Alte Obstsorten erleben im Moment ein Comeback, auch wenn sie häufig nicht mit der Schönheit der Äpfel aus dem Supermarkt konkurrieren können. Ihr unvergleichlicher Geschmack zieht immer mehr Menschen in den Bann. Alexander Bauer, der Leiter des Schlossgartens Schleißheim, ist einer der engagierten Vertreter, die sich leidenschaftlich dafür einsetzen, diese historischen Sorten zu bewahren. Die Schätze, die in seinem Garten lagern, sind mehr als nur Obst - sie sind Stücke von Geschichte.
Im Schlossgarten von Schleißheim steht eine beeindruckende Vielfalt an Obstbäumen, deren Sorten teilweise einzigartig sind und nur noch in wenigen Exemplaren existieren. „Es gibt sogar Früchte, die weltweit kaum noch zu finden sind“, erklärt Bauer. Diese Bäume tragen Früchte mit klangvollen Namen wie Gloria Mundi und Berner Rosenapfel, viele davon aus der Zeit des Kurfürsten Max Emanuel im 18. Jahrhundert. Die Tatsache, dass 90 Prozent der alten Obstsorten bereits verloren sind, motiviert das Team, alles in seiner Macht Stehende zu tun, um das, was übrig ist, zu erhalten.
Wachstum und Beliebtheit der alten Sorten
In Schleißheim sind rund 700 Obstbäume zu finden. Diese „Schatzkiste“ erfreut sich wachsender Beliebtheit. Bauer beobachtet, wie Gäste des Schlossgartens oft begeistert Kostproben nehmen und dabei erkennen, wie vielfältig und lecker die alten Sorten sind. Der kleine Verkaufsladen, die Schleißheimer Obstarche, der am Freitag wieder eröffnet hat, wird von Kunden regelrecht belagert. „Manchmal stehen die Leute bis zu zwei Stunden an“, sagt er stolz. „Das zeigt, wie viel Interesse es für die alten Sorten gibt.“
Aber die Arbeit in der Obstarche ist alles andere als einfach. Die Pflege der Bäume ist zeitintensiv und sie benötigen oft Jahre, um Früchte zu tragen – in manchen Fällen bis zu zehn Jahre. Das Klima hat sich seit der Blütezeit dieser Sorten verändert, was zusätzliche Herausforderungen mit sich bringt. Deshalb war das vergangene Jahr besonders erfreulich, da die Ernte erfolgreich war, während in den Jahren zuvor zwei Drittel der Ernte aufgrund ungünstiger Bedingungen verloren gingen.
Ein weiterer entscheidender Punkt ist das Bewusstsein für diese Sorten. Eva Bichler-Öttl, die seit 2014 an dem Projekt „Alte Obstsorten im oberbayerischen Alpenvorland“ arbeitet, berichtet, dass immer mehr Menschen neugierig auf die alten Sorten in ihren Gärten werden. Vor zehn Jahren wurde ein Aufruf gestartet, um Privatpersonen zu finden, die alte Bäume haben. „Wir haben inzwischen rund 270 alte Sorten identifiziert und ziehen diese in Sortenschaugärten auf“, sagt sie und zeigt damit den Erfolg des Projekts. Die alten Apfel-, Birnen- und Zwetschgensorten werden nicht nur zurückgeholt, sondern auch das Wissen darüber wird wieder lebendig gemacht.
Die Nachfrage nach Informationen über alte Obstsorten ist gestiegen, und das Kompetenzzentrum Obstbau Bodensee unterstützt bei der Bestimmung der Sorten. Führungen durch die Schaugärten werden angeboten, damit Interessierte selbst erleben können, welche Vielfalt es gibt. Bichler-Öttl erwähnt, dass die alten Sorten auch in ihrer Form und Färbung spannend sind - es gibt beispielsweise Birnen mit rotem Fruchtfleisch oder sehr kleine sowie sehr große Früchte.
Einen emotionalen Höhepunkt bietet das Erlebnis, wenn alte Bäume wieder zum Leben erweckt werden. Bauer erinnert sich an die Belebung eines 200 Jahre alten Birnen-Spaliers, das er und sein Team vor vielen Jahren freilegten. In Zeiten der Vernachlässigung war dort kein Licht mehr vorgedrungen, doch nach einigen Jahren sorgte die Pflege dafür, dass die Birnenbäume wieder austreiben. „Das war ein Glücksmoment für uns alle“, so Bauer.
Verkauf und Verbreitung
Der Verkauf der alten Obstsorten hat am Freitag in der bayerischen Schlossverwaltung begonnen, und die Menschen sind gespannt auf die Historie in jedem Bissen. Das „Blauer-Kurfürst-Laderl“ ist jeweils freitags sowie mittwochs geöffnet und bietet neben Obst auch verschiedene Produkte, die aus den historischen Gärten hergestellt werden, darunter Edelbrände und Liköre. Neu im Angebot ist der „Sir Max“, ein eigens kreierter Schleißheimer Streuobst-Gin.
Die Bedeutung dieser alten Obstsorten geht über den Geschmack hinaus; sie sind Teil des kulturellen Erbes und tragen dazu bei, das Wissen um historische Anbaupraktiken zurückzubringen. Bauer und Bichler-Öttl stehen stellvertretend für eine Bewegung, die sich für den Erhalt und die Wertschätzung alter Obstsorten einsetzt – eine Erinnerung daran, dass selbst das Unscheinbare geschmacklich und kulturell von hohem Wert sein kann. Wer die alten Schätze probieren oder mehr über sie erfahren möchte, findet zahlreiche Informationen unter www.apfel-birne-berge.de.
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