In der Innenstadt von Karlsruhe, genauer gesagt in der ältesten noch aktiv genutzten Kirche der Stadt, lässt sich nicht nur beten, sondern ebenfalls kreativ und produktiv arbeiten. Die Kleine Kirche hat sich einen innovativen Ansatz einfallen lassen, indem sie ihre Empore, die bislang selten für kirchliche Zwecke eingesetzt wurde, zu einem Co-Workingspace umfunktioniert hat. Dies wurde am Donnerstag von der Evangelischen Kirche in Karlsruhe bekanntgegeben.
Die Vision hinter diesem Konzept ist es, eine Arbeitsumgebung zu schaffen, die Menschen sowohl die Möglichkeit gibt, ihre beruflichen Aufgaben zu erledigen als auch den spirituellen Raum einer Kirche zu nutzen. Sieben mobile Arbeitsplätze sind im Rahmen dieses Projekts entstanden, was sowohl für Berufstätige als auch für Freiberufler eine flexible Option darstellt.
Einzigartige Kombination von Arbeit und Spiritualität
Das Besondere an dieser Initiative ist die Kombination von Co-Working mit einem funktionierenden Gottesdienstraum. Während es einige Kirchen gibt, die zu reinen Co-Workingspaces umgewidmet wurden, ist der Co-Workingspace in der Kleinen Kirche ein deutschlandweites Novum, da der Raum weiterhin für Gottesdienste und andere kirchliche Aktivitäten genutzt wird. Besucher haben die Freiheit zu wählen, wo sie arbeiten möchten: ob gemütlich auf einer Couch, an einem Schreibtisch, auf einer Kirchenbank oder doch lieber in einem Lounge-Bereich.
Claudia Rauch, die Pfarrerin der Alt- und Mittelstadtgemeinde, beschreibt das neuartige Raumangebot auch als „Co-Churching“. Sie hebt hervor, dass der Kirchraum als Ort der Besinnung erhalten bleibt. Dies ermöglicht eine spannende Interaktion zwischen dem Arbeitsalltag der Menschen und der ruhigen, kontemplativen Umgebung einer Kirche. „Oben kann man in einer besonderen Atmosphäre arbeiten, unten können Besucherinnen und Besucher eine Kerze anzünden, beten oder einfach zur Ruhe kommen“, erklärt Rauch und weist auf das harmonische Miteinander der verschiedenen Aktivitäten hin.
Der Begriff „Co-Churching“ spielt zudem auf die historische Benediktinische Tradition des „Ora et labora“ an, was so viel wie „Bete und arbeite“ bedeutet. Diese seit dem Spätmittelalter gelebte Lebensweise findet hier eine moderne Interpretation.
Die Künstlichkeit des Co-Workings wird durch die gediegene Atmosphäre der Kirche ergänzt. In der Kleinen Kirche steht das WLAN bereit, und die Arbeitsplätze sind gut organisiert, sodass Interessierte während der gesamten Woche von Montag bis Freitag, zwischen 9:00 und 16:00 Uhr, willkommen sind, um dort zu arbeiten. Diese Herangehensweise könnte insbesondere für Freelancer von Bedeutung sein, die oft nach inspirierenden Arbeitsumgebungen suchen, die über die üblichen Büros hinausgehen.
Ein Platz für alle
Die Evangelische Kirche in Karlsruhe unterstreicht, dass das Projekt der Kleinen Kirche nicht nur ein Ort für Produktivität ist, sondern auch einen Raum bietet, um innere Ruhe zu finden. In Zeiten, in denen viele Menschen nach Gleichgewicht zwischen Arbeit und persönlichen Bedürfnissen suchen, bietet dieses Konzept eine ansprechende Lösung. Es zeigt, wie religiöse Räume auf innovative Weise neu interpretiert werden können.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Kleine Kirche in Karlsruhe nicht nur ein architektonisches Erbe ist, sondern auch ein Ort, der sich mit den Bedürfnissen der modernen Gesellschaft verbindet. Mehr als nur eine religiöse Stätte, fungiert sie nun als kreative Oase, wo Arbeit und Spiritualität eine harmonische Symbiose eingehen können. Diese Initiative lässt sich als positives Beispiel für andere Kirchen betrachten, die möglicherweise ähnliche Veränderungen in Erwägung ziehen, um ihren Raum zeitgemäß zu nutzen.
Spirituelles Arbeiten: Ein neues Paradigma
Der Co-Workingspace in der Kleinen Kirche könnte als Vorbild für zukünftige Projekte in Deutschland und darüber hinaus dienen, die zeigen, wie man traditionelle Räume in einem modernen Kontext nutzen kann. Die Kombination von beruflicher Betätigung und spiritueller Präsenz schafft ein anregendes Umfeld, das sowohl erfüllt als auch inspiriert. Der Trend, spirituelle Orte als multifunktionale Räume anzusehen, könnte einen Wandel in der Kultur des Arbeitens hervorrufen, was den Arbeitsplatz neu definieren könnte.
Die Rolle von Co-Working-Space in der modernen Gesellschaft
Co-Working-Spaces haben in den letzten Jahren an Popularität gewonnen, besonders in städtischen Gebieten, wo flexible Arbeitsmodelle und innovative Ideen auf fruchtbaren Boden treffen. Diese Arbeitsumgebungen bieten nicht nur einen Ort zum Arbeiten, sondern fördern auch den Austausch zwischen kreativen Menschen und unterschiedlichen Berufsgruppen. Die Trendwende hin zu flexibleren Arbeitsplätzen ist auch eine Reaktion auf die zunehmende Digitalisierung und das Bedürfnis nach besseren Vereinbarungen zwischen Berufs- und Privatleben.
In Deutschland sind Co-WorkingSpaces mittlerweile in vielen Städten zu finden, von großen Metropolen bis hin zu kleineren Gemeinden. Diese Einrichtungen stellen Arbeitsplätze bereit, die oft mit modernen Annehmlichkeiten ausgestattet sind, und bieten gleichzeitig eine Community für Freiberufler, Unternehmer und Start-ups. Der Co-Working-Space in der Kleinen Kirche Karlsruhe ist jedoch besonders einzigartig, da er nicht in einem typischen kommerziellen Rahmen entstanden ist, sondern in einem aktiv genutzten Raum, der auch spirituelle und gemeinschaftliche Funktionen erfüllt.
Besonderheiten des Projekts „Co-Churching“
Das Konzept des „Co-Churching“, das von der Pfarrerin Claudia Rauch entwickelt wurde, zielt darauf ab, die Grenzen zwischen Arbeit und Geistigkeit zu verwischen. Menschen, die in der Kirche arbeiten, können die ruhige Atmosphäre des Raumes nutzen, um sich besser auf ihre Aufgaben zu konzentrieren. Dieser Ansatz könnte möglicherweise den traditionellen Blick auf Kirchenräume neu definieren und sie als Orte der Begegnung und des Austauschs positionieren, nicht nur als Orte des Gottesdienstes.
Die Idee, kirchliche Räume für moderne Arbeitsformen zu transformieren, steht in der Tradition der Kirchen, sich an gesellschaftliche Veränderungen anzupassen. In einer Zeit, in der viele Menschen nach einem Sinn in ihrer Arbeit suchen, bietet dieser hybride Raum die Möglichkeit, Spiritualität und Professionalität miteinander zu verbinden. Die Möglichkeit, einen Moment der Stille zu genießen oder eine Kerze anzuzünden, während man an einem Projekt arbeitet, könnte für viele eine bereichernde Erfahrung sein, die weit über den Arbeitstag hinausgeht.
Wachsender Trend: Co-Working in Kirchen
In Deutschland gibt es bereits mehrere Beispiele, in denen Kirchen oder religiöse Einrichtungen sich angepasst haben, um Co-Working-Spaces anzubieten. Kirchenordnungen und Gemeindeleben im Wandel der Zeit zeigen, wie dynamisch solche Räume genutzt werden können.
Laut einer Studie des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales ist die Zahl der Menschen, die im Homeoffice oder mobilen Arbeiten tätig sind, stark gestiegen. Dieser Wandel hat zu einem erhöhten Bedarf an flexiblen Arbeitsplätzen geführt, die auch gemeinschaftliche Aspekte berücksichtigen. Kirchenräume bieten eine einzigartige Kombination aus ruhiger Atmosphäre, historischem Charme und sozialen Interaktionen, die in traditionellen Büroumgebungen oft fehlen.
Das Projekt in Karlsruhe zeigt, wie Kirchen weiterhin eine Rolle in der modernen Gesellschaft spielen können, indem sie sich an die Bedürfnisse der Menschen anpassen und gleichzeitig ihre religiöse Identität bewahren. Es bleibt abzuwarten, wie dieses Modell von anderen Kirchen und Gemeinden aufgegriffen wird und ob ähnliche Initiativen entstehen werden, um den wachsenden Anforderungen an flexible Arbeitsmodelle gerecht zu werden.
– NAG