Die Zeit, die wir anderen schenken, kann für viele von uns unbezahlbar sein. Dies ist besonders wahr für Angelika Schwarz, die sich seit etwa einem Jahr als „Zeit-Schenkerin“ in der Kinderklinik Dritter Orden in Passau engagiert. Die 60-Jährige aus Hinterschmiding hat sich entschlossen, kranken Kindern und Jugendlichen etwas Ablenkung vom oft stressigen Krankenhausalltag zu bieten. Sie fährt etwa zweimal im Monat nach Passau, um dort den jungen Patienten und ihren Familien wertvolle Zeit zu schenken.
In einer Welt, die oft von Hektik und Stress geprägt ist, bietet Angelika Schwarz eine Oase der Ruhe. Sie schildert ihren ersten Einsatz: „Der Junge wird mir immer in Erinnerung bleiben. Er war sehr krank und auch traumatisiert – das lässt einen nicht so schnell los. Gleichzeitig bin ich sehr dankbar, dass ich ihm, wenn auch nur ein paar Stunden, Zeit und Ablenkung schenken konnte.“ Diese Erfahrungen sind nicht nur ein Teil ihres Engagements, sondern spiegeln auch ihre eigenen familiären Herausforderungen wider. Ihre Enkeltochter ist aufgrund eines Gendefekts seit der Geburt krank, was Angelika die Dringlichkeit des Themas näherbrachte. „Ich erlebe selbst, wie wichtig Hilfe in solchen Situationen ist. Und das Wertvollste sind eben Zeit und Aufmerksamkeit.“
Die Bedeutung von Zeit und Nähe
Angelika Schwarz‘ Engagement geht über das bloße Spiel und die Ablenkung hinaus. Es bedeutet, da zu sein, wenn Eltern eine Auszeit brauchen, um sich zu erholen oder sich um andere Kinder zu kümmern. Ihren Antrieb beschreibt sie so: „Ich will anbieten, da zu sein!“ Sie versteht, dass nicht alle Eltern ständig bei ihren hospitalisierten Kindern sein können und dafür zurzeit dringend Unterstützung benötigen. Von Kartenspielen mit der 10-jährigen Teresa, die aufgrund einer Blinddarm-Entzündung in der Klinik ist, bis hin zu Vorlese-Sitzungen oder einfach nur Nähe schenken – Angelika weiß, wie wichtig es ist, im richtigen Moment an der Seite der Kinder zu stehen.
„Teresa gewinnt einfach immer“, lachen die beiden während einer fröhlichen Partie. Angelika schafft es, die Zeit bis zum Besuch von Teresas Vater und Bruder zu überbrücken. Diese kleinen Momente des Lachens und der Freude sind für Angelika unbezahlbar. „Das Lachen und die Dankbarkeit der Kinder machen mein Engagement so wertvoll.“
Die frühere Krankenschwester hat über 30 Jahre in der Altenpflege gearbeitet und bringt sowohl medizinisches Wissen als auch Empathie mit in ihre neue Rolle ein. „Ich habe über Jahre alte Menschen auf ihrem letzten Weg betreut. Das hat mich viel gelehrt: Menschenkenntnis, Demut, den Umgang mit Krankheit und natürlich Tod“, erklärt sie. Trotz ihrer vergangenen Erfahrungen freut sie sich über die Erfolge der Kinder und deren Gesundung. „Es ist eine schönen Abwechslung, die jungen Menschen wieder gesund aufwachsen zu sehen.“
Schwarz ist ein lebendiges Beispiel dafür, wie ein Ehrenamt nicht nur den Bedürftigen, sondern auch dem Helfer Lebensfreude bringen kann. Mit der Unterstützung ihrer eigenen Familie hat sie ihren Platz in dieser neuen Rolle gefunden. Sie beschreibt es so: „Ich war immer in Bewegung und nie ein Mensch, der darauf wartet, dass der Tag vergeht – ich sehe dieses Ehrenamt auch für mich persönlich als sinngebenden Weg aus dem Arbeitsleben heraus.“
Ihr Ansatz ist, sich ganz offen auf die jungen Patienten einzulassen. „Manchmal ist es schon eine kleine Herausforderung, in so kurzer Zeit an die jungen Menschen heranzukommen. Aber ich gehe da ganz offen ran und meist sind sie wirklich schnell aufgeschlossen.“ Die positiven Rückmeldungen bestärken sie auf ihrem Weg und motivieren sie, weiterzumachen.
In einer Zeit, in der Freiwilligenarbeit oft in den Hintergrund gedrängt wird, stellt Angelika Schwarz eine ermutigende Ausnahme dar. Ihr selbstloses Handeln und die Art und Weise, wie sie den Kindern hilft, zeigen, wie wertvoll Zeit und Aufmerksamkeit in einem schwierigen Lebensabschnitt sein können. Ihre Geschichte macht deutlich, dass jeder von uns einen Unterschied machen kann, indem wir einfach da sind, bereit zu hören und zu helfen.
– NAG