Die geplante Krankenhausreform, auf die viele Augen gerichtet sind, soll bereits zum Jahreswechsel in Kraft treten. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) bezeichnet diese Maßnahme als „Revolution“, doch Christos Pantazis, sein Parteikollege und Neurochirurg aus Braunschweig, sieht das anders. Er war bei den Verhandlungen zur Reform als Verhandler für die SPD aktiv und äußerte sich kritisch zu Lauterbachs optimistischen Einschätzungen.
Auf einer Veranstaltung, die von Robin Mesarosch, einem weiteren SPD-Bundestagsabgeordneten, organisiert wurde, kam Pantazis mit mehreren Fachvertretern zusammen, darunter Geschäftsführer von regionalen Kliniken. „Es ist höchste Zeit für eine Reform“, betonte Pantazis. Zahlreiche Krankenhäuser verzeichnen mittlerweile erhebliche Defizite in Höhe von mehreren Millionen Euro, was dringend eine Überarbeitung der Finanzierung erforderlich mache.
Vorhaltebudgets als ein wichtiger Baustein
Das derzeitige Fallpauschalen-System, das seit den frühen 2000er-Jahren besteht, hat zu einer zunehmenden Kommerzialisierung im Gesundheitswesen geführt, was Ungleichgewicht in der Leistungsfähigkeit vieler Krankenhäuser verursacht hat. Pantazis wies darauf hin, dass lukrative Bereiche von der aktuellen Regelung profitieren, während andere zum Zuschussgeschäft mutieren. Zahlreiche Geburtstationen mussten daher bereits schließen, während komplexe Eingriffe auch in kleineren Kliniken durchgeführt werden, die eigentlich nicht dafür geeignet sind.
Zentral für die Reform sind die neuen Vorhaltebudgets, die den Krankenhäusern im Voraus zugeteilt werden, abhängig von ihren angebotenen Leistungen. Zukünftig sollen diese Budgets 40 bis 60 Prozent der gesamten Finanzierung ausmachen, wobei die Fallpauschalen trotzdem erhalten bleiben. Während Lauterbach von einer landesweiten Revolution spricht, versteht Pantazis die Reform als Anpassung des bestehenden Systems und eine notwendige Neuausrichtung, um nicht den ganzen bisherigen Ansatz über Bord zu werfen.
„Ich möchte kein Gesetz, das alle überfordert“, äußerte Pantazis, der anmerkte, dass die neuen Leistungsgruppen wichtig sind, um die Qualität der Versorgung zu gewährleisten. So würden Abteilungen, die bestimmte Leistungsparameter nicht erfüllen, ihre Finanzierung verlieren können. Diese Tatsache sorgt besonders im ländlichen Raum für Besorgnis, da ein Wegfall solcher Abteilungen massive Auswirkungen auf die medizinische Versorgung vor Ort hätte.
Änderungen in der Begrifflichkeit
Ein weiterer Aspekt der Reform betrifft die Struktur der Krankenhäuser. Pantazis erläuterte, dass das anfangs diskutierte Leveling-System nicht weiterverfolgt wird. Der Begriff erwecke den Eindruck, dass niedrige Level für eine minderwertige Behandlung stehen. Er riet Lauterbach: „Karl, verwende diesen Begriff bitte nicht.“ Dennoch wird die Einteilung der Krankenhäuser in verschiedene Kategorien beibehalten.
Die Geschäftsführer der Zollernalb-Kliniken und des SRH-Klinikums äußerten sich zustimmend zur Notwendigkeit einer Reform, kritisierten jedoch die bislang unklare Vorgehensweise. Gerhard Hinger von den Zollernalbkliniken wies darauf hin, dass sinnvolle Reformen Geld benötigen und es an Budgetfehlern mangelt. Unter den gegenwärtigen Bedingungen könnten sich die Preise in der Gesundheitsversorgung nicht einfach erhöhen, wie es in anderen Sektoren der Fall wäre.
Hinger machte klar, dass die Politik Experten in diesen reformatorischen Prozess nicht ausreichend einbezogen habe. Auch der Bürokratieaufwand sei ein zentrales Problem, das es zu lösen gelte, um mehr Behandlungen aus dem Krankenhaus herauszulagern und die Möglichkeiten für ambulante Behandlungen zu verbessern.
„Der Landkreis Sigmaringen hat viele Herausforderungen gemeistert, dabei auch bedeutende Einschnitte erlebt“, bemerkte Sven Schönfeld, der Geschäftsführer der SRH-Klinik, in Anspielung auf die Schließungen der nahegelegenen Krankenhäuser in Bad Saulgau und Pfullendorf. Es sei entscheidend, dass Patienten nicht weite Strecken für eine Behandlung in Kauf nehmen müssten.
Pantazis räumte ein, dass eine andere Herangehensweise an die Reform sinnvoll gewesen wäre. Eine Enquete-Kommission hätte externe Experten einbeziehen können, um die bestmöglichen Lösungen zu erarbeiten. Doch die Dringlichkeit der Situation habe die Politik dazu bewogen, auf solche fundierten Schritte zu verzichten.
Am Donnerstag, dem 17. Oktober, wird geprüft, ob das Gesetz im Bundestag verabschiedet wird. Der Gesundheitsausschuss hat bereits die Zustimmung erteilt. Die weitere Entwicklung wird mit Spannung erwartet, vor allem da die Auswirkungen der Reform auf die Krankenhauslandschaft in Deutschland weitreichend sein könnten, wie www.schwaebische.de berichtet.
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