Ein Metzger aus Langenbach hat in seine Zukunft investiert, indem er eine Photovoltaikanlage auf seinem Betriebsgebäude installiert hat. Über 250.000 Euro hat Augustin Keller dafür aufgebracht, in der Hoffnung, nicht nur seinen eigenen Strom zu produzieren, sondern auch seine Betriebskosten deutlich zu senken. Allerdings sieht sich Keller, der für die Region Freising tätig ist, mit einem unerwarteten Problem konfrontiert, das seine gesamte Unternehmung belastet. Immer wieder wird seine Photovoltaikanlage abgeschaltet, wenn es zu einer drohenden Überlastung im Stromnetz kommt.
Diese Situation macht sich besonders bemerkbar, wenn die Sonne strahlt. Keller hat es sich zu eigen gemacht, seine Produktionsabläufe und wichtigsten energieintensiven Prozesse auf die Stunden mit der höchsten Sonneneinstrahlung zu legen. Anfangs stellte sich sein Plan als profitabel dar, da seine Stromkosten von 8.000 auf 3.000 Euro pro Jahr sanken. Doch das Blatt wendete sich im Mai, als die Stromrechnung plötzlich wieder auf 10.000 Euro anstieg und seine Anlage an 13 Tagen deaktiviert wurde.
Die Herausforderungen der Netzüberlastung
Die Überlandwerke Erding, die für die Netzversorgung zuständig sind, sind gezwungen, die Einspeisung von Strom aus Photovoltaikanlagen zu steuern, wenn eine Überlastung droht. An besonders sonnigen Tagen ist dies ein häufiges Anliegen, denn das bayerische Netz hat in diesem Jahr eine Rekordzahl von 500.000 angeschlossenen PV-Anlagen erreicht. Diese boomende Entwicklung führt dazu, dass die Infrastruktur nicht mit den neu geschaffenen Stromkapazitäten mithalten kann. Laut Maximilian Zängl, Sprecher des Bayernwerks, sind bereits 30 solcher Abstellaufforderungen in diesem Jahr erfolgt.
Keller ist frustriert und stellt die Frage, warum er seinen erzeugten Strom nicht einfach selbst nutzen kann, besonders an Tagen, an denen seine Anlage abgestellt wird. Er schätzt den Verlust durch nicht genutzten Strom auf rund 500 Euro pro Tag. Die Tatsache, dass er auf teuren Netzstrom zurückgreifen muss, macht die Lage noch unerträglicher. „Ich fühle mich, als würde man mir einen Teil meiner Existenzgrundlage wegnehmen,“ erklärt Keller.
Ein rechtliches Dilemma
Die Problematik wird durch rechtliche Rahmenbedingungen verstärkt. Marian Rappl, Hauptgeschäftsführer des Verbands der Bayerischen Energie- und Wasserwirtschaft, weist darauf hin, dass die aktuellen gesetzlichen Vorschriften es den Betreibern erlauben, die Einspeisung bei drohender Überlastung zu stoppen. Für Keller, der kein Jurist ist, macht diese komplizierte Situation den Umgang mit den Behörden nahezu unmöglich. Trotz seiner Bemühungen, mit verschiedenen Politikern zu sprechen, hat er bisher keine zielführenden Antworten auf seine Fragen erhalten. Lediglich die Grünen haben ihm mitgeteilt, dass ihm möglicherweise eine Entschädigung zustehe, doch die Details dieser Möglichkeit bleiben unklar.
Die Frustration des Metzgers spiegelt sich in den Erfahrungen vieler Unternehmer wider, die ähnliche Schwierigkeiten haben. Der teilweise massive Verlust durch die Abstellung der Anlagen könnte potenziell existenzbedrohend sein. Rappl gibt zu, dass die technischen und rechtlichen Rahmenbedingungen so komplex sind, dass individuelle Lösungen rar sind. „Die Netzsteuerung ist kompliziert und erfordert in der aktuellen Situation Maßnahmen, die für viele Betreiber frustrierend sind,” meint Rappl.
Trotz der Schwierigkeiten bleibt Keller optimistisch. Er sieht seine Investition in die PV-Anlage als sinnvollen Schritt in die Zukunft. „Ich bin überzeugt, dass solch nachhaltige Energieerzeugungen notwendig sind,“ sagt er und plant, das Bewusstsein für die Probleme von vielen Besitzern großer PV-Anlagen zu schärfen. Die Herausforderungen, vor denen er steht, motivieren ihn, aktiv zu bleiben und Lösungen zu finden.
Ein Blick in die Zukunft der Energie
Die aktuelle Energiepolitik in Bayern steht vor großen Herausforderungen, insbesondere in Anbetracht des anhaltenden Wachstums der Erneuerbaren Energien. Kellers Fall ist ein Beispiel für die notwendigen Anpassungen, sowohl in der Infrastruktur als auch in den gesetzlichen Rahmenbedingungen, die in der Zukunft benötigt werden, um den Übergang zu einer nachhaltigeren Energieerzeugung zu unterstützen. In der Hoffnung auf viele sonnige Tage und die Möglichkeit, endlich seinen eigenen erzeugten Strom ohne Unterbrechungen nutzen zu können, kämpft Keller weiter für eine gerechtere Handhabung seiner Situation. Der Weg in die Erneuerbare-Energien-Zukunft bleibt jedoch steinig und erfordert sowohl Geduld als auch Engagement von allen Beteiligten.
Hintergrund zur Energiewende in Deutschland
Die Energiewende ist ein zentraler Bestandteil der deutschen Energiepolitik, die darauf abzielt, die Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen zu reduzieren und die Erzeugung von Energie aus erneuerbaren Quellen zu fördern. Ziele sind unter anderem die Reduktion von Treibhausgasemissionen und die Förderung von Klimaschutzmaßnahmen. Seit dem Jahr 2000 sind zahlreiche Förderprogramme für Photovoltaikanlagen und andere erneuerbare Energien etabliert worden, um private und gewerbliche Betreiber zu animieren, in diese Technologien zu investieren.
Der Ausbau der Photovoltaik in Deutschland hat in den letzten Jahren stark zugenommen. Bis Ende 2023 waren laut der Bundesnetzagentur über 3,1 Millionen Photovoltaikanlagen mit einer Gesamtleistung von mehr als 70 Gigawatt installiert. Diese Entwicklung hat sowohl positive als auch negative Auswirkungen auf die Energieinfrastruktur, da sie die Netze vor Herausforderungen stellt, wie im Fall von Augustin Keller deutlich wird. Trotz der Herausforderungen gibt es Unterstützung seitens der Bundesregierung, um den Netzausbau und die Integration von erneuerbaren Energien voranzutreiben.
Aktuelle Statistiken zur Photovoltaik-Nutzung
In Deutschland liegt der Anteil der erneuerbaren Energien am Bruttostromverbrauch im Jahr 2023 bei etwa 50 %. Die Photovoltaik macht dabei einen wesentlichen Beitrag. Laut dem Bundesverband Solarwirtschaft (BSW) sind inzwischen mehr als 1,8 Millionen Menschen in Deutschland direkt in der Photovoltaik-Branche beschäftigt. Diese Zahlen verdeutlichen nicht nur den wirtschaftlichen Einfluss dieser Technologie, sondern auch die Bedeutung von stabilen Rahmenbedingungen, um den Betrieb von Anlagen weiterhin rentabel zu gestalten.
Ein weiteres wichtiges Datum ist der durchschnittliche Ertrag von Photovoltaikanlagen in Deutschland, der bei rund 900 bis 1.100 Kilowattstunden pro installierter Kilowattstunde (kWh) pro Jahr liegt. Bei einer optimalen Montage können Anlagen in sonnigen Regionen also beträchtliche Erträge generieren, wie sie auch Keller mit seiner 216 kW-Anlage erwartet. Der Anstieg der installierten Leistung hat jedoch zu einer Herausforderung geführt: Die bereits genannten Überlastungen der Netze, die unter anderem dazu führen, dass Anlagen temporär abgeschaltet werden müssen. Dies wiederum wirkt sich auf die Wirtschaftlichkeit und Rentabilität der Investitionen aus.
Regulatorische Rahmenbedingungen und Herausforderungen
Die gesetzlichen Regelungen für den Betrieb von Photovoltaikanlagen sind komplex und werden durch Förderung und Einschränkungen geprägt. Nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) haben Betreiber das Recht auf Einspeisevergütung, jedoch kann dies durch kurze Netzabschaltungen oder Rückforderungen eingeschränkt werden. Die Regelung zum Teilabschalten, um Engpässe zu vermeiden, stellt eine zusätzliche Herausforderung dar, die viele Öko-Betriebe vor wirtschaftliche Schwierigkeiten stellt.
Die Netzbetreiber sind gesetzlich verpflichtet, die Stabilität des Stromnetzes zu gewährleisten, was die Abstellung von PV-Anlagen bei drohenden Überlastungen notwendig macht. Diese Praxis führt jedoch zu Frustration bei den Betreibern, die in ihre Anlagen investiert haben und nun nicht in vollem Umfang von ihrer Produktion profitieren können. Um das Problem langfristig zu lösen, sind umfassende Investitionen in die Netzinfrastruktur sowie moderne Lösungen zur Netzspeicherung erforderlich.
– NAG