In den letzten 25 Jahren haben Deutschland und Frankreich an ihrer gemeinsamen Grenze eine bemerkenswerte Partnerschaft in Fragen der inneren Sicherheit entwickelt. In einem unauffälligen Großraumbüro in Kehl arbeiten Beamte der Bundes- und Landespolizei sowie des Zolls rund um die Uhr zusammen, um Daten auszutauschen und Informationen zu teilen. Dieses „Gemeinsame Zentrum“ ist der erste dieser Art in Europa und hat dazu beigetragen, grenzüberschreitende Kriminalität effektiver zu bekämpfen.
Maxime Fischer, der deutsche Koordinator des Zentrums, hebt die Pionierrolle der Einrichtung hervor: „Wir waren der Vorreiter. Vor uns gab es nichts Vergleichbares in Europa.“ In der Tat wurden mittlerweile rund 60 solcher Einrichtungen in verschiedenen europäischen Ländern gegründet, was die Bedeutung des gemeinsamen Ansatzes unterstreicht. Fischer beschreibt das Projekt als „europäisches und gleichzeitig sehr praktisches Konzept“, das die Sicherheit in beiden Ländern stärkt. Sein französischer Kollege, Alain Winter, ergänzt: „Für unsere Arbeit soll die Grenze verschwinden. Das ist das Ziel.“
Ansprechpartner für Sicherheitsbehörden
Das Zentrum fungiert als wesentliche Drehscheibe für Informationen zwischen den Sicherheitsbehörden beider Länder. Die rund 60 Mitarbeiter sind als Ansprechpartner tätig, jedoch nicht für Bürger. Die Kontrolle an wichtigen Grenzübergängen, wie der Europabrücke zwischen Kehl und Straßburg, gehört nicht zu ihrem Aufgabengebiet. Fischer erklärt, dass es hauptsächlich um die Bekämpfung von kleinerer und mittlerer Kriminalität geht, gleichzeitig aber auch die Zusammenarbeit bei größeren Sicherheitslagen, wie den Brandanschlägen auf das französische Bahnnetz, eine Rolle spielt.
Ein Beispiel für die Effizienz der Zusammenarbeit zeigt sich bei Wohnwagen-Diebstählen. Wenn ein mit GPS-Ortungsgerät ausgestatteter Wohnwagen in Deutschland gestohlen wird, wird zunächst die Polizei kontaktiert. Diese informiert dann die Kehler Schaltstelle, die schnell die entsprechenden Fahndungsmaßnahmen in Frankreich einleitet. „Die Fahrzeuge können dann per GPS-Signal geortet werden, oft auf der Autobahn“, berichtet Fischer.
Internationale Anfragen und Reformbedarf
Die grenzüberschreitende Zusammenarbeit zeigt sich auch in der Anzahl der Anfragen, die im letzten Jahr die deutsch-französische Dienststelle erreichten: über 21.000. Winter berichtet, dass selbst Anfragen aus weit entfernten Regionen wie Martinique eingehen, wenn dort Probleme mit Deutschen auftreten. Diese international zunehmende Vernetzung hat die beiden Innenministerien dazu bewogen, das Mondorfer Abkommen von 1997 zu überarbeiten, um eine engere Zusammenarbeit zwischen Polizei und Zoll zu fördern.
Ein zentrales Anliegen dabei ist es, den veralteten Polizeivertrag anzupassen. Fischer betont, dass die Zusammenarbeit nicht nur an der Grenze, sondern im gesamten Staatsgebiet von Bedeutung ist. Der genaue Zeitrahmen für einen neuen Vertrag bleibt jedoch ungewiss.
Das Zentrum in Kehl ermöglicht eine problemlose Kommunikation zwischen den Mitarbeitern. Sprachliche Hürden bestehen dort nicht – die Angestellten sind gut ausgebildet. „Hier spricht man Französisch und Deutsch“, erklärt Winter stolz. Das Großraumbüro ist so aufgebaut, dass nicht mehr klar zwischen den Zuständigkeiten der einzelnen Länder unterschieden wird. Jeder übernimmt flexible Aufgaben, was gerade in Zeiten von Notfällen von großem Vorteil ist.
Diese innovative Struktur erlaubt es, auch spontane Anfragen flexibel zu bearbeiten, sei es zu nächtlicher Stunde oder am Wochenende. Fischer hebt hervor, dass auch Anfragen in Krisensituationen aus Deutschland an die Gendarmerie in Frankreich weitergeleitet werden. Die Rolle des Zentrums hat sich somit weit über den regulären Austausch hinaus entwickelt, wodurch die grenzüberschreitende Sicherheit verbessert wird.
– NAG