Die Diskussion um die Schließung von Bereitschaftspraxen in Baden-Württemberg, insbesondere in Ellwangen, hat an Intensität gewonnen. Winfried Mack, der CDU-Landtagsabgeordnete, äußert heftige Kritik an den Plänen der Kassenärztlichen Vereinigung Baden-Württemberg (KVBW), die insgesamt 17 weitere Bereitschaftspraxen schließen möchte. Mack sieht hierin einen klaren Verstoß gegen die gesetzlichen Verpflichtungen der KVBW, die sich dem Sozialgesetzbuch V (SGB V) unterstellt. Diese Regelung erfordert, dass die ambulante medizinische Versorgung, insbesondere auch außerhalb der regulären Praxisöffnungszeiten, hochwertig gewährleistet wird.
„Die KVBW kommt damit ihrer gesetzlichen Pflicht nicht mehr nach“, erklärt Mack entschieden. Insbesondere im Ostalbkreis, wo die hausärztliche Versorgung bereits auf der Kippe steht, befürchtet er dramatische Folgen für die Gesundheitsversorgung der Bevölkerung. „Es sind über 30 Prozent der Hausarztsitze nicht besetzt“, führt er weiter aus. Er fordert die KVBW auf, von ihrem Vorhaben Abstand zu nehmen und die bestehenden Strukturen zu sichern.
Fehlgeleitete Kriterien der KVBW
Ein zentraler Punkt der Kritik von Mack sind die von der KVBW formulierten Kriterien für die Beibehaltung von Bereitschaftspraxen. Er stellt fest, dass diese nicht nur verfehlt, sondern auch gefährlich für die medizinische Versorgung sind. Beispielsweise plant die KVBW, dass in jedem Landkreis nur noch maximal zwei allgemeine Praxen bestehen sollen. Mack lehnt dies als falsches Planungskriterium ab und weist auf die Vorgaben der Bedarfsplanrichtlinie hin, nach denen die hausärztliche Versorgung nicht nach Landkreisen, sondern über die Mittelbereiche hinweg strukturiert werden müsse.
„Das widerspricht den Bundesvorgaben“, betont Mack. Der Ostalbkreis, der eine große Fläche und mehrere Mittelzentren umfasst, brauche eine angepasste Strategie, um den medizinischen Bedarf zu decken. Bisher gab es drei Bereitschaftspraxen im Ostalbkreis, die jetzt gefährdet sind.
Ein weiteres Kriterium der KVBW besagt, dass Praxen nur an Orten bestehen sollen, an denen es ein Krankenhaus mit Notaufnahme gibt. Für Mack ist dies besonders kritisch: „Gerade in Regionen, in denen eine Notaufnahme 30 Minuten nicht erreicht werden kann, fehlt es an ausreichendem medizinischen Zugang. Diese Praxen sind für die Abend- und Nachtzeiten unerlässlich.“
Ein drittes Kriterium ist die Anfahrtszeit zur nächsten Praxis, die laut KVBW maximal 45 Minuten betragen soll. Mack beschreibt das als inakzeptabel: „Bisher war die Regelung 30 Minuten. In einer alternden Gesellschaft müssen wir schnellere Zugänge garantieren. 45 Minuten werden zu einer massiven Schwächung der Versorgungsstrukturen führen.“
Diese Überlegungen führten Mack zu der Überzeugung, dass die KVBW mit ihren aktuellen Argumenten nicht nur fehlerhaft rechne, sondern auch ihrer Verantwortung nicht nachkomme. „Wenn die KVBW sagt, sie könne mit immer weniger Hausärzten nicht mehr genug Qualität bieten, dann ist das eine Bankrotterklärung“, so Mack. Die Kassenärztliche Vereinigung sei verpflichtet, geeignete Maßnahmen zu ergreifen, um die Situation zu verbessern.
Besondere Herausforderungen im Ostalbkreis
Im Ostalbkreis sind diese Überlegungen besonders brisant. Nach der kürzlichen Schließung der interdisziplinären Notaufnahme in Ellwangen befürchtet Winfried Mack, dass eine Schließung der Bereitschaftspraxis die Situation weiter verschärfen würde. „Wenn jetzt auch die Bereitschaftspraxis geschlossen wird, können wir die Auswirkungen nicht mehr ignorieren“, warnt er und weist auf die drohende Unterversorgung hin.
Im Raum Ellwangen, der 50.000 Einwohner umfasst, könnten in den Abend- und Nachtstunden nur noch minimal medizinische Ressourcen vorhanden sein. Mack hebt hervor, dass in diesen Zeiten nur ein internistischer Arzt zur Verfügung stehen würde, was nicht ausreiche, um die Bedürfnisse der Bevölkerung zu decken.
„In Aalen gibt es die nächste interdisziplinäre Notaufnahme und Bereitschaftspraxis für den östlichen Teil des Landkreises. Diese muss dann eine Population bis zu 190.000 Menschen versorgen“, erklärt er weiter. Schon jetzt sei der Druck auf die Notaufnahmen in Aalen enorm, und die zu erwartenden Wartezeiten könnten einfach unzumutbar werden.
Zusammenfassend kritisiert Mack, dass weniger funktionierende Strukturen in Notaufnahmen und Bereitschaftspraxen dazu führen, dass die Last beim Rettungsdienst landet, der nicht in der Lage ist, diese Herausforderung zu bewältigen. Er sieht die Notwendigkeit, die medizinische Versorgung nicht nur in einzelnen Bereichen, sondern ganzheitlich zu betrachten und fordert alle Beteiligten auf, gemeinsam nach Lösungen zu suchen.
„Eine klare Regelung für die Zugänglichkeit der medizinischen Versorgung ist notwendig: 30 Minuten bis zur nächsten Notaufnahme und 30 Minuten zur nächsten Bereitschaftspraxis – das macht Sinn“, sagt Mack abschließend und betont seinen fortwährenden Einsatz für die medizinische Erreichbarkeit in der Region.
Die Schließungspläne der KVBW haben somit weitreichende Implikationen und könnten die Versorgung der Bevölkerung in der Region nachhaltig gefährden. Das Thema bleibt aktuell und verlangt nach einer gründlichen Diskussion und möglichen Anpassungen durch die Verantwortlichen.
Weitere Informationen zu diesem Thema finden sich in einem aktuellen Bericht auf www.schwaebische.de.