In der digitalen Welt ist Cybermobbing zu einem drängenden Thema geworden, das immer mehr Menschen betrifft. Eine aktuelle Umfrage des Civey-Forschungsinstituts, in Auftrag gegeben von der Cybermobbing-Hilfe in Schwerte, zeigt, dass eine überwältigende Mehrheit der Befragten, etwa 76 Prozent, das Problem als gravierend einschätzt. Dies deckt sich mit den Aussagen von Lukas Pohland, dem Vorsitzenden des Vereins, der die hohe Unzufriedenheit mit den bestehenden Gesetzen betont.
Obwohl fast zwei Drittel der Teilnehmer die aktuellen strafrechtlichen Regelungen als unzureichend ansehen, gibt es einen klaren Wunsch nach Veränderungen. Besonders ein eigener Straftatbestand für Cybermobbing wird als sinnvoll erachtet, mit rund 64 Prozent. Diese Bestrebungen machen deutlich, dass die Öffentlichkeit nicht länger tatenlos zusehen möchte, wenn es um das Wohl der von Cybermobbing Betroffenen geht.
Unzureichende gesetzliche Rahmenbedingungen
Das Fehlen eines spezifischen Gesetzes gegen Cybermobbing in Deutschland wird von Experten und Betroffenen als alarmierend empfunden. Länder wie Österreich und Frankreich haben bereits wirksame rechtliche Maßnahmen ergriffen, die sowohl Opferschutz als auch Prävention berücksichtigen. Die Dringlichkeit eines solchen Gesetzes wird unterstrichen durch die Tatsache, dass viele Menschen sich nicht darüber im Klaren sind, dass das Verbreiten von beleidigenden Inhalten tatsächlich strafbar ist, wie Uwe Leest, der Vorstandsvorsitzende des Bündnisses gegen Cybermobbing, erklärt.
Ein weiteres Problem sei, dass Meldungen über Cybermobbing häufig nicht ernst genommen werden. Wie Leest beschreibt, landen solche Fälle oft am Ende der Prioritätenliste der Polizei. Dies führt dazu, dass die Betroffenen nicht nur mit den Schäden des Mobbings zu kämpfen haben, sondern auch mit einem Gefühl der Hilflosigkeit, da ihre Anliegen nicht die nötige Aufmerksamkeit erhalten.
Die Zunahme von Cybermobbing wird besonders unter Jugendlichen im Alter von 10 bis 18 Jahren verzeichnet, wo bis zu 30 Prozent mit diesen Erfahrungen konfrontiert sind. Diese Zahlen zeigen, dass das Problem potenziell jeden treffen kann, unabhängig von Geschlecht oder sozialen Umständen.
Gravierende Folgen für die Betroffenen
Die Konsequenzen von Cybermobbing sind oft schwerwiegend. Psychische Belastungen, die sich in Form von Angstzuständen, Rückzug von sozialen Kontakten, Essstörungen oder sogar suizidalen Gedanken äußern können, sind häufig. Uwe Leest berichtet, dass diese psychischen Verletzungen langfristige Auswirkungen haben können. Die emotionalen und psychischen Beeinträchtigungen der Opfer sind ernst zu nehmen und erfordern jährliche Gespräche sowie Unterstützung.
In diesem Kontext sind Peer-to-Peer-Beratungsangebote, wie sie von Lukas Pohland und seinen Mitstreitern betrieben werden, von großem Wert. Jugendliche bieten sich gegenseitig Hilfe an und schaffen so eine Verbindung auf Augenhöhe, die für die Betroffenen oft von Bedeutung ist.
Die unverblümte Realität des digitalen Zeitalters ist jedoch, dass Mobbing über das Internet weit verbreitet ist und völlig ungehindert im Netz stattfindet. Dies wurde auch von der Missbrauchsbeauftragten der Bundesregierung, Kerstin Claus, betont, dass der Kinderschutz im Internet unzureichend sei. Es ist daher ein dringender Appell an die Politik, den digitalen Raum ebenso zu regulieren wie den physischen Raum.
Die Verantwortung liegt nicht nur bei den Gesetzgebern, sondern auch bei Eltern und Schulen, die das Bewusstsein für Cybermobbing stärken und präventive Maßnahmen ergreifen müssen. Schulen spielen eine entscheidende Rolle, indem sie Täter identifizieren und gegebenenfalls vom Unterricht ausschließen, um ein klares Zeichen gegen Mobbing zu setzen.
Die Notwendigkeit eines eigenen Straftatbestands für Cybermobbing wird von vielen Experten als entscheidend angesehen. Ein solches Gesetz könnte nicht nur Täter abschrecken, sondern auch Betroffenen mehr Sicherheit und Ermutigung bieten, sich Hilfe zu suchen. Der Dialog über Cybermobbing ist noch lange nicht abgeschlossen, und es bleibt zu hoffen, dass die gesetzgeberischen Maßnahmen im Einklang mit den Bedürfnissen der Gesellschaft weiter ausgebaut werden.
– NAG