In einem beschaulichen Teil des unterfränkischen Landkreises Bad Kissingen entfaltete sich Anfang August eine unerwartete Krise für den Landwirt Edgar Thomas. An einem Tag, der wie jeder andere begann, entdeckte er, dass eine seiner Hochlandkuh, die normalerweise munter mit ihren Artgenossen auf der Weide grast, in einem besorgniserregenden Zustand war. Ihre Ohren hingen schlaff herunter und sie wirkte lethargisch, was sofort Alarmglocken läutete.
Edgar Thomas, der in Nüdlingen ansässig ist, begann sofort mit routinemäßigen Überprüfungen. „Wir haben natürlich Fieber gemessen und festgestellt, dass die Kuh hohes Fieber hatte. Sie war schlapp“, schildert er die dramatische Situation. Daraufhin isolierte er den betroffenen Rinder; ein Tierarzt nahm eine Blutprobe. Das Ergebnis war beunruhigend: Die Kuh litt an der Blauzungenkrankheit, einer viralen Erkrankung, die vor allem Wiederkäuer befällt.
Eine Welle der Infektionen
Die Situation für Edgar Thomas und seine etwa 100 Tiere gestaltete sich zuletzt dramatisch, denn das Virus begann sich schnell in seiner Herde auszubreiten. Die anfängliche Bestürzung des Landwirts, der glaubte, vor der Blauzungenkrankheit sicher zu sein, wandelt sich in Sorge. „Man hört zwar von der Blauzungenkrankheit – aber man denkt, es geht einem vorbei. Jetzt hat es uns auch erwischt“, erklärt er.
Doch nicht nur in Thomas‘ Herde wurden Infektionen festgestellt. Auch im benachbarten Landkreis Kitzingen meldeten die Behörden kürzlich einen Fall. Das Blauzungenvirus Typ 3 breitet sich seit Wochen über Deutschland aus, nachdem es ursprünglich in Nordwestdeutschland aufgefallen war. In Unterfranken sind bereits in mehreren Landkreisen wie Würzburg und Aschaffenburg Fälle bei Schafen und Kühen dokumentiert worden. „Wir müssen nun die Ausbreitung ernst nehmen“, sagt Thomas, während er seine Herde im Auge behält.
Ursprung und Übertragungsweg des Virus
Die Übertragung des Virus geschieht nicht direkt von Tier zu Tier, sondern wird durch blutsaugende Insekten, bekannt als Gnitzen oder Bartmücken, verursacht. Diese sind vor allem in der warmen Jahreszeit aktiv und übertragen den Erreger, während sie ihre Opfer zu stechen versuchen. Das Friedrich-Loeffler-Institut (FLI) warnt, dass die Infektionszahlen in Bayern aufgrund der warmen Witterung weiter ansteigen werden.
„Aktuell sind bereits rund 6.000 Fälle bei Tierhaltungen in Deutschland bekannt“, informiert das FLI. In Bayern sind bislang 34 Betriebe betroffen. Vor allem Schafe sind in Gefahr, und während Rinder meist mildere Symptome zeigen, kann die Blauzungenkrankheit bei Schafen gravierende Folgen haben, bis hin zum Tod.
Sichtweise des Landwirts und die Gesundheitsrisiken
Auf die Frage, ob er eine Impfung gegen die Blauzungenkrankheit in Erwägung ziehe, antwortet Thomas: „Wir gehen davon aus, dass unsere Tierrassen sehr vital sind und das überstehen werden.“ Dabei handelt es sich um robuste Rinder wie Schottische Hochlandrinder und Angus-Rinder. Wie viele in der Landwirtschaft äußert er Bedenken, dass ein Impfstoff bald knapp werden könnte, was die Situation zusätzlich verkompliziert.
Interessanterweise bleibt die Krankheit für den Menschen vollkommen ungefährlich. „Selbst wenn wir mit den Tieren in Berührung kommen, kann uns nichts passieren. Das Virus ist auf Wiederkäuer spezialisiert“, erklärt Carola Sauter-Louis, die Leiterin des Instituts für Epidemiologie am FLI. Selbst der Verzehr von Produkten von infizierten Tieren stellt kein Risiko dar, was einige der Landwirte sicherlich beruhigen wird.
Trotz der herausfordernden Umstände bleibt Edgar Thomas optimistisch. Er hofft auf die Genesung der erkrankten Kuh, bei der es bereits erste Anzeichen einer Besserung gibt. „Ich glaube, dass wir und unsere Tiere diese Krise überstehen werden“, schließt der Landwirt, der trotz aller Widrigkeiten nicht seine Zuversicht verliert.
– NAG