In Neu-Ulm, beginnt eine ganz besondere Geschichte, die die Grenzen von Tradition und Moderne auf spannende Weise vereint. Dieter „Didi“ Hailing, ein Mann mit einer Geschichte in der katholischen Kirche, soll am Treffpunkt St. Johann Baptist zum Tätowieren kommen. Vor 50 Jahren war er dort Ministrant und nun, ein halbes Jahrhundert später, kehrt er zurück – jedoch nicht in seiner alten Funktion, sondern als Tätowierer.
„Ich hätte nie damit gerechnet, dass ich ein halbes Jahrhundert später wieder am Altar stehe“, sagt Hailing mit einem Lächeln. Diese Rückkehr ist nicht nur eine nostalgische Reise ins eigene Leben; sie ist auch Teil eines innovativen Projekts, das Kunst und Spiritualität miteinander verbinden möchte. Es wirft die Frage auf, wie weit sich die Kirche in Zeiten des Wandels öffnen kann und soll.
Ein unerwartetes Zusammenspiel
Die Entscheidung, in einem sakralen Raum tätowiert zu werden, sorgt für Diskussionen. Es handelt sich um ein Event, das nicht nur das Tätowieren als Kunstform in die Kirche bringt, sondern auch um eine Plattform für Begegnungen zwischen verschiedenen Lebenswelten. Die Initiative, die von der Gemeinde unterstützt wird, zielt darauf ab, Vorurteile abzubauen und neue Gemeinschaftsformen zu schaffen. Die Frage bleibt, ob dies der richtige Ort für solch eine Aktion ist.
Hailing selbst sieht in diesem Vorhaben eine Möglichkeit, die Menschen zusammenzubringen und über das Thema tätowieren zu sprechen. Tattoos sind für viele Ausdruck von Identität und Lebensgeschichte. In der Kirche, so Hailing, könne man auch über Spiritualität reden, während man ein Tattoo erhalte. Das Event hat also die Chance, ein Dialograum zu werden.
Geplant ist, dass Hailing am kommenden Sonntag, während des Events, mehrere Tätowierungen stechen wird. Erwartet werden nicht nur Interessierte, die selbst ein Tattoo möchten, sondern auch Neugierige, die sich mit der Thematik und den Hintergründen zu Tattoos auseinandersetzen möchten.
Die Kirche St. Johann Baptist in Neu-Ulm wird somit zeitweise zum Atelier für Körperkunst und zu einem Ort des Austauschs über Glauben, Kunst und Identität. Hailing betont, dass es ihm wichtig ist, eine Atmosphäre zu schaffen, in der jeder willkommen ist, unabhängig von seiner Meinung zu Tattoos oder Religion.
Wie diese ungewöhnliche Rückkehr schließlich von den Besuchern und Kirchenmitgliedern aufgenommen wird, bleibt fraglich. Das Event könnte entweder als ein wegweisendes Zeichen für eine offenere, inklusivere Kirche oder als eine umstrittene Aktion wahrgenommen werden. Klar ist, dass es nicht nur um das Tätowieren im sakralen Raum geht, sondern auch um die Frage, wie Raum für Vielfalt innerhalb traditioneller Strukturen geschaffen werden kann.
Insgesamt zeigt diese Initiative, wie die Grenzen zwischen verschiedenen Welten verwischt werden können. In einer sich ständig verändernden Gesellschaft ist es entscheidend, dass Institutionen wie die Kirche kreativ denken und sich für neue Ideen öffnen, die sowohl ansprechend als auch provokant sind. Weitere Details zu dieser Geschichte finden sich auf www.augsburger-allgemeine.de.