Die Spannung im Ortenaukreis steigt: Am Dienstag findet die Wahl des neuen Landrats statt. In der Luft liegt eine gewisse Dramatik, da die Entscheidung auch diesmal möglicherweise in ein Losverfahren münden könnte. Die Bewerber sind Diana Kohlmann, Thorsten Erny und René Funk, die allesamt auf die Nachfolge von Frank Scherer hoffen, der in den vergangenen Jahren als parteiloser Landrat großes Ansehen genießt.
Die Geschichte lehrt uns, dass solche Wahlen nicht immer geradlinig verlaufen. Ein prägendes Beispiel stammt aus dem Jahr 2000, als es nach mehreren Wahlgängen schließlich ein Los entscheiden musste, wer den Landratsstuhl beziehen würde. Damals war Klaus Brodbeck der glückliche Gewinner, der durch das Losverfahren den Sprung ins Amt schaffte, nachdem drei Wahlgänge ohne klare Mehrheit endeten. Solche Umstände könnten auch bei der bevorstehenden Wahl zu einem Thema werden, da die Unterstützung innerhalb des Kreistags stark umkämpft ist.
Wahlverfahren und dessen Bedeutung
Die Wahl des Landrats im Ortenaukreis erfolgt nicht durch die Bevölkerung, sondern durch den Kreistag, der aus 81 Mitgliedern besteht. Um im ersten Wahlgang zu gewinnen, ist mehr als die Hälfte der Stimmen erforderlich, also mindestens 41. Kommt es zu keiner Entscheidung, folgt sogleich der nächste Durchgang. Dieser Modus sorgt regelmäßig für Spannung, wie in der jüngeren Vergangenheit zu beobachten war.
Nach den ersten beiden Durchgängen bleibt der Kandidat mit den meisten Stimmen übrig, sollte auch hier keine Entscheidung fallen, wird das Los gezogen. Damit könnte erneut die Sorge aufkommen, dass die Entscheidung nicht im politischen Dialog, sondern durch Zufall gefällt wird. Hierbei wird das älteste anwesende Mitglied des Kreistags den entscheidenden Zettel ziehen.
Der Wahlprozess wird von einigen Experten kritisch beurteilt. Jürgen Fleckenstein, Kommunalexperte an der Hochschule Kehl, betont, dass die Forderung nach einer Direktwahl des Landrats in den letzten Jahren immer wieder aufgekommen ist. „Eine solche Wahl wäre demokratischer und würde den gewählten Landrat stärker legitimieren“, erklärt er. Dennoch stellen die hohen Kosten eines Direktwahlkampfes in den Raum, was die Initiative in Baden-Württemberg erschwert. Ein Wahlkampf in einem großen Landkreis könnte demnach eine kostenintensive Angelegenheit sein, da die finanziellen Aufwendungen gerne in die Hunderttausende, wenn nicht sogar Millionen gehen können.
Ein weiteres Beispiel ist der Landkreis Sonneberg in Brandenburg, der auch ein direkt gewähltes Landratsamt hat. Im Juni 2023 gelang es dort einem AfD-Kandidaten, die Wahl zu gewinnen, was zeigt, dass in anderen Bundesländern solche Entwicklungen bereits Realität geworden sind. Diese Möglichkeiten scheinen im eher stabilen politischen Umfeld von Baden-Württemberg aktuell noch weit entfernt zu sein.
Richterlich und durch frühere Erfahrungen im Ortenaukreis sind sowohl die Wahl als auch die Diskussion um ihre Form ein Thema, das die Menschen bewegt. Zeigt sich etwa, dass ein Kandidat nicht über die notwendige Mehrheit in der Kreistagswahl kommen kann, wird der alte Vorfall aus dem Jahr 2000 sicherlich in Erinnerung bleiben, als dem Glück das Los folgte.
Die kommende Wahl am Dienstag wird somit nicht nur eine Entscheidung über die zukünftige politische Ausrichtung des Kreises darstellen, sondern auch einen weiteren Schritt im Diskurs über die Wahlmethoden auf lokaler Ebene. Die Wertigkeit der Wahl und ihre Durchführung wird von den Interessen der Bürger bestimmt, die trotz der politischen Gepflogenheiten ein Mitspracherecht für die Zukunft ihres Landkreises einfordern.
Angesichts der aktuellen Entwicklungen ist es unvermeidlich, die zukünftigen Politiken im Ortenaukreis mit Argusaugen zu verfolgen. Die heutigen Wahlen könnten als Wendepunkt gesehen werden – egal, ob sie erneut durch ein Los entschieden werden oder durch den Willen des Kreistags zu einem klaren Ergebnis führen.
In diesem Sinne bleibt nur abzuwarten, wie die Wahl ausgeht und welche Partei oder Person sich letztendlich durchsetzen kann, um die Geschicke des Ortenaukreises zu leiten. Informationen und Entwicklungen rund um die Wahl werden zudem fortlaufend bei bnn.de publik gemacht.