In Wolfratshausen hat ein Koffer, gezeichnet von der Zeit und voller Geschichte, nun einen neuen Platz gefunden. Der Koffer, der Amalya Lachman gehörte, trägt hebräische Buchstaben und erinnert an eine Reise, die 1947 ins Kibbuz Aschdot Jaʿakov im damaligen britischen Mandatsgebiet Palästina begann. Diese bewegte Reise des Koffers wurde nun durch Shai Lachman, den Vorsitzenden des Vereins der Nachkommen Föhrenwalds in Israel, beendet, der das Objekt dem Erinnerungsort Badehaus in Waldram übergab. Dies geschah in Dankbarkeit für das unermüdliche Engagement, das Schicksal des DP-Lagers Föhrenwald nicht in Vergessenheit geraten zu lassen.
Shai Lachman wurde im Januar 1947 im DP-Lager Föhrenwald geboren. Sein Leben ist eng verwoben mit der Geschichte seiner Eltern, die aus dem Schatten des Holocausts emporstanden. Besonders die Erlebnisse seiner Mutter, die während des Krieges im besetzten Polen überlebte, prägten seinen Lebensweg und die Verpflichtung, ihre Geschichte zu erzählen. „Die Mutter schuldete uns das, es zu erzählen“, sagte er, nachdem Antisemitismus und Holocaust-Leugnung in den frühen 2000er Jahren erneut zugenommen hatten. In einem Interview mit der israelischen Gedenkstätte Yad Vashem berichtete sie von ihrem Leben im Untergrund, wo sie sich als Christin ausgab, um zu überleben.
Ein Mahnmal an eine bewegte Vergangenheit
Die Geschichte von Amalya und Gedalyahu Lachman ist nicht nur eine persönliche, sie spiegelt auch die Schicksale vieler Überlebender des Holocausts wider. Gedalyahu, der zunächst Zwangsarbeit und das Gestapo-Gefängnis überstand, wurde Leiter des DP-Lagers und half zahlreichen jüdischen Flüchtlingen, eine neue Heimat in Israel zu finden. Sein Engagement für den Zionismus und die Ausbildung junger Menschen für die paramilitärische Organisation Haganah zeugen von seiner Überzeugung und seinem unermüdlichen Willen, seinen Mitmenschen zu helfen. Shai beschreibt seinen Vater als einen sehr klugen und charismatischen Menschen, dessen Bildung und Werte ihn zeitlebens prägten.
Shai Lachman erinnert sich an die Geschichten seines Vaters, die er in seinem Buch „Wie eine brennende Flamme“ niederlegte. Der Film über Gedalyahu, der 2023 in Tel Aviv Premiere hatte, hebt die Bedeutung seines Lebenswerks hervor und verdeutlicht, wie sehr sein Sohn darauf bedacht ist, diese Erinnerungen wachzuhalten. Bei der Übergabe des Koffers im Badehaus waren Sybille Krafft von der Waldramer Museumsgemeinschaft und viele andere Teilnehmer anwesend, die den symbolischen Akt wertschätzten. Lachman betont, dass trotz der schweren Entscheidung, den letzten physischen Gegenstand seiner Eltern aus deren Zeit im DP-Lager zu überlassen, es wichtig ist, dass dieser Koffer jetzt in einem Ort lebt, der der Erinnerung und Aufklärung dient.
„Ich sehe es als meine heilige Mission“ erklärte Shai Lachman, „die Erinnerung an den Holocaust nicht verblassen zu lassen“. Dabei richtet er einen eindringlichen Appell an die heutige Gesellschaft, besonders im Kontext eines erneut aufkommenden Antisemitismus. „Das Team im Badehaus leistet eine großartige Arbeit“, fügt er hinzu und zeigt damit seine Wertschätzung für die Institution, die sich nicht nur um das Bewahren der Geschichte kümmert, sondern auch um die Aufklärung der zukünftigen Generationen.
Als Shai Lachman im Dachgeschoss des Museums den Koffer ablegt, entdeckt er ein Bild seiner Eltern an der Wand, einen Moment der Nostalgie, der ihm zeigt, woher er kommt. „Ich bin immer bereit, zu lächeln“, sagt er und strahlt, während er bleibt, um den Moment zu genießen. Der Koffer, gezeichnet von den Erinnerungen und Erlebnissen seiner Vorbesitzer, wird nun ein Teil des Bewusstseins derer, die diesen Ort besuchen und sich mit der Geschichte des Holocausts auseinandersetzen.
Für eine weiterführende Betrachtung können Interessierte den umfassenden Bericht auf www.sueddeutsche.de nachlesen.