Die erste große Auseinandersetzung im Präsidentschaftswahlkampf zwischen Kamala Harris und Donald Trump, die für den 10. September angesetzt ist, könnte wegen technischer Details wie der Mikrofonregelung in die Geschichte eingehen. Von beiden Seiten wird heftig darüber gestritten, ob die Mikrofone während der Antworten des jeweiligen Kontrahenten stummgeschaltet werden sollen.
Die Debatte über diese Regelung entfachte erstmals während des Wahlkampfs 2020, als Joe Biden, damals demokratischer Kandidat, die Stummschaltung vorschlug, um ständige Unterbrechungen zu vermeiden. Trumps Team stimmte dieser Regelung schließlich zu, was den ersten chaotischen Schlagabtausch zwischen Trump und Biden bremste. Beobachter vermuten, dass Trumps reservierteres Auftreten bei der Debatte im Juni von vielen positiv aufgenommen wurde, was möglicherweise zu seiner Zustimmung führte. Praktisch machten die stummen Mikrofone Unterbrechungen unmöglich.
Harris fordert offene Mikrofone
Die aktuelle Kampagne von Harris drängt darauf, diese Regel zwei Wochen vor dem wichtigen TV-Duell zu ändern. Harris‘ Berater glauben, dass eine unkontrollierte und ungefilterte Präsenz von Trump während ihrer Redebeiträge dem Publikum ein authentischeres Bild des ehemaligen Präsidenten zeigen würde. Ameshia Cross, eine demokratische Strategin, erklärt: „Unsere Einschätzung ist, dass Trumps Berater bevorzugen, dass das Mikrofon stummgeschaltet ist, weil sie nicht glauben, dass ihr Kandidat 90 Minuten lang präsidentiell auftreten kann.“ Sie weist darauf hin, dass Trumps ungebremste Auftritte bei seinen Kundgebungen und seine wiederholten persönlichen Angriffe ein Vorzeichen für sein Verhalten in der Debatte sein könnten.
Die Strategie dahinter liegt auf der Hand: Harris‘ Kampagne vermutet, dass Trumps ungefilterte Kommentare und mögliche Beleidigungen potenzielle Wähler abschrecken könnten, insbesondere Frauen, Wähler mit farbigem Hintergrund und junge Leute. Laut dem republikanischen Strategen Kevin Madden könnten persönliche Angriffe unentschlossene Wähler vergraulen, die keine allzu parteiischen Taktiken mögen. In einer Wahl, die vermutlich von einer kleinen Gruppe unentschlossener Wähler in wichtigen Bundesstaaten entschieden wird, könnte das entscheidend sein.
Reaktionen von Trumps Team
Das Team von Trump bleibt der ursprünglichen Regelung treu. Der ehemalige Präsident selbst scheint weniger besorgt über die Stummschaltung und sagte am Montag: „Es ist mir egal. Ich lasse [die Mikrofone] wahrscheinlich lieber an.“ Dennoch betonte er die Wichtigkeit, sich an die zuvor vereinbarten Regeln zu halten. Auf Social Media erklärte er, dass er mit dem Sender ABC eine Vereinbarung getroffen habe, wobei er die Fairness des Senders in Frage stellte, gleichzeitig jedoch versicherte, dass die Debatte fair und gerecht ablaufen würde.
Ford O’Connell, ein republikanischer Stratege, ist der Meinung, dass Harris darauf abzielt, von den politischen Themen abzulenken und stattdessen auf virale Momente zu setzen. „Sie sind sich nicht sicher, ob sie bei den Themen gewinnen können, also suchen sie nach irgendeiner Möglichkeit, um einen viralen Moment zu schaffen“, so O’Connell. Er fordert das Trump-Team auf, weiterhin für die stummen Mikrofone zu kämpfen, da die Regel ursprünglich von den Demokraten aufgestellt wurde.
Unabhängig von den technischen Details könnte die Debatte am 10. September eine der entscheidendsten Momente im laufenden Wahlkampf werden. Dieses Ereignis wird in Pennsylvania stattfinden, einem der sogenannten „battleground states“, wo die Stimmen in der Regel hart umkämpft sind. Für beide Kandidaten steht viel auf dem Spiel, und jede Regeländerung könnte erhebliche Auswirkungen auf den Verlauf des Wahlkampfs haben. Ob mit oder ohne stumme Mikrofone – Spannung ist garantiert.
– NAG