Im Münchner Landkreis herrscht momentan eine alarmierende Situation in der Ausbildungslandschaft. Gleich 890 Ausbildungsplätze konnten bis jetzt nicht besetzt werden, wobei die meisten Leerstellen in den Bereichen Handwerk, Industrie und Handel liegen. Hier trifft es besonders die Bauwirtschaft, in der kaum noch Interesse an Berufen wie Maurer besteht. Dies hat bereits dazu geführt, dass Unternehmen Schwierigkeiten haben, qualifizierte Auszubildende zu finden.
Ein Bauunternehmen im Landkreis berichtete von einem besorgniserregenden Fall aus dem letzten Jahr, als vier neue Maurer eingestellt wurden. Heute ist nur noch einer von ihnen im Betrieb – und auch dieser Azubi erweist sich als unzuverlässig. In einer Welt, wo Engagement gefordert ist, zeigt sich die Suche nach talentierten jungen Menschen als äußerst schwierig. Der Personalchef erklärte, dass sie auf gute Bewerbungen angewiesen seien, um überhaupt einen Azubi einstellen zu können.
Der gesamte Ausbildungsbereich ist betroffen
Die Zahlen sprechen für sich: In diesem Jahr haben lediglich 20 Lehrlinge aus den Landkreisen München, Dachau und Ebersberg an ihren Abschlussprüfungen teilgenommen. Momentan sind im Landkreis München noch 14 Ausbildungsplätze im Bauwesen unbesetzt. Viele Firmen berichten von Absagen von Praktikanten und suchen daher international nach geeigneten Kandidaten. Die Suche nach Bewerbern, etwa in Marokko, bringt jedoch zusätzlichen bürokratischen Aufwand mit sich, und die Wohnungssuche gestaltet sich als weiteres großes Hindernis.
Ein positives Beispiel in diesem düsteren Szenario ist die Schreiner Group aus Oberschleißheim. Das Unternehmen hat die Anzahl der Azubis im letzten Jahr um ein Drittel erhöht und kürzlich ein erweitertes Ausbildungszentrum eröffnet. Aktuell sind 27 der 29 Ausbildungsplätze besetzt, und der Ausbildungsleiter Michael Limmer betont, dass man kontinuierlich mehr unternehmen müsse, um die verbleibenden Stellen zu besetzen. Neben Messen engagiert sich die Firma auch direkt an Schulen und veranstaltet Job-Speeddatings.
Eine interessante Beobachtung von Limmer ist, dass viele Jugendliche zu spät mit dem Bewerbungsprozess beginnen. Dadurch treffen sie oft zu hastige Entscheidungen über ihre Berufswahl. Trotz der Herausforderungen verliert die Schreiner Group nur etwa fünf Prozent ihrer Auszubildenden in den ersten Monaten – ein bemerkenswerter Wert im Vergleich zum nationalen Durchschnitt von 30 Prozent.
Mangelndes Interesse unter Jugendlichen
Ähnlich wie im Bauwesen hat auch der Landtechnikbetrieb Gruma in Garching großen Bedarf an Auszubildenden, insbesondere für Land- und Baumaschinenmechatroniker. Hier ist die Konkurrenz im Raum München stark. Das Familienunternehmen bietet keine überdurchschnittlichen Urlaubszeiten im Vergleich zu großen internationalen Firmen, was den jungen Leuten oft wichtiger scheint als andere Jobangebote. Dies ist ein klarer Hinweis darauf, dass finanzielle Anreize in der heutigen Arbeitswelt für viele eine entscheidende Rolle spielen.
Andererseits zeigt der Brauereigasthof Hotel Aying, dass es auch anders gehen kann. Das Hotel hat in diesem Jahr alle acht Ausbildungsplätze erfolgreich besetzen können und hat dafür aktiv auf verschiedenen Plattformen, auch sozialen Medien, geworben. Magdalena Westermeyer, die für das Hotel verantwortlich ist, ist äußerst zufrieden mit den bisherigen Entwicklungen und betont, wie wichtig es ist, die Jugendlichen dort abzuholen, wo sie sich bewegen.
Ein Branchenüberblick
Insgesamt zeigt sich, dass es im Münchner Landkreis zahlreiche Herausforderungen in der Ausbildungslandschaft gibt. Die Freizeitgestaltung auf Social Media kann für einige Branchen der Schlüssel zum Erfolg sein, während andere mit unzuverlässigen Bewerbern kämpfen müssen. Solange diese Probleme nicht gelöst werden, bleibt die Zukunft der Ausbildung in der Region ungewiss. Die Unternehmen sind gefordert, sich an die veränderten Bedingungen anzupassen und das Interesse der Jugendlichen für eine Karriere im Handwerk und in der Industrie zu wecken. Es bleibt abzuwarten, welche neuen Ideen und Strategien ergriffen werden, um diese essenziellen Berufe wieder attraktiver zu machen.
Die Schwierigkeiten bei der Stellenbesetzung in der Ausbildungslandschaft sind nicht auf den Landkreis München beschränkt. In ganz Deutschland zeigt sich ein ähnliches Bild. Die Bundesagentur für Arbeit hat in ihrer aktuellen Statistik festgestellt, dass es bundesweit zahlreiche unbesetzte Ausbildungsplätze gibt, insbesondere im Handwerk und in technischen Berufen. Im Jahr 2023 waren von den insgesamt rund 465.000 Ausbildungsplätzen etwa 50.000 unbesetzt, was einem Anstieg im Vergleich zu den Vorjahren entspricht. Dies verdeutlicht, dass die Fachkräfteengpässe nicht nur lokal, sondern auch national ein drängendes Problem darstellen. Die Ursachen sind vielschichtig und reichen von einem mangelnden Interesse an handwerklichen Berufen bis hin zur demographischen Entwicklung.
Herausforderungen für kleine und mittlere Unternehmen
Besonders kleine und mittelständische Unternehmen (KMU) in Deutschland stehen vor entscheidenden Herausforderungen bei der Rekrutierung von Auszubildenden. Laut einer Umfrage des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK) haben 62 Prozent der KMU im Jahr 2023 Schwierigkeiten, geeignete Lehrlinge zu finden. Die Gründe dafür sind vielfältig: Einerseits fehlen oft die notwendigen Ressourcen für eine umfassende Ausbildung, andererseits sind größere Unternehmen oft attraktiver, da sie höhere Gehälter und umfangreichere Sozialleistungen anbieten können. Dies führt dazu, dass viele Jugendliche sich für eine Karriere in größeren Konzernen entscheiden und kleinere Betriebe leer ausgehen.
Zusätzlich wird der Fachkräftemangel durch die demografische Entwicklung verschärft. Immer weniger junge Menschen stehen dem Arbeitsmarkt zur Verfügung, während gleichzeitig die Anzahl der älteren Arbeitnehmer, die in den Ruhestand gehen, steigt. Dies hat nicht nur Auswirkungen auf die Verfügbarkeit von Ausbildungsplätzen, sondern auch langfristig auf die gesamte Wirtschaft.
Innovative Ansätze zur Rekrutierung von Auszubildenden
Um dieser Herausforderung entgegenzuwirken, setzen viele Unternehmen auf innovative Rekrutierungsstrategien. Ein Beispiel dafür ist die integrative Zusammenarbeit mit Schulen, wo Unternehmen bereits frühzeitig mit Schülern in Kontakt treten und diese über die Möglichkeiten einer Ausbildung informieren. Praktika und Schnuppertage werden immer wichtiger, um den Jugendlichen einen direkten Einblick in die Tätigkeiten und das Arbeitsumfeld zu geben. Auch Social Media spielt eine entscheidende Rolle, denn junge Menschen sind dort aktiv und lassen sich von Inhalten inspirieren.
Ein weiterer Trend sind flexible Ausbildungsmodelle, die es den Unternehmen ermöglichen, individuell auf die Bedürfnisse der Auszubildenden einzugehen. Dazu gehören zum Beispiel duale Studiengänge oder Teilzeit-Modelle, die es jungen Menschen erleichtern, Erwerbs- und Bildungsziele zu vereinen.
Die Herausforderungen der Ausbildungsplatzbesetzung erfordern von allen Beteiligten neue Ansätze und eine stärkere Zusammenarbeit, um die Attraktivität von Ausbildung und handwerklichen Berufen zu erhöhen. Ein Lichtelefant in der dunklen Ausbildungslage: Die Philosophie des lebenslangen Lernens wird für die neue Generation von Auszubildenden immer wichtiger. Es wird geschätzt, dass Fachkräfte mit Fort- und Weiterbildungsmöglichkeiten besser in der Lage sind, in der sich ständig verändernden Arbeitswelt zu bestehen. Diese Aspekte sollten sowohl von Auszubildenden als auch von Unternehmen in die Zukunftsperspektive einfließen.
– NAG