In Deutschland brodelt die Diskussion um die zukünftige medizinische Versorgung, besonders in ländlichen Regionen. Kurz bevor der Bundestag die lange erwartete Krankenhausreform verabschiedete, wurde bekannt, dass die Kassenärztliche Vereinigung Baden-Württemberg (KVBW) einen Plan zur Schließung von 17 Notfallpraxen, einschließlich dreier in der Region, in Erwägung zieht. Diese Nachricht sorgte für einen Sturm der Entrüstung.
Raphael Osmakowski-Miller, der Bürgermeister von Bad Saulgau, äußerte sich zu den Schließungsplänen empört. Er bezeichnete diese als „Katastrophe und unverantwortlich“ und warnte, dass es mittlerweile gefährlich sei, im ländlichen Raum zu leben, wo die medizinische Versorgung bereits unter Druck steht.
Fragen zur Verantwortung der Kassenärztlichen Vereinigung
Die Verantwortung der Kassenärztlichen Vereinigung wäre es, eine umfassende und wohnortnahe medizinische Versorgung zu gewährleisten. Dieses Versprechen scheint jedoch in Frage gestellt zu sein, vor allem angesichts der aktuellen Schließungspläne und der Sparmaßnahmen, die die Organisation eingeleitet hat. Einige Kommunen versuchen deshalb, die medizinische Versorgung auf eigene Faust sicherzustellen.
Ein Beispiel dafür ist die kleine Gemeinde Bingen mit ihren rund 2700 Einwohnern. Hier wurde die Praxis von Ernst Baar, die seit Jahrzehnten das medizinische Rückgrat der Gemeinde bildete, nach seinem Tod von den SRH Kliniken übernommen und in ein medizinisches Versorgungszentrum (MVZ) umgewandelt. Im Jahr 2026 wird jedoch der Mietvertrag auslaufen und SRH hat angekündigt, diesen nicht zu verlängern.
Obwohl die SRH Kliniken versichern, in den Standort investieren und die Allgemeinmedizinische Praxis in Bingen nicht schließen zu wollen, bleibt die Sorge um die zukünftige medizinische Versorgung der Gemeinde bestehen. Positive Nachrichten kommen jedoch von der Gemeinde selbst, die plant, auf einem seit Jahren ungenutzten Areal ein modernes Ärztehaus zu errichten. Die Kosten dafür belaufen sich auf etwa 1,4 Millionen Euro – ein enormes finanzielles Wagnis für eine kleine Gemeinde.
Der Rückzug von Gesundheitsdienstleistern
Die Situation im benachbarten Landkreis Biberach hat sich ebenso dramatisch entwickelt. Die Sana-Gruppe übernahm 2013 mehrere Kliniken und bescherte der Region ein neu errichtetes Zentralkrankenhaus. Doch bereits ein Jahr nach der Eröffnung schloss das geriatrische Zentrum in Laupheim. Die Schließung, die von Sana mit finanziellen Schwierigkeiten und einem Mangel an Patienten begründet wurde, hinterließ das Gebiet ohne die nötige medizinische Infrastruktur.
Die Schließung der Klinikgebäude ging mit einem Eigentumswechsel einher, der es dem Landkreis ermöglichte, 2,6 Millionen Euro in die Entwicklung eines Ärztehauses zu investieren. Landrat Mario Glaser betonte, dass zwar kein direkter Einfluss auf die ambulante Gesundheitsversorgung bestehe, jedoch die Schaffung entsprechender Rahmenbedingungen direkt gefördert werden könne.
Gleichzeitig erhoffen sich die Bürger von Riedlingen, die bereits vor vier Jahren den Verlust ihrer Klinik hinnehmen mussten, neue Perspektiven durch ein geplantes Ambulantes Medizinisches Dienstleistungszentrum. Hier hat eine regionale Bietergemeinschaft einen Mietvertrag mit der Stadt abgeschlossen, um die medizinische Versorgung endlich wieder auf die Beine zu stellen.
Die Herausforderungen bleiben jedoch groß. In Bad Waldsee, wo das örtliche Krankenhaus mittlerweile in ein MVZ umgewandelt wurde, ist die Lage angespannt. Der Rückzug mehrerer Hausärzte führte zu einem erheblichen Mangel an ärztlicher Betreuung in der Stadt. Trotz eines neuen Hausarztes, dessen Eröffnung sich verzögerte, ist die Versorgung nicht ausreichend gesichert.
Die aktuelle Situation zeigt, dass die medizinische Versorgung im ländlichen Raum immer unter Druck steht. Während viele Gemeinden nach Lösungen ringen, bleibt abzuwarten, ob die Kassenärztliche Vereinigung den nötigen Rückhalt geben kann, um die drohende Unterversorgung zu verhindern. Dies ist nicht nur eine Herausforderung für Politiker, sondern auch eine essentielle Frage für die Bürger, die auf eine zuverlässige medizinische Betreuung angewiesen sind. Für weitere Informationen zu dieser Angelegenheit siehe die aktuelle Berichterstattung auf www.schwaebische.de.