Ein sonniger Ausflugstag zieht zahlreiche Besucher an den eher unscheinbaren Friedhof der Andreaskirche in Herrlingen, unweit von Ulm. Der Grund für das Interesse: Erwin Rommel, ein vielfältig diskutierter und umstrittener Militärführer des Zweiten Weltkriegs, der hier seine letzte Ruhe gefunden hat. „Dort liegt der Erwin Rommel, der Generalfeldmarschall“, sagt Johannes Brunner, ein älterer Herr, der mit seiner Frau aus Niederbayern angereist ist. Die Lage seines Grabes erinnert die Besucher daran, dass Rommel nicht nur eine militärische Legende, sondern auch eine umstrittene Figur der Geschichte ist.
Die jüngeren Generationen haben mit der Erinnerung an Rommel oft weniger Verbindungen, während ältere Zeitgenossen ihn als „Wüstenfuchs“ kennen, gefeiert für seine Erfolge in Nordafrika. Am 14. Oktober 1944, vor genau 80 Jahren, nahm Rommel sich das Leben, nachdem er aufgrund seiner vermeintlichen Verstrickung in eine Verschwörung gegen Hitler zur Wahl zwischen Selbstmord und einem Prozess gezwungen wurde. Dieser verzweifelte Schritt gibt dem Mythos Rommel zusätzlichen Treibstoff.
Ein Symbol von Ruhm und Tragik
Rommel verkörpert für viele die Widersprüche des Krieges. „Auf der einen Seite war Rommel ein gefeierter Kriegsheld, dann kam das tragische Ende“, erläutert Brunner am bescheidenen Grab, das durch eine einfache Holztafel markiert ist. Diese enthüllt Rommels militärische Verdienste, darunter das Pour le Mérite, die höchste Auszeichnung des Kaiserreichs, sowie das Ritterkreuz mit weiteren Ehrenzeichen aus der Zeit des Dritten Reiches.
Die Schlichtheit des Grabes steht in Kontrast zu Rommels legendärem Status. Viele Besucher, darunter auch Menschen aus ehemaligen Feindstaaten wie England oder den USA, kommen, um mehr über diesen faszinierenden Charakter zu erfahren. „Wir sind sehr interessiert an seiner Geschichte“, sagt Frank Schulz, dessen Großvater beim Afrika-Korps diente. Diese Berührungen mit der Vergangenheit zeigen, wie Rommel weiterhin als Symbol für den Krieg und die unterschiedlichsten militärischen Ideale dient.
Die Ambivalenz der Geschichte
Eine Herausforderung besteht darin, Rommel zu verstehen, der sowohl Bewunderung als auch Skepsis hervorruft. Historiker untersuchen das Spannungsverhältnis zwischen seiner Rolle als Soldat unter einem brutalen Regime und seinen späteren Widerstandshandlungen. Seine militärischen Erfolge, die ihn als Starkarm für die Deutschen in Nordafrika darstellt, werden oft in einer romantisierten Weise betrachtet, die von der grausamen Realität des Krieges ablenkt.
Obwohl Rommel 1942 zum bekanntesten Deutschen nach Adolf Hitler avancierte, bleibt die Frage bestehen, wieviel von seiner offiziellen Heldenverehrung tatsächlich der Realität entsprach. Der Einsatz in Nordafrika war nicht nur von großem militärischem Interesse, sondern auch von intensivem Propaganda-Einsatz geprägt, der ihn als charmanten Offizier vermarktete.
Die Bundeswehr hält Rommel bis heute für traditionswürdig. Nicht nur Kasernen tragen seinen Namen, auch Städte und Gemeinden haben sich seiner angenommen, um seine ambivalente Rolle in der Geschichte zu reflektieren. Dies führt jedoch immer wieder zu Diskussionen über die Grenzen des Heldentums und die Verantwortung der Militärführung in einem unmenschlichen Krieg.
In Herrlingen selbst scheinen die zuständigen Behörden mit der Komplexität der Figur Rommel gelassen umzugehen. Bürgermeister Konrad Menz äußerte kürzlich, dass eine „differenzierte Betrachtung der Person Erwin Rommel“ notwendig sei, da er ein Teil der lokalen Geschichte sei.
In Erinnerung an den 80. Todestag Rommels wird die Stadt Vorträge und Gedenkveranstaltungen organisieren. Dies zeigt, dass die Auseinandersetzung mit der Vergangenheit niemals abgeschlossen ist. Die Verbindung zwischen Herrlingen und Rommel bleibt stark, und das Interesse der Menschen zeugt von der anhaltenden Faszination für diese umstrittene Figur, die weiterhin tragisch und heldenhaft zugleich betrachtet wird.