Bonn (ots)
Die humanitäre Krise im Sudan erreicht einen alarmierenden Höhepunkt, denn der Konflikt dauert nun bereits 500 Tage. In dieser dramatischen Zeit wurden über 18.000 Menschen getötet und etwa 33.000 verletzt, während offiziell zehn Millionen Menschen aus ihren Heimatorten vertrieben wurden. Besonders besorgniserregend ist, dass fast die Hälfte der sudanesischen Bevölkerung, etwa 25,6 Millionen Menschen, an Hunger leidet.
Der Länderdirektor von CARE Sudan, Abdirahman Ali, äußerte sich besorgt über die Situation: „Die Welt darf nicht länger die Augen vor der eskalierenden Zerstörung und dem Leid verschließen.“ Die gesundheitliche Versorgung ist stark beeinträchtigt, da das Gesundheitssystem im Land nahezu zusammengebrochen ist. Humanitäre Helfer:innen stehen vor großen Herausforderungen, die Notleidenden zu erreichen. Zudem sind Frauen und Mädchen ständiger Angst vor geschlechtsspezifischer Gewalt ausgesetzt.
Zusätzliche Herausforderungen durch Überschwemmungen
Die Situation wird durch die jüngsten Überschwemmungen noch verschärft. Diese Naturkatastrophe führte zur Zerstörung von Häusern und Flüchtlingslagern, während viele Straßen unerreichbar geworden sind. Die Lieferung von Hilfsgütern wird somit stark behindert. Verunreinigtes Wasser hat zur Verbreitung von Krankheiten wie Cholera geführt, die bereits 22 Menschenleben gefordert hat. Zusätzlich sind mehr als 75 Prozent der Gesundheitszentren im Sudan entweder zerstört oder nicht funktionsfähig, sodass unzählige Menschen akut ohne medizinische Versorgung sind.
Die Nahrungsmittelversorgung ist ebenfalls gefährdet, da viele Landwirt:innen während der Anbausaison ihre Felder nicht bestellen konnten. Gründe sind unter anderem der fehlende Zugang zu Märkten und der Mangel an finanzierbarem Saatgut. In verschiedenen Regionen, insbesondere in Ost-Darfur, wurde bereits eine Hungersnot ausgerufen, was die Dringlichkeit der Lage verdeutlicht.
Die Rolle von CARE und der internationale Aufruf zur Hilfe
CARE engagiert sich seit 1979 im Sudan und bietet Unterstützung durch Gesundheits- und Ernährungsprogramme an. Derzeit betreuen sie über 83 Gesundheitseinrichtungen in sechs Bundesstaaten, die lebensrettende Leistungen anbieten. Abdirahman Ali fordert einen sofortigen Waffenstillstand zum Schutz der Zivilbevölkerung und einen ungehinderten Zugang zu humanitärer Hilfe. Alle Konfliktparteien müssen die Sicherheit der humanitären Helfer:innen und der kritischen Infrastruktur, einschließlich der Krankenhäuser, gewährleisten.
Die globale Gemeinschaft wird aufgefordert, die Augen nicht vor dieser sich zuspitzenden humanitären Krise zu verschließen. Das Leiden von Millionen Menschen in einem Land, dessen Bevölkerung von Krieg, Hunger und Krankheiten betroffen ist, erforderlich eine kollektive Anstrengung zur Linderung dieser Not. Abdirahman Ali fasst es treffend zusammen: „Konflikt, Hunger, Krankheiten und Überschwemmungen halten Millionen Menschen in einer Spirale der Zerstörung gefangen.“
Die internationalen Hilfsorganisationen müssen jetzt mehr denn je zusammenarbeiten, um die humanitären Auswirkungen dieser Krise zu bekämpfen und den Menschen im Sudan eine Perspektive auf eine bessere Zukunft zu bieten.
Aktuelle humanitäre Lage im Sudan
Die humanitäre Lage im Sudan hat sich in den letzten Monaten dramatisch verschlechtert. Laut dem Welternährungsprogramm (WFP) sind die Nahrungsmittelpreise in den letzten 12 Monaten um bis zu 150 Prozent gestiegen. Dies liegt nicht nur an der anhaltenden Gewalt, sondern auch an den globalen wirtschaftlichen Turbulenzen, die durch die COVID-19-Pandemie und den Ukraine-Konflikt verursacht wurden. Diese Faktoren haben die Fähigkeit der Menschen, sich Nahrungsmittel zu leisten, erheblich beeinträchtigt und viele in eine existenzielle Notlage gedrängt.
Zusätzlich zur Ernährungskrise haben humanitäre Organisationen Schwierigkeiten, ausreichend Hilfe zu leisten. Berichten zufolge sind über 5 Millionen Kinder im Sudan von akuter Unterernährung betroffen, und Experten warnen, dass dieser Zustand sich weiter verschlimmern könnte, wenn nicht schnell Maßnahmen ergriffen werden. Laut UNICEF müssen dringend Kinder in entlegenen Gebieten erreicht werden, wo die gesundheitlichen Dienstleistungen stark eingeschränkt sind.
Internationale Reaktion und Unterstützung
Die internationale Gemeinschaft hat auf die Krisensituation im Sudan reagiert, jedoch ist die Unterstützung oft unzureichend im Vergleich zu den tatsächlichen Bedürfnissen. Ende 2023 haben verschiedene Staaten und Organisationen, darunter die Vereinten Nationen, Gelder in Höhe von mehr als 1 Milliarde US-Dollar zugesagt, um die humanitäre Hilfe zu unterstützen. Dennoch schätzen Experten, dass mindestens 3 Milliarden US-Dollar benötigt werden, um den akuten Bedürfnissen gerecht zu werden, insbesondere angesichts der katastrophalen Versorgungslage in vielen Regionen.
Die Komplexität des Konflikts erschwert das humanitäre Engagement. Einige Geberländer sind zögerlich, die Hilfe zu verstärken, solange unverbindliche politische Lösungen im Raum stehen. Außerdem meldeten Hilfsorganisationen, dass ministerielle und behördliche Hürden es zunehmend schwieriger machen, Hilfsgüter zu verteilen, was mehr Druck auf die Zivilbevölkerung ausübt.
Langfristige Perspektiven für den Sudan
Die Zukunft des Sudans bleibt ungewiss, da politische Stabilität und wirtschaftliche Erholung stark von einer Beendigung des Konflikts abhängen. Analytiker warnen, dass ein anhaltender Konflikt die Gefahr birgt, dass die ohnehin fragilen staatlichen Institutionen weiter erodieren. Dies könnte zu einer weiteren Destabilisierung in der Region führen und die Lebensbedingungen für Millionen von Menschen weiterhin verschlechtern.
Es gibt einen klaren Bedarf an internationaler Unterstützung, um eine politische Lösung voranzutreiben und gleichzeitig die humanitäre Hilfe auszubauen. Ohne einen koordinieren Ansatz könnten die zukünftigen Generationen im Sudan noch länger unter den Auswirkungen dieser Krise leiden. Der Fokus sollte dabei nicht nur auf Soforthilfe liegen, sondern auch auf langfristigen Wiederaufbau- und Entwicklungsprogrammen, die den Sudanesinnen und Sudanesen eine nachhaltige Perspektive bieten.
– NAG