Im Kreis Rottweil steht die Notfallversorgung vor einem einschneidenden Umbruch. Die Kassenärztliche Vereinigung Baden-Württemberg plant die Schließung einer Notfallpraxis, die in der Nähe des SRH-Krankenhauses in Oberndorf untergebracht ist. Diese Entwicklung ist besonders besorgniserregend, da bereits im vergangenen Jahr die Öffnungszeiten der vorhandenen Notfallpraxen verkürzt wurden. Die Hintergründe dieser Entscheidungen sind komplex und hängen mit einem Gerichtsurteil zusammen, das Auswirkungen auf die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung von Ärzten hatte. Dadurch stehen weniger Mediziner für die Notfallversorgung zur Verfügung, was die Schließungen erklärbar, aber nicht akzeptabel macht.
Die KV Baden-Württemberg hat angekündigt, dass insgesamt 15 Notfallpraxen geschlossen werden. Die Erste Reaktion darauf kam von Daniel Karrais, dem FDP-Landtagsabgeordneten aus Rottweil, der die Verschlechterung der medizinischen Versorgung als „massiv“ bezeichnete. Er betonte, dass die Notfallpraxen gerade in der Nacht und an Wochenenden für die Bevölkerung von großer Bedeutung seien. Sie stellen eine wichtige Anlaufstelle für nicht lebensbedrohliche medizinische Fälle dar.
Erhebliche Versorgungsengpässe
Nach den neuen Planung wird nur noch ein Standort in Rottweil für eine Notfallpraxis zur Verfügung stehen. Für die Bewohner von Schiltach, Schenkenzell und Lauterbach bedeutet das, dass sie künftig bis zu 45 Minuten zur nächsten Notfallpraxis fahren müssen, sei es nach Lahr, Villingen-Schwenningen, Rottweil oder Freudenstadt. Vorher waren die Praxen in Wolfach oder Oberndorf deutlich näher gelegen.
Gerade für ältere Menschen, die auf eine schnelle medizinische Versorgung angewiesen sind, wird diese Situation unzumutbar, wie Karrais klarstellt. „Die Bevölkerung in und um Sulz ist nun gezwungen, eine halbe Stunde nach Rottweil, Balingen oder Freudenstadt zu fahren, um ärztliche Hilfe in einer Notfallpraxis zu erhalten. Das ist einfach inakzeptabel“, so seine deutlichen Worte. Das Problem verschärft sich durch die Befürchtung, dass die Notaufnahmen der Krankenhäuser überlastet werden könnten, wenn die Notfallpraxen nicht mehr regelmäßig geöffnet haben.
Fahrten in ländliche Gebiete werden länger
Die Kassenärztliche Vereinigung trägt die Verantwortung für die Organisation der Bereitschaftsdienste, hat jedoch auch den Sicherstellungsauftrag, für eine akzeptable Versorgung der Bevölkerung zu sorgen. Das neue Konzept sieht vor, dass 95 Prozent der Bevölkerung innerhalb von 30 Minuten eine Notfallpraxis erreichen sollen, während für die verbleibenden fünf Prozent 45 Minuten als vertretbar angepriesen werden. Karrais hebt jedoch hervor, dass genau diese fünf Prozent meist im ländlichen Raum wohnen – und genau hier liegt das Kernproblem für den Kreis Rottweil, der durch die Schließungen in Oberndorf und Wolfach besonders hart getroffen wird.
Karrais will daher eine Resolution im Kreistag beantragen, die den Erhalt der Notfallstandorte in Oberndorf und Wolfach fordert. Der Druck auf die politischen Entscheidungsträger wächst, denn das Gesundheitssystem im ländlichen Raum muss dringend stabilisiert und ausgebaut werden, um den Bedürfnissen der Bevölkerung gerecht zu werden.
Es ist wichtig, den Begriff „Notfallpraxis“ richtig zu interpretieren. Wie ein Sprecher der KV letztes Jahr erklärte, sind Notfallpraxen nicht für echte Notfälle gedacht, die durch den Rettungsdienst behandelt werden sollten. Vielmehr fungieren sie als ärztlicher Bereitschaftsdienst außerhalb der regulären Sprechzeiten. Doch dieser Dienst wird gerade in ländlichen Gebieten, wo der Ärztemangel zunimmt, immer mehr zur entscheidenden Schnittstelle für die medizinische Versorgung.
Die anhaltenden Kürzungen der Öffnungszeiten und die bevorstehenden Schließungen der Notfallpraxen werfen also gravierende Fragen hinsichtlich der künftigen Gesundheitsversorgung im Kreis Rottweil auf. Die Verantwortlichen sehen sich einem zunehmenden Druck gegenüber, Lösungen zu finden, um die Wunden dieses Systems zu heilen. Stadt und Landbevölkerung müssen gemeinsam für den Erhalt ihrer Gesundheitsversorgung kämpfen, um sicherzustellen, dass jeder im Notfall die Hilfe erhält, die er braucht. Mehr Details dazu sind auf www.schwarzwaelder-bote.de nachzulesen.
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