Im Ebersberger Forst finden Historiker und Archäologen ein mysteriöses Überbleibsel aus dem frühen 15. Jahrhundert: einen Brunnen, dessen Ursprung und Zweck viele Fragen aufwerfen. Seit seiner Entdeckung im Jahr 2020 zieht dieser 600 Jahre alte Brunnen nicht nur Forscher, sondern auch Geschichtsinteressierte in seinen Bann. Die Erkundungsarbeiten, die bis heute andauern, haben einige Aspekte geklärt, doch viele Rätsel bleiben ungelöst.
Der Brunnen aus Flusssteinen und einem hölzernen Brunnenkasten, der mit der C14-Datierung auf das frühe 15. Jahrhundert datiert wurde, zeigt eine auffallende Handwerkskunst. Dies lässt darauf schließen, dass wohlhabende Bauherren am Werk waren, doch wer genau diese gewesen sein könnten, bleibt unklar. Ein zusätzlich gefundener hölzerner Deichel, eine Art Leitungsrohr, rundet das Bild von einem Objekt ab, das einst eine wichtige Wasserquelle darstellte. Seine Lage im Wald spricht dafür, dass er Reisende oder Jäger versorgte und möglicherweise im Zusammenhang mit einer kleinen, bislang nicht entdeckten Siedlung stand.
Faszination und Fragen um den Brunnen
Trotz intensiver Bemühungen sind bei den Ausgrabungen noch keine Überreste einer möglichen Siedlung entdeckt worden. Bernhard Häck, ein Hohlraumforscher des Bayerischen Landesamtes für Denkmalpflege, erläutert die Schwierigkeiten bei den Untersuchungen. Metallische Objekte im Boden, wie Nägel und Stacheldraht, erschwerten die elektromagnetischen Messungen. Häck ist sich jedoch sicher, dass die Siedlung existierte, da es „tausende vergleichbarer Beispiele“ in historischen Quellen gibt. Die genauen Funktionalitäten und die soziale Struktur dieser Siedlung müssen jedoch noch untersucht werden.
Zusätzlich zu den Hinweisen auf den Brunnen zeigen mehrere Materialentnahmegruben, dass hier offenbar Materialien zur Errichtung einer nahegelegenen Straße gewonnen wurden. Künftige Grabungen in diesem Bereich sollen im Herbst weitere Aufschlüsse über die Natur dieser Straße liefern. Bodenproben werden entnommen und ein detailliertes Erdprofil soll erstellt werden.
Für die Forscher war der bisherige Verlauf der Untersuchungen jedoch nicht durchweg positiv. Obwohl der Brunnen selbst von hoher handwerklicher Qualität ist, wurden die erhofften Reste einer Siedlung nicht gefunden, was ein gewisses Maß an Enttäuschung mit sich bringt. In der Tat verkündete Häck, dass alle finanziellen und wissenschaftlichen Möglichkeiten ausgeschöpft seien und weitere Erkundungen nicht mehr durchgeführt werden können. Damit bleibt zukünftigen Generationen von Forschern ein mysteriöser Puzzlestück der Geschichte über.
Planungen für die Zukunft
Parallel zu den wissenschaftlichen Arbeiten wird auch die öffentliche Präsentation des Brunnenareals vorbereitet. Es sind Pläne in Arbeit, den Brunnen zu rekonstruieren und das Gebiet mit Bänken und Schautafeln für Radfahrer und Spaziergänger auszustatten. Häck betont dabei die Notwendigkeit, die Geschichte des Ebersberger Forstes im Kontext des Brunnens neu zu bewerten, um ein umfassenderes Bild der regionalen Geschichte zu erhalten.
Die laufenden Arbeiten beinhalten auch die Auswertung der Grabungsdaten und die Vorbereitung einer Ausstellung im Museum Wald und Umwelt in Ebersberg. In dieser wird der Brunnen im Mittelpunkt stehen und seine Geschichte aufgearbeitet werden. Zudem wird Häck ein Buch über den Brunnen verfassen, für das die Beteiligten Beiträge liefern sollen. Momentan wird nach Sponsoren gesucht, um dieses Projekt zu realisieren.
Die Faszination für den Ebersberger Brunnen wird durch seine geheimnisvolle Geschichte und die andauernden Fragen, die er aufwirft, nur noch verstärkt. Es bleibt abzuwarten, welche neuen Erkenntnisse die kommenden Monate und Jahre bringen werden, während die Arbeiten am Brunnen sowie die Forschung in der Region fortschreiten.
– NAG