Die bevorstehende Erntezeit bringt nicht nur Freude für Landwirte, sondern auch eine beunruhigende Realität: der Obstklau. Was auf den ersten Blick wie ein kleiner Verstoß erscheint, entwickelt sich in einigen Regionen zu einem ernsthaften Problem für die Bauern. Helmut Bleher, Geschäftsführer des Bauernverbandes Schwäbisch Hall – Hohenlohe-Rems, berichtet von vermehrten Diebstählen, die den Landwirten massive Schwierigkeiten bereiten.
Die Dimensionen des Diebstahls sind bemerkenswert. Kleinere Landwirte, die oft nur eine halbe Hektar Fläche bewirtschaften, sind besonders betroffen. Mitglieder des Verbandes berichten von Kartoffelsäcken, die am Abend geerntet und am nächsten Morgen gestohlen wurden. Bleher verweist auch auf einen Vorfall im Großraum Heilbronn-Öhringen, in dem eine komplette Apfelplantage komplett leergeräumt wurde. Dies sind nicht nur Einzelfälle; die Polizei hat über 50 Kilogramm Mirabellen dokumentiert, die in Magstadt gestohlen wurden, obgleich der genaue Umfang solcher Delikte im Land unbekannt bleibt.
Die Unsichtbarkeit des Problems
Die genaue Anzahl an gestohlenem Obst und die wirtschaftlichen Schäden, die dadurch entstehen, lassen sich kaum beziffern. Weder der Landesbauernverband noch der Landesverband Erwerbsobstbau Baden-Württemberg können verlässliche Zahlen vorlegen. Das Phänomen des Mundraubs, das vor allem in der Nähe von Stadtgebieten oder viel frequentierten Wander- und Radwegen zunimmt, wird jedoch als ernstzunehmendes Problem wahrgenommen. Eine Sprecherin des LVEO macht deutlich, dass die Auswirkungen variieren, abhängig von der Anzahl der möglichen Diebe. Während 100 Touristen je einen Apfel pflücken, ist der Eingang von Diebstahl durch eine Einzelperson eine andere Dimension.
Eine hohe Dunkelziffer ist zu verzeichnen, wie Simon Schumacher, Geschäftsführer des Verbandes Süddeutscher Spargel und Erdbeerbauern, erklärt. Obgleich die Landwirte über diese Problematik nicht oft sprechen, um Nachahmer abzuschrecken, haben sie dennoch Maßnahmen ergriffen, um auf die Problematik aufmerksam zu machen. Ein Aufkleber, der einen maskierten Dieb mit einem gefüllten Sack zeigt und die Worte „Ernten ist verboten“ trägt, soll das Bewusstsein schärfen.
Ablauf und Folgen des Diebstahls
Obwohl die Landwirte bei der Polizei Anzeige erstatten können, ist die Wahrscheinlichkeit, dass die Täter gefasst werden, eher gering. Bleher beschreibt die Aufklärungsquote als unzureichend und verweist auf die steigenden Lebensmittelpreise als möglichen Grund für die Zunahme der Diebstähle. Ein weiteres Problem besteht in den von den Dieben hinterlassenen Schäden, die besonders bei Betrieben im Getreide- oder Maisbereich Bedenken hervorrufen. Der Geschäftsführer des Kreisbauernverbands Sigmaringen-Biberach, Niklas Kreeb, betont, dass sich viele Landwirte über die Zerstörungen ärgern, die beim Klauen angerichtet werden. Sie wünschen sich oft einfach nur eine vorherige Anfrage.
Obwohl auch in Weinbergen gelegentlich Trauben entwendet werden, gibt es bislang keine nennenswerten Auswirkungen. Hermann Morast, Geschäftsführer des Weinbauverbands Württemberg, erklärt, dass solche Vorfälle vereinzelt vorkommen, jedoch keine signifikanten Probleme darstellen.
In einer Vielzahl von Fällen ist jedoch Ernten ganz legal möglich. Aktionen wie das „Gelbe Band“, das an Obstbäumen befestigt wird und darauf hinweist, dass dort gepflückt werden darf, bieten eine Alternative. Die Stadt Mosbach hat die Problematik der Obstverschwendung aufgegriffen und sieht darin eine Chance, etwas gegen Lebensmittelverschwendung zu unternehmen. Außerdem empfiehlt der LVEO, beim Kauf auf lokale Produkte zu setzen; ob im Hofladen, auf dem Wochenmarkt oder im Supermarkt.
– NAG