Esslingen am Neckar ist nicht nur für seine historische Altstadt bekannt, sondern birgt auch eine sagenumwobene Geschichte, die bis in das 16. Jahrhundert zurückreicht. Der Postmichelbrunnen erfüllt eine bedeutende Rolle in dieser Erzählung, die von Tragik und Ungerechtigkeit geprägt ist. In der Region Stuttgart kursiert die Sage des Postmichel, die sich um einen Postboten dreht, der zu Unrecht des Mordes verurteilt wurde und dessen geistige Präsenz noch lange nach seinem Tod spürbar war.
Ein Brunnensymbol, das die Geschichte des Postmichels erzählt, ist in der Fischbrunnenstraße zu finden. Der Brunnen selbst ist ein Laufbrunnen, der aus naturbelassenen Steinen gefertigt ist und mit mehreren Reliefs versehen wurde, die die unglückselige Erzählung visualisieren. Auf einem der Reliefs wird die Figur des Postmichels zu Pferd abgebildet, ein Bild, das in Esslingen heute noch für Stadtführungen genutzt wird, um Touristen und Einheimische an die düstere Geschichte zu erinnern.
Der Postmichel: Ein Opfer der Justiz
Die Legende beginnt vor über 500 Jahren. Ein wohlhabender Bürger wurde tot vor den Toren Stuttgarts aufgefunden, und die Umstände seines Todes blieben lange Zeit im Dunkeln. Der Postreiter Michael Banhard, der zufällig einen goldenen Siegelring fand, geriet ins Visier der Stadtwachen. Obwohl er vehement seine Unschuld beteuerte, wurde er schließlich ins Gefängnis geworfen, gefoltert und zu Unrecht zum Tode verurteilt.
Sein letzter Wunsch war es, noch einmal in sein Posthorn zu blasen. Dies geschah am Hinrichtungsort, wo er verkündete, dass er am Michaelistag immer wieder erscheinen würde, bis sein Mörder gefunden sei. Er wurde hingerichtet, und der Geisterritt, bei dem sein kopfloser Geist durch die Straßen Esslingens ritt, dauerte über vier Jahrzehnte. Erst als der wahre Mörder, sein Neffe, auf seinem Sterbebett gestand, konnte die ruhelose Seele des Postmichels Frieden finden.
Die schaurige Geschichte um den Postmichel und seinen Brunnen sensibilisiert die Menschen nicht nur für die dunklen Seiten der Geschichte, sondern regt auch an, über das Thema Gerechtigkeit und die Möglichkeiten von Fehlurteilen nachzudenken. Der Brunnen selbst hat sich zu einem bedeutenden Symbol entwickelt, das heute nicht nur Historiker, sondern auch zahlreiche Touristen anzieht, die in die mystische Atmosphäre Esslingens eintauchen möchten.
Die Sage bewahren und erleben
In Esslingen werden spezielle Führungen angeboten, die sich mit der Sage des Postmichels beschäftigen. Die Führungen haben nicht nur den Zweck, Touristen die tragische Geschichte näherzubringen, sondern auch das kulturelle Erbe der Region zu bewahren. Besucher können die Reliefs am Brunnen bestaunen und die Orte erkunden, die eine zentrale Rolle in der Geschichte des Postmichels gespielt haben.
Die Geschichte des Postmichels und der Brunnen sind mehr als nur lokale Attraktionen – sie sind Teil des kulturellen Gedächtnisses Deutschlands und erinnern uns an die Unsicherheiten der Vergangenheit. Wenn das nächste Mal jemand in der Nähe des Postmichelbrunnens vorbei schlendert, könnte es gut sein, dass sie sich auch auf die Suche nach den Schatten der Vergangenheit machen.
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