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Dringender Wohnungsbaubedarf in Dachau: Baugenehmigungen im Rückgang

Im Landkreis Dachau ist der Wohnungsbau stark rückläufig, da statt der jährlich benötigten 980 neuen Wohnungen nur 257 Baugenehmigungen erteilt wurden, was einer Verringerung um 27 Prozent im Vergleich zum Vorjahr entspricht, und dadurch ein akutes Wohnraummangelproblem bis 2028 droht.

Die Wohnungsnot im Landkreis Dachau nimmt besorgniserregende Formen an. Aktuellen Zahlen zufolge müssten jährlich 980 neue Wohnungen errichtet werden, doch die Realität sieht ganz anders aus. Laut einer Studie des Pestel-Instituts ist die Zahl der Baugenehmigungen im Landkreis um 27 Prozent gesunken. Dies wirft Fragen über die künftige Wohnsituation und die Möglichkeiten des Neubaus auf.

Matthias Günther vom Pestel-Institut erläutert, dass die Notwendigkeit eines Wohnungsneubaus in der Region unumstritten ist. Bis 2028 werden nach Schätzungen des Instituts etwa 3.920 neue Wohnungen benötigt. Doch stattdessen wurden im ersten Halbjahr 2024 nur 257 Baugenehmigungen erteilt, ein deutlicher Rückgang im Vergleich zu 352 im Vorjahreszeitraum. „Das Signal ist klar: Der Wohnungsneubau lahmt und die Luft geht ihm mehr und mehr aus“, so Günther.

Die Herausforderungen des Wohnungsmarkts

Trotz der rund 1990 leerstehenden Wohnungen im Landkreis, die immerhin 2,8 Prozent des gesamten Wohnungsbestands ausmachen, ändert sich am tatsächlichen Wohnungsbedarf nichts. Ein großer Teil dieser leerstehenden Wohnungen müsste umfassend saniert werden, bevor sie wieder bewohnbar sind. Wie Günther erklärt, scheuen sich viele Eigentümer, diese Maßnahmen durchzuführen, da sie unsicher über die zukünftigen Vorschriften sind, insbesondere im Hinblick auf Klimaschutzauflagen.

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Ein weiteres Hindernis für die Schaffung von neuem Wohnraum ist die allgemeine Verunsicherung der Hauseigentümer. Viele wissen nicht, wie sie mit neuen Auflagen umgehen sollen, was zu einem stillstand im Wohnungsbau führt. „Wir brauchen politische Verlässlichkeit. Zu oft gab es in der Vergangenheit ein ständiges Hin und Her bezüglich neuer Gesetze“, betont Günther.

Urnen und Unsicherheiten

Zusätzlich kommen bei vielen leerstehenden Wohnungen auch persönliche Erbstreitigkeiten ins Spiel, die die Vermietung erschweren. Eigentümer setzen oft auf Sicherheit und sind daher zögerlich, neue Mieter ins Haus zu lassen. „Darüber hinaus sind viele Hauseigentümer unsicher und zurückhaltend, wenn es um die Vermietung ihrer Objekte geht“, so Günther. Diese Unsicherheiten tragen zur gedrängten Lage auf dem Wohnungsmarkt bei.

Einige Fachleute sehen die Lösung in einem flexibleren Ansatz beim Neubau. Katharina Metzger, Präsidentin des Bundesverbands Deutscher Baustoff-Fachhandel, kritisiert, dass es eine „Milchmädchenrechnung“ sei, den Leerstand gegen den Bedarf an neuen Wohnungen aufzurechnen. „Die Politik täuscht hier über die wirklichen Probleme hinweg“, äußert sie sich deutlich.

Um die Herausforderungen im Wohnungsbau zu bewältigen, sollte ihrer Meinung nach das Augenmerk auf die Senkung der Baustandards gerichtet werden. „Einfacher und damit günstiger bauen, ohne den Wohnkomfort dabei zu gefährden, sollte unser Ziel sein“, fordert Metzger. Sie sieht die Notwendigkeit eines radikalen Umdenkens, um die derzeitige Krise im Wohnungsbau zu überwinden.

Zudem gibt Metzger scharfe Kritik an der Bundesregierung, die ihrer Meinung nach nicht genug unternimmt, um die Versprechen zur Errichtung von 400.000 Neubauwohnungen und 100.000 Sozialwohnungen einzuhalten. „Es kann nicht sein, dass man erst vor den Wahlen aktiv wird, während die Baustellen stillstehen und die Nachfrage weiter steigt“, kritisiert sie.

Aktuell erleben die Bauunternehmen einen dramatischen Rückgang der Neubauzahlen, was viele dazu zwingt, Personal abzubauen. Eine mögliche Welle von Entlassungen und Insolvenzen könnte die Folge sein, was einen ernsthaften Verlust von Fachkräften mit sich bringt. „Gerade in der gegenwärtigen Lage ist dies das Letzte, was wir uns erlauben dürfen“, schließt Metzger.

Neue Perspektiven im Wohnungsbau

Die Situation auf dem Wohnungsmarkt in Dachau erfordert sofortige Maßnahmen, um den Herausforderungen entgegenzuwirken. Die Schaffung von neuem Wohnraum ist unerlässlich, um den steigenden Bedarf zu decken und den Leerstand sinnvoll zu nutzen. Die anhaltende Verunsicherung unter den Bauherren und Hauseigentümern muss angegangen werden, um einer weiteren Abwärtsspirale im Bauwesen vorzubeugen. Nur mit klaren politischen Vorgaben und einer Entlastung der Bauherren kann es gelingen, die Wohnungsnot im Landkreis nachhaltig zu lösen.

Politischer Kontext

Die Probleme auf dem Wohnungsmarkt im Landkreis Dachau sind auch vor dem Hintergrund der politischen Diskussionen um Baurechtsreformen und Mietpreisdämpfungen zu verstehen. In den letzten Jahren haben verschiedene politische Akteure auf die Notwendigkeit hingewiesen, mehr Wohnraum zu schaffen, insbesondere in urbanen Gebieten. Die Bundesregierung hat im Rahmen des Wohnungsgipfels 2018 das Ziel formuliert, bis 2021 jährlich 1,5 Millionen Wohnungen zu bauen. Dies zeigt den politischen Willen, den Wohnraummangel zu bekämpfen – jedoch bleiben die Fortschritte hinter den Erwartungen zurück.

Die aktuelle Situation wird zusätzlich durch Verzögerungen bei Genehmigungen und Veränderungen in den Bauvorschriften beeinflusst. So haben neue Umweltauflagen und energetische Standards nicht nur zu höheren Baukosten geführt, sondern auch zu einer größeren Unsicherheit unter Investoren, was wiederum den Wohnungsbau in Bayern und insbesondere im Landkreis Dachau weiter hemmt.

Ökonomische Faktoren

Ein wesentlicher ökonomischer Aspekt der aktuellen Wohnungsmarktlage im Landkreis Dachau ist die hohe Baukosten inflation. Laut dem Statistischen Bundesamt sind die Baupreise für Wohngebäude seit 2015 kontinuierlich angestiegen. Diese Entwicklung wird durch steigende Materialpreise, Löhne im Baugewerbe sowie Lieferengpässe verursacht, die insbesondere während der COVID-19-Pandemie deutlich wurden. Diese Faktoren stellen eine erhebliche finanzielle Belastung für Bauherren dar und können in vielen Fällen zur Entscheidung führen, geplante Neubauprojekte auf Eis zu legen.

Darüber hinaus hat die Zinswende der Europäischen Zentralbank (EZB) enorme Auswirkungen auf die Finanzierungsmöglichkeiten von Bauprojekten. Höhere Zinsen verteuern nicht nur Hypotheken, sondern machen auch viele Investitionen unrentabel. Dies könnte erklären, warum weniger Baugenehmigungen erteilt werden, als zur Deckung des Bedarfs notwendig wären.

Aktuelle Statistiken

Die Wohnungsbausituation im Landkreis Dachau ist durch verschiedene statistische Kennzahlen unterstrichen. Laut aktuellen Erhebungen des Pestel-Instituts fehlen im Landkreis rund 1560 Wohnungen, während lediglich 257 neue Baugenehmigungen in den ersten fünf Monaten des Jahres 2024 erteilt wurden, was einem Rückgang von 27 Prozent im Vergleich zum Vorjahr entspricht. Die Tatsache, dass 2,8 Prozent des gesamten Wohnungsbestands leerstehen, verdeutlicht die Diskrepanz zwischen Bedarf und Angebot.

Um den Mangel an Wohnraum zu beziffern, sind zusätzliche Informationen zu den demografischen Entwicklungen im Landkreis notwendig. Es wird prognostiziert, dass die Bevölkerung in den nächsten Jahren zulegen wird, was den Druck auf den Wohnungsmarkt weiter erhöhen könnte. Der demografische Wandel, kombiniert mit einer steigenden Nachfrage nach Wohnungen durch Zuzug und den anhaltenden Trend zur Urbanisierung, könnte die Problematik weiter verschärfen, wenn nicht zeitnah geeignete Maßnahmen ergriffen werden.

– NAG

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