Eichstätt/Paderborn – Eine aufregende Reise wartet auf die 18-jährige Luzia Schweizer aus Eichstätt. Am 6. September wird sie nach Lettland aufbrechen, um dort ein freiwilliges Praktikum zu absolvieren. Dies wird ermöglicht durch das katholische Bonifatiuswerk, das jungen Menschen die Chance bietet, sich in verschiedenen sozialen Projekten in den nordischen Ländern zu engagieren. Luzia wird in der Hauptstadt Riga, wo der Anteil der Katholiken bei lediglich 17,5 Prozent liegt, eine völlig andere Perspektive auf Kirche und Glauben erleben.
Für Luzia ist dieser Aufenthalt in Lettland mehr als nur ein Abenteuer. „Ich komme aus einem stark katholisch geprägten Umfeld und bin neugierig, wie der Glaube dort in der Minderheit erlebt wird“, erklärt sie. Mit ihrem Freiwilligendienst möchte sie nicht nur ihren Glauben vertiefen, sondern auch viele neue Erfahrungen sammeln und interessante Menschen kennenlernen. In Riga hat sie die Möglichkeit, in verschiedenen Einrichtungen zu arbeiten, darunter ein deutscher Kindergarten, ein katholisches Gymnasium sowie ein Familienzentrum des Roten Kreuzes. Zudem kann sie in einer Kerzenwerkstatt helfen, in der Menschen mit Behinderung Kerzen produzieren.
Liebe zum Dienst
Die Freude auf die bevorstehenden Herausforderungen ist bei Luzia deutlich spürbar. Dennoch ist sie sich der politischen Situation in der Region bewusst. „Ein bisschen mulmig ist mir schon zumute, besonders wenn ich an den Krieg in der Ukraine denke“, sagt sie im Gespräch mit Radio K1. Trotz dieser Bedenken ist die junge Frau optimistisch: „Ich freue mich total auf diesen Einsatz und bin gespannt, was mich dort erwarten wird“, fügt sie hinzu. Luzia glaubt fest daran, dass sie nach ihrem Aufenthalt mit einem erweiterten Horizont und einer veränderten Sichtweise zurückkehren wird.
Der Sinn und Nutzen des „Praktikums im Norden“ erstreckt sich über Luzias persönliche Erfahrung hinaus. In den kommenden Wochen werden insgesamt 23 Freiwillige aus 15 (Erz-)Bistümern in Deutschland nach Schweden, Norwegen, Dänemark, Finnland, Island, Lettland und Estland reisen, um in verschiedenen sozialen und kirchlichen Einrichtungen zu arbeiten. Dieses Programm, das seit seiner Gründung im Jahr 2011 über 220 Teilnehmerinnen und Teilnehmer gehabt hat, wird als eine wertvolle „Investition“ in die Zukunft der jungen Menschen gesehen, so Monsignore Georg Austen, Generalsekretär des Bonifatiuswerks.
Bei einem Vorbereitungsseminar in Paderborn hatten die Freiwilligen die Gelegenheit, mehr über die kulturellen und religiösen Unterschiede zwischen den Ländern zu erfahren. „Ein ganz anderes Bild von Kirche werden die Freiwilligen in den jeweiligen Einsatzländern erleben“, betont Austen. Er verweist darauf, dass der Dialog über Glaubensinhalte und Gemeinsamkeiten von zentraler Bedeutung sein wird. „Das kann bereichernde, aber auch herausfordernde Momente mit sich bringen“, so Austen weiter.
Vorbereitungen und Unterstützung
Luzia und ihre Kollegen wurden während ihrer Vorbereitungen von der Programm-Verantwortlichen Marisa Grummich sowie der Projektkoordinatorin Ricarda Clasen unterstützt. Sie erhielten wertvolle Informationen und Materialien, um gut vorbereitet in ihr Abenteuer zu starten. Außerdem berichteten frühere Freiwillige von ihren Erfahrungen und gaben praktische Tipps. Während ihres Aufenthalts werden die jungen Menschen zusätzlich von Mentoren begleitet, die ihnen bei der Integration und der Arbeit vor Ort helfen.
Ein weiteres Highlight für das „Praktikum im Norden“ ist die anstehende Anerkennung als „Internationaler Jugendfreiwilligendienst“, die ab Sommer 2024 möglich sein wird. Dieses neue Zertifikat wird den jungen Menschen nicht nur die Wertschätzung ihrer Erfahrungen attestieren, sondern auch die Bedeutung internationaler Freiwilligendienste unterstreichen.
Blick nach Lettland
Luzia Schweizer ist bereit, die Welt mit offenen Augen zu entdecken. Ihr Freiwilligendienst in Lettland ist nicht nur eine Reise in ein neues Land, sondern auch eine Reise zu sich selbst. Während sie sich auf neue Begegnungen und Herausforderungen vorbereitet, bleibt sie optimistisch. Die Unbekannten, die vor ihr liegen, könnten genau das sein, was sie braucht, um ihre Perspektiven zu erweitern und ihren Glauben auf eine neue Art zu leben.
Hintergrund zur Rolle der Kirche in Lettland
In Lettland, wo das Christentum vor allem durch den Katholizismus, die lutherische Tradition sowie den orthodoxen Glauben vertreten ist, stellt die geringe Anzahl von Katholiken in einem überwiegend lutherischen Land eine spezielle Herausforderung dar. Die katholische Kirche in Lettland war historisch einem starken Einfluss von politischen Veränderungen ausgesetzt, insbesondere während der sowjetischen Besatzung, die von 1940 bis 1990 andauerte. Während dieser Zeit erlebte die Kirche Unterdrückung und internationale Isolation.
Nach der Unabhängigkeit Lettlands hat sich die katholische Kirche bemüht, ihre Präsenz zu stärken und die religiöse Gemeinschaft zu fördern. Dies geschieht unter anderem durch Bildungs- und Sozialprogramme, die sich an verschiedene Altersgruppen richten. Angesichts der multikulturellen Gesellschaft Lettlands, die von verschiedenen Religionen und Ethnien geprägt ist, ist die Integration und Zusammenarbeit mit anderen Glaubensgemeinschaften von großer Bedeutung.
Aktuelle Statistiken und Daten
Die aktuellen demografischen Daten zeigen, dass nur etwa 17,5 Prozent der lettischen Bevölkerung katholisch sind, während die lutherische Kirche die größte Konfession im Land darstellt. Dies spiegelt eine tief verwurzelte kulturelle und historische Identität wider, die sich über Jahrhunderte entwickelt hat. Laut dem lettischen Zentralamt für Statistik betrug die Gesamtbevölkerung Lettlands 1,9 Millionen im Jahr 2023, was zeigt, dass die katholische Gemeinschaft eine vergleichsweise kleine, aber aktive Rolle spielt.
Ein Beispiel für das Engagement der katholischen Kirche in der Gesellschaft ist der Freiwilligendienst, der jungen Menschen die Möglichkeit bietet, internationale Erfahrungen zu sammeln und ihren Glauben in der Praxis zu vertiefen. Es wird geschätzt, dass seit dem Beginn des Programms im Jahr 2011 über 220 junge Menschen an dem Freiwilligendienst teilgenommen haben, was die Bedeutung solcher Programme in der Förderung interkultureller und interreligiöser Dialoge unterstreicht.
Die Herausforderungen, denen sich die Kirche gegenübersieht, sind jedoch nicht nur demografischer Natur. Viele Gemeinden kämpfen mit einem Rückgang von Mitgliedern und Ressourcen, während sie gleichzeitig versuchen, religiöse Werte und gemeinschaftliche Aktivitäten aufrechtzuerhalten. Dies erfordert innovative Ansätze und Engagierte, wie Luzia Schweizer, um neue Perspektiven und Strategien zu entwickeln, die für die junge Generation von Bedeutung sind.
– NAG