Im Wohnzimmer des 76-jährigen Gerhard Wolf stehen zwei überfüllte Schränke, die die Neugierde eines jeden Fotografie-Enthusiasten wecken würden. Über 150 analoge Kameras, darunter einige wahre Raritäten, und etwa 15 digitale Modelle sprechen für sich. Was Wolfs Leidenschaft für die Fotografie angeht, so blüht sie bereits seit seiner Jugend und zeigt sich nicht nur im Sammeln, sondern auch in der aktiven Nutzung der meisten Geräte.
Die Anfänge seiner Sammlung kann Wolf auf zwei Erbstücke zurückführen, die ihm seine Großmütter hinterließen. „Die Faszination für das Fotografieren und die damit verbundene Geschichte ließen mich nicht los“, erklärt er lachend. Was mit einem Besuch auf Flohmärkten begann, ist heute eine eindrucksvolle Sammlung, die er ständig durch neue Funde erweitert.
Besondere Funde und Tauschgeschäfte
Wolf sammelt nicht nur, er nutzt auch die Gelegenheit, mehrfach vorhandene Modelle zum Tausch anzubieten. „Bei Haushaltsauflösungen bin ich oft auf Schätze gestoßen, von denen sich andere oft nichts erhoffen“, erzählt er. Wichtig ist ihm vor allem, dass die Kameras noch funktionsfähig sind, denn für ihn geht es nicht nur um die Sammlung an sich, sondern um die Kunst der Fotografie und die Geschichten, die die Kameras erzählen können.
In seiner Sammlung hebt er eine „Klappi“-Kamera hervor, die zwar schmal ist, sich aber aufklappen lässt und somit einen besonderen Reiz ausübt. Mit diesen historischen Geräten hat er nicht nur eindrucksvolle Bilder gemacht, sondern auch skurrile Erlebnisse gesammelt. An einer Stelle im Donautal stellte er seine große Standkamera am Radweg auf, was bei vorbeifahrenden Radfahrern für Aufregung sorgte. „Sie dachten, das ist eine Radarfalle“, schmunzelt Wolf.
Sein wertvollstes Stück, das sentimentale Erinnerungen weckt, ist die Kamera seines im Krieg gefallenen Onkels, mit der er seine ersten Fotos schoss. Diese emotionale Verbindung zu seinen Sammlerstücken macht diese für ihn umso wertvoller. Besonders auf der Suche nach einer Mittelformatkamera, die derzeit sein großes Ziel darstellt, blickt er regelmäßig in die Angebote. „Dafür muss ich noch sparen“, schmunzelt Gisela Kels, seine Partnerin, während sie die Preisschilder im Internet durchforsten.
Lieben und Fotografie vereint
Die Liebe zu Kameras hat nicht nur Wolf zu einem beeindruckenden Sammler gemacht, sondern auch seine Lebensgefährtin, Gisela Kels, ins Spiel gebracht. Beide haben sich in einer deutschlandweiten Community für Fotografie kennengelernt. „Meine Freundin muss sich dafür interessieren, sonst wird das nichts“, sagt Wolf ganz offen und gemeinsam unternehmen sie nun Fotografietouren.
Wolf hat noch eine weitere Leidenschaft: Er entwickelt Schwarz-Weiß-Fotos selbst in seinem Bad. Dieses Handwerk hat er seinerzeit bei der Sigmaringer Drogerie Arno gelernt, die inzwischen geschlossen ist. Aber trotz seiner Fertigkeiten hängen nicht die Wände seiner Wohnung mit Bildern voll, vielmehr hat er einen Großteil seiner Bilder digital gespeichert. „Mein Computer wird jetzt auch zum Aufbewahrungsort für die Fotos“, erklärt er. So bleibt ihm genügend Platz für seine wertvolle Kamera-Sammlung, die weiterhin wachsen wird.
Foto von Gerhard Wolf und Gisela Kels mit einer Kamera (Foto: Mareike Keiper)
Wolfs Geschichte ist nicht nur die eines leidenschaftlichen Sammlers, sondern auch die eines Mannes, der durch sein Hobby sein Glück gefunden hat. In einer Welt, in der digitale Technologien immer dominanter werden, hat er die Wertschätzung für die Analogfotografie und die damit verbundenen Geschichten bewahrt.
Gerhard Wolf hat nicht nur eine beeindruckende Sammlung aufgebaut, sondern ist auch ein Teil einer größer werdenden Bewegung, die sich um Analogfotografie kümmert. Die Rückkehr zur Filmfotografie, die seit etwa einem Jahrzehnt spürbar ist, zeigt, dass viele Menschen an der Haptik und dem speziellen Charme von analogen Bildern Gefallen finden. Social-Media-Plattformen, wie Instagram, haben zahlreiche Gruppen hervorgebracht, die sich dem Austausch über analoge Techniken und den Austausch von Ergebnissen widmen.
Ein sozialer Trend
Die Rückkehr zur Filmfotografie kann auch als Gegenbewegung zur digitalen Welt interpretiert werden. In einer Zeit, in der Bilder auf Smartphones nur einen Augenblick lang existieren, suchen viele nach einem tieferen, nachhaltigen Wert in der Fotografie. Studien haben gezeigt, dass die analoge Fotografie nicht nur eine nostalgische Komponente hat, sondern auch therapeutische Effekte mit sich bringen kann, wie die Möglichkeit zur Entschleunigung und Achtsamkeit beim Fotografieren.
Zusätzlich gibt es eine verstärkte Nachfrage nach Fotoworkshops und Seminaren, in denen die Grundlagen der analogen Fotografie vermittelt werden. Mehrere lokale Fotostudios und Gemeinschaftszentren bieten inzwischen Kurse an, die vom Filmemachen bis hin zur Dunkelkammertechnik reichen. Solche Initiativen fördern das Gemeinschaftsgefühl und die Weitergabe von Wissen an die nächste Generation von Fotografen.
Erschwinglichkeit von Film und Technik
Eine der größten Herausforderungen für Analogfotografen ist die Verfügbarkeit von Filmen und Chemikalien zur Entwicklung. Die Preise für bestimmte Filmtypen sind in den letzten Jahren gestiegen, was die Kosten für Hobbyfotografen erhöhen kann. Zusätzlich gibt es kaum noch viele Geschäfte, die Filme anbieten oder in der Lage sind, Entwicklungsdienste anzubieten. Gerhard Wolf und viele andere Sammler und Fotografen sind daher oft auf das Internet angewiesen, um benötigtes Material zu finden.
Trotz dieser Herausforderungen bleibt die analoge Fotografie ein beliebtes Umfeld für Kreativität und Experimentierfreudigkeit. Vor allem die Kombination aus Tradition und zeitgenössischer Digitaltechnik liefert interessante Ergebnisse und inspirierende Projekte, wie beispielsweise die Integration von Digital- und Analogmethoden in kreativen Arbeiten.
– NAG