Augsburg

Die Papstgeschichte seit 1800: Wandel und Weichenstellungen

Ein Blick auf das Papsttum: Fortschritt und Herausforderungen seit 1800

Seit 1800 haben sich in der römisch-katholischen Kirche unter den Päpsten weitreichende Veränderungen vollzogen. Der Augsburger Professor für Mittlere und Neuere Kirchengeschichte, Jörg Ernesti, hat diese Entwicklungen in seinem neuen Buch „Geschichte der Päpste seit 1800“ zusammengefasst. Dabei geht es nicht nur um das Individuum der Päpste, sondern auch um die Auswirkungen ihrer Entscheidungen auf die gesamte Kirche und die Gesellschaft.

Die Bedeutung der Papstwahl

Ein interessantes Phänomen der Papstgeschichte ist die Art und Weise, wie Päpste gewählt werden. Im Gegensatz zu früheren Zeiten, als häufig kränkliche oder ältere Männer gewählt wurden, um keine lange Amtszeit zu haben, stellt sich die Situation heute anders dar. Ernesti betont, dass der Druck auf einen Papst enorm ist: „Ein Papst ohne mediale Ausstrahlung und Charisma ist nicht mehr vorstellbar.“ Diese Veränderung in der Wahrnehmung hat dazu geführt, dass die Kardinäle zunehmend Mitglieder mit starkem Profil auswählen, um den Anforderungen der modernen Kirche gerecht zu werden.

Ein neues Selbstverständnis des Papsttums

Historische Traumata, wie die Französische Revolution, haben die Kirche in ihrer Lehrverkündigung und ihrer Rolle in der Gesellschaft über lange Zeit beeinflusst. Ernesti beschreibt, wie bis ins 20. Jahrhundert hinein die Ideale der Menschenrechte und der Religionsfreiheit von den Päpsten oft vehement abgelehnt wurden. Erst im Verlauf der letzten 224 Jahre begann ein langsamer, aber sicherer Wandel hin zu einer positiveren Haltung gegenüber diesen Werten. In diesem Kontext sieht der Historiker die Päpste als „universale Lehrer“, deren Einfluss international gewachsen ist.

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Die Herausforderungen des 21. Jahrhunderts

Trotz der Fortschritte sieht Ernesti auch Gefahren, die mit der stärkeren Zentralisierung des Papsttums einhergehen. Insbesondere die hohen Erwartungen an zukünftige Päpste könnten zu einer Überforderung führen. Die Frage bleibt, wie ein Nachfolger von Papst Franziskus, der als charismatisch und reformfreudig gilt, diesen hohen Ansprüchen gerecht werden kann. Ernesti gibt zu bedenken, dass eine allzu starke Fokussierung auf das Papstamt auch die ökumenischen Bemühungen behindern könnte, da unterschiedliche Gemeinschaften unterschiedliche Vorstellungen von Führung und Glaubensvermittlung haben.

Ein Ausblick auf die Zukunft

In seinem Buch skizziert Ernesti mögliche Entwicklungen und Trends, die das Papsttum in den kommenden Jahren prägen könnten. Besonders die Betonung von Synodalität — das heißt eine stärkere Einbindung der Ortskirchen in Entscheidungsprozesse — könnte einen neuen Weg für die katholische Kirche darstellen. Ernesti schlägt vor, dass der Erfolg der Kirche künftig weniger von einer einzelnen charismatischen Person abhängt, sondern von einer kollektiven Anstrengung innerhalb der kirchlichen Gemeinschaft.

Das Erbe der Päpste

Ernestis Rückblick auf die Päpste seit 1800 verdeutlicht, wie vielschichtig die Rolle des Papsttums ist und dass dessen Entwicklung in ständigem Fluss ist. Der Professor bietet somit nicht nur einen historischen Überblick, sondern regt auch zu einer Reflexion über die zukünftigen Herausforderungen und Chancen des Papsttums an.

Jörg Ernestis Buch bietet sowohl geschichtlich Interessierten als auch religiös Engagierten wertvolle Einsichten, die zur Diskussion über die Zukunft der katholischen Kirche anregen.

Buchtipp: Jörg Ernesti: Geschichte der Päpste seit 1800, Verlag Herder 2024, 576 Seiten, ISBN: 978-3-451-39877-3, 38 Euro (Gebundene Ausgabe).

– NAG

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