Im neuen Diözesanmuseum in Freising werden traditionelle Werte mit zeitgenössischer Kunst vereint. Namhafte Künstler wie James Turrell und Kiki Smith schaffen beeindruckende Werke, die sowohl Gläubige als auch Kunstliebhaber anziehen.
Das Diözesanmuseum Freising beherbergt eine der bedeutendsten Sammlungen an religiöser Kunst weltweit, mit rund 40.000 Exponaten. Seit seiner Wiedereröffnung im Oktober 2022 präsentiert es nicht nur historische Kunst, sondern auch moderne Installationen, die Besucher zum Nachdenken anregen. Die lichtdurchflutete Architektur des Museums steht für ein neues Verständnis von Spiritualität.
Faszination der Lichtkunst
James Turrell, der gefragte amerikanische Lichtkünstler, hat mit seiner Installation „Chapel“ im Museum einen geheimnisvollen Raum geschaffen. Besucher, die täglich zwischen 14 und 17 Uhr hereinkommen, erleben eine besondere Farberfahrung, die sie zwischen lebhaften Tönen von Purpurrot, Indigoblau und Smaragdgrün entführt. Hier verschwinden die Grenzen zwischen Raum und Zeit, und die Besucher verlieren sich in der Atmosphäre. Diese einzigartigen Erfahrungen ziehen Menschen aus allen Lebensbereichen an – Gläubige und Atheisten stehen gleichermaßen in der Schlange.
Die Schaffung des Raumes war nicht ganz einfach. Turrell besuchte Freising bereits 2014, als das denkmalgeschützte Gebäude noch in Renovierung war. Die Wahl fiel auf die ehemalige Kapelle des Knabenseminars. Nach längerer Planungsphase konnte die Installation realisiert werden, die als Pionierarbeit in der Kunstszene gilt. Es wurde erforderlich, einige tragende Elemente der alten Kapelle abzutragen, um Platz für das neue Kunstwerk zu schaffen, was eine Herausforderung darstellte.
Doch es sind nicht nur die Lichträume von Turrell, die das Museum bereichern. Auch die Künstlerin Kiki Smith, die 1953 in Nürnberg geboren wurde, hat ihre Handschrift hinterlassen. Sie schuf mit „Chapel of Mary’s Mantle“ einen faszinierenden Raum im Freien, der als kreative Verbindung zur historischen Stätte gedacht ist. Ihr ursprünglicher Plan sah einen weißen Kubus vor, den sie jedoch überarbeitete, bis die Architekten vorschlugen, recycelte Biberschwanzziegel zu verwenden. Dies gab dem Raum nicht nur einen umweltbewussten Ansatz, sondern stärkte auch die Verbindung zur Region.
Sakrale Räume für die Seele
Die Kapelle von Kiki Smith ist ein Ort der Stille und Reflexion. Sie lädt die Menschen ein, innezuhalten und über die existenziellen Fragen des Lebens nachzudenken. Der Moment, in dem die Künstlerin die Ziegel für den Bau der Kapelle entdeckte, kann als eine Art glückliche Fügung beschrieben werden. Insgesamt wurden 16.000 Ziegel verwendet, die zuvor auf einem Kirchengebäude in Ruhpolding abgenommen worden waren. Mit präziser Planung und detaillierten Visualisierungen wurde ein Raum geschaffen, der sowohl architektonisch als auch atmosphärisch einzigartig ist.
Das Diözesanmuseum dient nicht nur als traditionelle Sammelstelle für Kunst, sondern als Ort der Begegnung und Inspiration. Es trägt der modernen Gesellschaft Rechnung, die zunehmend nach sinnstiftenden Erlebnissen sucht. Ob die beeindruckenden Installationen von Turrell und Smith dazu beitragen werden, die Zahl der Kirchenaustritte, die der Erzdiözese im Jahr 2023 einen neuen Rekord bescherten, zu reduzieren, bleibt abzuwarten. Dennoch ist eines sicher: An einem solchen Ort werden Menschen auf besondere Weise berührt.
Zusammenfassend zeigt das Diözesanmuseum Freising, wie die Verschmelzung von traditioneller Kunst und zeitgenössischen Ansätzen zu neuen, inspirierenden Erlebnissen führen kann. Es ist ein Standort, der zukünftige Generationen ansprechen soll und somit der Verbindung von Himmel und Erde eine ganz neue Dimension verleiht.
– NAG