat.“ Teamkolleges wie Branimir Nikolov waren ebenso voller Respekt. „Pierre hat es verdient, hier zu spielen. Das ist wichtig und ein Zeichen für gesellschaftliche Verantwortung“, erläutert Nikolov.
Kaiser selbst beschreibt den Tag als einen der besten seines Lebens. Seine Teamkollegen jubelten über jeden Treffer und seine Lebensfreude inspirierte alle um ihn herum. „Ich habe schon viele Spiele geleitet, aber dieses besondere Ereignis als Schiedsrichter zu begleiten, ist etwas, das ich nie vergessen werde“, sagt Schiedsrichter Klaus Clausener, der die Partie leitete. Kaiser hat nun den ersten von drei Träumen verwirklicht: die Teilnahme am regulären Meisterschaftsspiel.
Doch damit ist sein Weg noch nicht zu Ende. Kaiser hat ambitionierte Pläne, die Deutsche Meisterschaft mit seiner Mannschaft zu gewinnen und ein eigenes Amputierten-Fußballangebot in Nürnberg zu initiieren. „Das sind Dinge, die ich unbedingt umsetzen möchte“, erklärt er entschlossen. Kaisers Geschichte ist eine von Hoffnung, Mut und der Überzeugung, dass sich jeder für seine Träume einsetzen kann. Diese inspirierende Entwicklung zeigt, wie Sport Brücken schlagen kann – selbst in den herausforderndsten Lebenslagen.
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