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Verfassungsgericht weist Antrag zur Entfernung der Judensau ab

Das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe hat am Samstag eine Verfassungsbeschwerde von Michael Düllmann gegen die antijüdische Schmähplastik "Judensau" an der Wittenberger Kirche abgewiesen, der Kläger plant nun, seine Klage vor den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte weiterzuführen, da er sich in seiner Menschenwürde und Religionsfreiheit verletzt sieht.

In einem aktuellen Urteil des Bundesverfassungsgerichts in Karlsruhe wurde ein Antrag zur Entfernung einer umstrittenen Schmähplastik abgelehnt. Der Beschluss wurde ohne jegliche Begründung erlassen, was die Aufmerksamkeit vieler geneigter Ohren auf sich zog. Der Kläger, Michael Düllmann, ein Mitglied einer jüdischen Gemeinde, strebt seit Jahren eine juristische Klärung in diesem sensiblen Thema an. Der 2022 bisher gescheiterte Versuch im Bundesgerichtshof (BGH) lässt die Fragen zu Menschenwürde und Religionsfreiheit erneut aufkommen.

Die gegenständliche Plastik, ein Sandsteinrelief mit dem Namen „Judensau“, hat eine lange und leidvolle Geschichte, die bis ins Jahr 1290 zurückreicht. Sie befindet sich in vier Metern Höhe an der Außenfassade der Stadtkirche in Wittenberg. Es ist ein Bild, das für viele Menschen anstößig und verletzend ist, da es einen braunen Bereich der Geschichte repräsentiert. Düllmann beabsichtigt nun, das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vor den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte zu bringen.

Die umstrittene Darstellungen und die historische Bedeutung

Das Relief zeigt ein Schwein, an dessen Zitzen Menschen saugen, die Juden darstellen sollen. Solche anti-jüdischen Darstellungen stammen aus dem 13. Jahrhundert und sind leider nicht nur ein Einzelfall. Ähnliche Spottbilder existieren auch an anderen Kirchen, darunter der Kölner und Regensburger Dom sowie am Dom zu Brandenburg. Diese Art von Kunstwerken sollte im Mittelalter insbesondere Juden davon abhalten, sich in Städten niederzulassen, und zeugen von einem tief verwurzelten Antisemitismus.

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Im Jahr 1988 wurde die Kirchengemeinde in Wittenberg aktiv, indem sie eine Bodenplatte und eine Stele installieren ließ, um über das „Zeugnis des christlichen Antijudaismus“ aufzuklären. Hierbei versucht die Gemeinde, sich vom verletzenden Inhalt des Reliefs zu distanzieren und hat dadurch maßgeblich zur Aufarbeitung der Geschichte beigetragen. Der BGH entschied, dass die Kirchengemeinde erfolgreich von dem verunglimpfenden Inhalt des Reliefs abgerückt ist und das einstige Schandmal als Mahnmal umgewandelt hat.

Die Richard-Kirche ist ein kontroverses Beispiel, das aufzeigt, wie tief Antisemitismus in der historischen Kunst verankert ist und welche Herausforderungen damit verbunden sind, diese Geschichte sinnvoll aufzuarbeiten. Düllmann sieht sich selbst durch das Relief in seiner Menschenwürde und Religionsfreiheit stark beeinträchtigt. Solch eine Sichtweise ist nicht unverständlich, wenn man bedenkt, dass viele Menschen der jüdischen Gemeinschaft unter den Folgen von jahrhundertelanger Diskriminierung weiterhin leiden.

Die anhaltenden juristischen Bemühungen von Düllmann sind nicht nur eine persönliche Angelegenheit; sie spiegeln auch einen breiteren Diskurs über die Bedeutung von Kunst und Erinnerungskultur in der modernen Gesellschaft wider. Es wird erwartet, dass diese Thematik, die sich mit den Wurzeln des Antisemitismus in der deutschen Kultur auseinandersetzt, auch auf europäischer Ebene diskutiert wird.

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Ein Blick auf die Zukunft

Die anhaltende Auseinandersetzung um die „Judensau“-Plastik macht deutlich, wie wichtig es ist, diese schwierigen Themen nicht zu ignorieren. Der Fall könnte dazu führen, dass auch andere Gemeinden ihre Relikte aus einer kritischen Perspektive überprüfen, und unterstreicht die Bedeutung von Aufklärung und geschichtlichem Verständnis. Während Düllmann weiterhin gegen die Schmähplastik vorgeht, sieht man in der Herangehensweise der Kirchengemeinde einen möglichen Weg, wie mit solchen heiklen Fragen umgegangen werden kann.

Jede Entscheidung im Umgang mit solchen Inhalten hat das Potenzial, die gesellschaftliche Diskussion über die Rolle von Kunst und Geschichtsverständnis voranzutreiben. Die Thematik führt uns vor Augen, dass wir aus der Geschichte lernen und in die Zukunft blicken müssen, um ähnliche Diskriminierungen und Vorurteile in der Gesellschaft durch Bildung und Offenheit zu begegnen.

Die Debatte um das Sandsteinrelief „Judensau“ an der Stadtkirche Wittenberg spiegelt tiefere gesellschaftliche und historische Fragen wider, die sich mit Antisemitismus und dessen Repräsentation im öffentlichen Raum befassen. Solche Darstellungen sind nicht nur Kunstwerke, sondern auch Zeugnisse der vorherrschenden Denkmuster und Vorurteile in der jeweiligen Zeit. In der Geschichte wurden diese Bilder häufig genutzt, um eine negative Wahrnehmung jüdischer Menschen in der Gesellschaft zu verstärken und sie stigmatisiert werden zu lassen.

Das Relief selbst ist ein Beispiel für die verbreitete antisemitische Propaganda des Mittelalters, die oft in Kirchen und öffentlichen Gebäuden zu finden war. Diese Darstellungen sollten nicht nur abschreckend wirken, sondern auch die Menschen dazu bringen, sich von judenfreundlichen oder toleranten Haltungen abzuwenden. In einem Zeitrahmen, der vom 13. bis ins 17. Jahrhundert reicht, finden sich solche Darstellungen in vielen europäischen Ländern. Diese Art der Kunst galt als ein Werkzeug zur Bestärkung von Vorurteilen und zur Mobilisierung der breiten Bevölkerung gegen jüdische Mitbürger.

Der rechtliche Rahmen und antisemitische Darstellungen

Die rechtlichen Auseinandersetzungen um das Relief verstärken die Diskussion über die Grenzen von Kunst und Meinungsfreiheit. Das Bundesverfassungsgericht befand die Entfernung des Reliefs als nicht notwendig, was die Position des Gerichts in Bezug auf die Freiheit der Kunst unterstreicht. Gesetze, die die Kunst- und Meinungsfreiheit schützen, stehen oft in einem Spannungsfeld zu den Anti-Diskriminierungsgesetzen, die darauf abzielen, Minderheiten zu schützen. Gegner argumentieren, dass das Relief nicht mehr zeitgemäß sei und rassistische Stereotype perpetuiere, während andere die Meinungsfreiheit und die künstlerische Verantwortung betonen.

In Wittenberg hat die Kirchgemeinde Schritte unternommen, um das Relief in den Kontext der Aufarbeitung von Antisemitismus zu stellen. Die Bodenplatte und die Stele sollen Passanten über die Bedeutung solcher Darstellungen informieren und zu einem kritischen Dialog anregen. Diese versuchte Rehabilitierung des Raums verweist auf eine beständige Auseinandersetzung mit der Vergangenheit. Das Ziel besteht darin, nicht nur das Verständnis für historische Ungerechtigkeiten zu fördern, sondern auch die eigene Verantwortung für die Vermittlung dieser Geschichte in der Gegenwart zu erkennen.

Zusammenhang mit modernen Diskussionen über Antisemitismus

Aktuelle Umfragen und Studien belegen, dass Antisemitismus in Deutschland nach wie vor ein ernstes Problem darstellt. Laut einer Studie der Friedrich-Ebert-Stiftung aus dem Jahr 2021 haben 36% der Befragten angegeben, dass sie bereits einmal antisemitische Äußerungen gehört haben. Solche Statistiken zeigen, wie wichtig es ist, sich mit dem Thema auseinanderzusetzen und eine Plattform für Bildung und Aufklärung zu bieten. Bildungseinrichtungen und öffentliche Foren nehmen eine entscheidende Rolle ein, um Vorurteile abzubauen und ein respektvolles Miteinander zu fördern.

In der gegenwärtigen gesellschaftlichen Diskussion wird auch der Zusammenhang zwischen historischen Darstellungen wie dem Wittenberger Relief und neu auftretendem Antisemitismus in den sozialen Medien und dem politischen Raum betrachtet. Dies weist auf die Notwendigkeit hin, vorurteilsfreies Denken zu schulen und die Geschichte anzuerkennen, um eine wiederholte Diskriminierung zu verhindern. Der Weg in die Zukunft erfordert sowohl den Dialog über unliebsame Aspekte der Geschichte als auch konkrete Maßnahmen gegen diskriminierendes Verhalten in der Gesellschaft.

– NAG

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