Ein Metzgermeister aus Langenbach hat sich mit einer Vielzahl von Herausforderungen rund um seine Photovoltaikanlage konfrontiert gesehen. Nach einer Investition von über 250.000 Euro in die Produktion eigener Solarenergie kämpft Augustin Keller nun gegen die wiederholte Abstellung seiner Anlage durch die Überlandwerke Erding. Vor allem an sonnigen Tagen, die für die Solarenergieproduktion optimal sind, wird seine Anlage immer wieder abgeschaltet, was zu einer enormen finanziellen Belastung führt.
„Es fühlt sich an wie eine Enteignung“, beschreibt Keller seine frustrierende Lage. An Tagen, an denen er seinen eigenen produzierten Strom nicht nutzen kann, gehen ihm geschätzte 500 Euro verloren. Anstatt auf die zuvor erreichten Einsparungen bei seinen Stromkosten zurückgreifen zu können, muss er dann teuren Netzstrom kaufen. Seine Strategie, die energieintensiven Arbeiten in der Metzgerei auf die Mittagsstunden zu legen, wenn die Sonne am stärksten scheint, zeigt, dass er intensiv versucht, die Vorteile seiner Investition zu realisieren. Dennoch scheinen die Neuigkeiten über seine optisch attraktive PV-Anlage von Tag zu Tag düsterer zu werden.
Probleme durch Netzüberlastung
Die Überlandwerke Erding sind gezwungen, Kellers Anlage an sonnigen Tagen abzustellen, wenn eine drohende Überlastung des Stromnetzes festgestellt wird. Laut einem Sprecher der Überlandwerke erfolgt dies, um die Stabilität des Netzes nicht zu gefährden, da die zunehmende Anzahl von PV-Anlagen in der Region eine Herausforderung für die Netzbetreiber darstellt. „Wenn der Netzbetreiber Bayernwerk einen Engpass befürchtet, muss entsprechend gehandelt werden“, erklärt der Sprecher. In den letzten Monaten war dies häufig der Fall: Im Mai war Kellers Anlage an 13 Tagen abgeschaltet, im Juni an zehn und im Juli an etwa fünf Tagen.
Die steigende Anzahl von Solaranlagen führt dazu, dass das bayerische Stromnetz, das auf eine andere Art der Energieproduktion ausgelegt war, unter Druck gerät. Im Jahr 2023 waren bereits 500.000 Photovoltaikanlagen mit einer Gesamtleistung von rund 10.000 Megawatt ans Bayernwerk-Netz angeschlossen, wobei allein 88.000 neue Anlagen im letzten Jahr hinzugekommen sind. Bayernwerk hat Rekordinvestitionen in den Ausbau der Energienetze eingeplant, aber der bauliche Fortschritt benötigt einfach mehr Zeit als der Aufbau neuer PV-Anlagen.
Rechtliche Situation und Ausweg für Metzger
Augustin Keller ist sich der rechtlichen Grundlagen dieser Maßnahmen bewusst, versteht jedoch nicht, weshalb seine gesamte Anlage abgeschaltet werden muss, anstatt nur überschüssige Einspeisungen zu regulieren. „Ein einfaches Häkchen könnte die Situation ändern“, sagt er frustriert. Die Unterbrechungen dieser Art haben nicht nur für Keller Konsequenzen, sondern betreffen auch zahlreiche andere Betreiber von leistungsstarken Solaranlagen.
Marian Rappl, Hauptgeschäftsführer des Verbands der Bayerischen Energie- und Wasserwirtschaft, bestätigt, dass Keller nicht allein in seiner Misere ist. Vor dem Hintergrund des klassischen Stromnetzes, das einst auf gut steuerbare Kraftwerke ausgelegt war, ergibt sich ein Dilemma für Betreiber von Solaranlagen, da Sonne und Wind nicht nach Belieben reguliert werden können. „Würden alle Erzeugungsanlagen unbegrenzt weiterlaufen, kann das im schlimmsten Fall zu Stromausfällen führen“, erklärt Rappl weiter und hebt den zukunftsweisenden Charakter der Problemsichtweise hervor.
Die Lösung sieht Rappl sowohl in einem Ausbau der Speicherkapazitäten als auch in der kontinuierlichen Optimierung des Netzes, um den neuen Anforderungen gerecht zu werden. Momentan ist die Kapazität der in Bayern installierten Batteriespeicher jedoch unzureichend, um längerfristig den Anforderungen der Erzeugungsspitzen gerecht zu werden.
Trotz der Herausforderungen bleibt Metzgermeister Keller optimistisch. Er glaubt fest an die zukünftigen Möglichkeiten von Solarstrom und möchte weiterhin werben, um die Aufmerksamkeit auf die systemischen Probleme und Lösungen zu lenken. Er ist nicht bereit, aufzugeben – insbesondere nicht, solange die Sonne scheint und die Möglichkeiten der Solarenergie bestehen bleiben.
Ausblick auf erneuerbare Energien
Trotz aller Widrigkeiten bleibt die Frage nach der Effizienz von Photovoltaikanlagen im Zentrum des Interesses. Die unzureichende Abstimmung der erneuerbaren Energien mit dem bestehenden Stromnetz ist eine Herausforderung, die kreatives Denken und innovative Lösungen erfordert. Das Potenzial der Solarenergie ist enorm und wird von vielen als der Schlüssel zur Energiewende angesehen. Doch ohne geeignete Strategien und Anpassungen wird die Energiezukunft eine ständige Auseinandersetzung mit den bestehenden Limitierungen des Stromnetzes sein.
Sich verändernde Energielandschaft in Deutschland
In den letzten Jahren hat sich die Energielandschaft in Deutschland erheblich verändert. Der Übergang zu erneuerbaren Energien ist Teil der nationalen Strategie, die Ziele für Klimaschutz und Energieversorgungssicherheit zu erreichen. Die Bundesregierung hat das Ziel formuliert, bis 2045 klimaneutral zu werden, was bedeutet, dass der Anteil erneuerbarer Energien am Gesamtstrombedarf kontinuierlich steigen muss. Laut dem Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz war im Jahr 2022 der Anteil erneuerbarer Energien an der Stromversorgung in Deutschland bereits bei etwa 42 Prozent.
Die Zunahme von Photovoltaikanlagen ist dabei hervorzuheben. Im Jahr 2023 waren in Deutschland über 2,5 Millionen Photovoltaikanlagen installiert, die zusammen eine Leistung von über 70 Gigawatt erzeugten. Diese Entwicklung verdeutlicht, dass die Gesellschaft zunehmend in Richtung nachhaltiger Energiequellen geht, jedoch auch Herausforderungen wie die von Keller erlebten Netzüberlastungen mit sich bringt.
Die Rolle der Netzbetreiber und zukünftige Lösungen
Die Netzbetreiber stehen vor der anspruchsvollen Aufgabe, das Stromnetz so zu steuern, dass einerseits die Versorgungssicherheit gewährleistet bleibt und andererseits der zunehmende Anteil erneuerbarer Energien effektiv integriert werden kann. Die aktuelle Situation zeigt, dass das bestehende Stromnetz oft nicht in der Lage ist, die volatile Erzeugung aus Photovoltaikanlagen und Windkraftanlagen effizient zu handhaben.
Um diese Herausforderungen zu bewältigen, sind umfangreiche Investitionen nötig. Laut einer Studie der Deutschen Energie-Agentur (dena) wird geschätzt, dass für den notwendigen Ausbau der Stromnetze bis 2030 Investitionen in Höhe von insgesamt 30 Milliarden Euro erforderlich sind. Diese Investitionen umfassen den Bau neuer Leitungen, die Verbesserung der Netzinfrastruktur sowie den Einsatz von intelligenten Netztechnologien, um die Energieerzeugung besser steuern zu können.
Ökonomische Auswirkungen für Unternehmen
Die ökonomischen Auswirkungen der aktuellen Netzüberlastung sind für Unternehmen wie die Metzgerei von Keller erheblich. Ein Bericht des Instituts für Wirtschaftsforschung (ifo) dokumentiert, dass kleine und mittelständische Unternehmen (KMUs) in Deutschland durch die hohen Strompreise im Jahr 2023 besonders stark betroffen sind. Knapp 60 Prozent der KMUs gaben an, dass empfindliche Preiserhöhungen ihre betriebliche Rentabilität gefährden.
Darüber hinaus zeigt eine Umfrage von TNS Infratest, dass über 70 Prozent der Unternehmen in Deutschland eine Anpassung der Regelungen für die Einspeisung von Photovoltaikstrom fordern, um die wirtschaftliche Belastung zu reduzieren und die Nutzung erneuerbarer Energien attraktiver zu machen.
Die Diskrepanz zwischen gesetzlicher Vorgabe und den tatsächlichen Möglichkeiten zur Nutzung von selbst erzeugtem Strom verstärkt die Unsicherheit für Unternehmer, die auf effiziente Energielösungen angewiesen sind.
Mit diesen Herausforderungen im Blick wird klar, dass neben der technischen Lösung auch politische Maßnahmen notwendig sind, um die Rahmenbedingungen für Betreiber von PV-Anlagen zu verbessern und eine fairere Nutzung des selbst erzeugten Stroms zu ermöglichen.
– NAG