Der weltweite Hunger bleibt ein drängendes Problem, das nach einer aktuellen Untersuchung der Welthungerhilfe nur schleppend vorankommt. In Berlin wurde der neue Welthunger-Index (WHI) vorgestellt, und die erschreckende Zahl von 733 Millionen Menschen, die unter Mangelernährung leiden, wurde bekannt gegeben. Besonders betroffen sind Regionen in Afrika südlich der Sahara sowie in Südasien, wo die Hungerraten alarmierend hoch sind.
Marlehn Thieme, Präsidentin der Welthungerhilfe, äußerte sich besorgt über diese Entwicklung. Sie bezeichnete es als inakzeptabel, dass die internationale Gemeinschaft ihre Verpflichtungen zur Beseitigung des Hungers nicht ausreichend erfüllt. Die globalen Krisen, wie bewaffnete Konflikte und die Klimakrise, haben laut der Präsidentin gravierende Auswirkungen auf die Ernährungssituation der betroffenen Familien. Diese Faktoren zerreiben deren Fähigkeit, sich gegen neue Schocks abzusichern.
Die Berechnung des Hungers
Der Welthunger-Index basiert auf einer Formel, die vier Indikatoren einbezieht: die Unterernährung, die Wachstumsverzögerung bei Kindern, die Auszehrung bei Kindern und die Kindersterblichkeit. Diese Indikatoren sollen den komplexen Charakter des Hungers adäquat erfassen. Der diesjährige Bericht legt besonderen Wert auf die Zusammenhänge zwischen Geschlechtergerechtigkeit, Ernährungsunsicherheit und den Auswirkungen des Klimawandels. Frauen und Mädchen sind dabei überproportional betroffen.
Mathias Mogge, Vorstandsvorsitzender der Welthungerhilfe, betonte die Notwendigkeit, in Gesundheit, Bildung und ländliche Entwicklung zu investieren, um die bestehenden Geschlechterungleichheiten zu beseitigen. Der Bericht untersucht die Ernährungslage in 136 Ländern und zeigt auf, wie Krisen sich gegenseitig verstärken. Besonders kritisch ist die Situation in sechs Ländern, zu denen Burundi, Jemen, Madagaskar, Somalia, Südsudan und Tschad gehören. In diesen Staaten wird Hunger als sehr ernst eingestuft.
In vielen anderen Ländern zeigt sich hingegen ein besorgniserregender Trend: In 22 Ländern hat der Hunger seit 2016 zugenommen, während in weiteren 20 Ländern der Fortschritt weitgehend stagniert. Trotz dieser düsteren Bilanz gibt es auch Lichtblicke, wie in Bangladesch, Mosambik, Nepal, Somalia und Togo, wo signifikante Fortschritte erzielt wurden. Dennoch bleibt in diesen Ländern Hunger ein anhaltendes Problem.
Ein wichtiger Aspekt, den die Untersuchung hervorhebt, ist die Veränderung der Gender-Dynamiken durch den Klimawandel. Grüßere Genderungleichheiten sind zu beobachten, und Frauen sind unter den unterernährten Menschen am meisten gefährdet. Der Bericht stellt fest, dass geschlechtsspezifische Unterschiede von bis zu 19 Prozentpunkten in einigen Ländern bestehen. Dies zeigt, wie Frauen in der Vergangenheit bei der Ernährungssicherung benachteiligt wurden.
Regierungen weltweit werden aufgefordert, Maßnahmen zu ergreifen, die nicht nur auf akute Krisen reagieren, sondern auch langfristige Lösungen anstreben. Eine Umverteilung öffentlicher Ressourcen sollte dabei zur Beseitigung struktureller Ungleichheiten beitragen und Frauen sowie marginalisierten Gruppen einen gleichberechtigten Zugang zu Ressourcen verschaffen. Die Perspektive von Frauen in der Landwirtschaft und im Umgang mit natürlichen Ressourcen soll gezielt berücksichtigt werden.
Die Autoren des Berichts warnen, dass das Ziel, den Hunger bis 2030 zu beseitigen, bei der gegenwärtigen Geschwindigkeit unerreichbar scheint. Sollte sich der globale WHI-Wert wie bisher entwickeln, könnte ein niedriges Niveau erst im Jahr 2160 erreicht werden. Diese düstere Prognose könnte weitere Diskussionen über die Dringlichkeit der Hungerbekämpfung und die Notwendigkeit ernsthafter globaler Anstrengungen anstoßen.
Einen tieferen Einblick in die Thematik gibt der Beitrag auf www.mittelbayerische.de.