Die Deutsche Schlaganfall-Hilfe hat kürzlich ihre diesjährigen Nominierungen für den mit Spannung erwarteten Motivationspreis bekannt gegeben. Unter den Anwärtern in der Kategorie „Betroffene“ ist auch die engagierte Ruth Pietsch aus Friedrichshafen. Der Preis wird im November überreicht und zielt darauf ab, Menschen zu würdigen, die sich durch persönliches Engagement und Vorbilder für andere stark machen.
Ruth Pietsch, die sich vor vier Jahren mit einem Schlaganfall konfrontiert sah, erzählt von einem bewegenden Schicksalsschlag, der ihr Leben veränderte. Als sie 2020 ein Praktikum in einem Pflegeheim absolvierte, erlebte sie unerklärliche Symptome, die sie zu ihrem Hausarzt führten. Die anschließende Diagnose „Schlaganfall“ stellte ihre Welt auf den Kopf. Der Vorfall ist nicht nur ein persönlicher Rückschlag, sondern auch ein Zeichen für die zahlreichen Ungewissheiten, mit denen viele Schlaganfall-Patienten leben müssen.
Ein Jahr der Rehabilitation
Nach ihrer Diagnose wurde Ruth Pietsch zur Behandlung auf die Stroke Unit in Friedrichshafen gebracht. Trotz eines anfänglichen Rückschlags konnte sie äußerlich nahezu gesund nach Hause zurückkehren. Doch die innere Widerstands- und Konzentrationsfähigkeit ließ zu wünschen übrig. Viele Patienten kämpfen mit neuropsychologischen Herausforderungen, und Peters Erfahrungen bestätigten die Statistiken: Bei rund 80 Prozent der Betroffenen treten solche Symptome auf, und bei ihr blieben sie hartnäckig.
Um sich an die neue Lebenssituation anzupassen, beantragte sie eine einjährige Auszeit von ihrer Ergotherapie-Ausbildung. Sie beschreibt diese Phase als „das härteste Jahr“ ihres Lebens, was den enormen emotionalen und physischen Druck verdeutlicht, dem viele Schlaganfall-Opfer ausgesetzt sind. In dieser Zeit mussten Ruth und ihre Angehörigen lernen, mit den neuen Realitäten umzugehen.
Ein neues Kapitel im Berufsleben
Im Jahr 2022 konnte Ruth schließlich ihr Examen ablegen, ein Meilenstein, der sowohl persönliche als auch berufliche Bedeutung hat. In einem Gespräch mit der Deutschen Schlaganfall-Hilfe äußerte sie: „Es ist fantastisch, zu sehen, wie sich ein Gehirn verändern kann“. Denn während der Heilungsprozess Fortschritte zeigte, wurde ihr auch bewusst, wie wichtig Pausen und Selbstfürsorge für den Erhalt neuer neuronaler Verbindungen sind.
Trotz aller Herausforderungen war Ruth Pietsch entschlossen, ihrer Leidenschaft nachzugehen. Heute arbeitet sie Teilzeit in einer Ergotherapiepraxis. Dort hilft sie vielen Menschen mit neurologischen Erkrankungen und kann ihre eigenen Erfahrungen ganz konkret einbringen. Ihre Fähigkeit, sich in die Lage ihrer Patienten hineinzuversetzen, ermöglicht es ihr, eine unterstützende und empathische Umgebung zu schaffen.
„Ich kann mich in sie hineinversetzen und weiß, wie hilflos man sich fühlt“, sagt sie. Diese Verbindung macht ihren Beruf nicht nur erfüllend, sondern gibt auch den Patienten Hoffnung und Vertrauen in die Möglichkeit eines Fortschritts.
Die Preisverleihung, die am 15. November stattfindet, wird von der Präsidentin der Stiftung, Liz Mohn, geleitet. Ruth Pietsch bringt die Zuversicht zum Ausdruck, dass ihre Geschichte anderen Mut machen kann: „Mit meiner Geschichte möchte ich anderen betroffenen Menschen Mut machen und zeigen, zu welchen Leistungen ein erkranktes Gehirn fähig sein kann.“ Damit bietet sie mehr als nur Inspiration – sie gibt Hoffnung für viele, die ähnliche Herausforderungen zu bewältigen haben. Die Nominierung allein ist für sie eine wertvolle Anerkennung und Grund zur Freude, die über ihre persönlichen Grenzen hinausgeht.