Wirtschaft

Russlands Kriegswirtschaft droht Zusammenbruch: Löhne steigen, aber…

Russlands Wirtschaft steht vor einem dramatischen Abbruch: Trotz anfänglicher Wachstumsprognosen warnt die Zentralbank vor einer baldigen Abkühlung, während die massiven westlichen Sanktionen und historische Verluste des Gasgiganten Gazprom die Lage weiter verschärfen – könnte Wladimir Putins Kriegswirtschaft ins Stocken geraten?

Moskau – Die wirtschaftliche Situation in Russland steht derzeit im Fokus internationaler Aufmerksamkeit. Massive Sanktionen aus dem Westen sollten ursprünglich die russische Wirtschaft schwächen, doch die jüngsten Entwicklungen werfen Fragen auf. Im April 2024 gab der Internationale Währungsfonds (IWF) bekannt, dass Russland trotz der Sanktionen ein Wachstum von 3,2 Prozent erreichen könnte. Nur einen Monat später meldete jedoch der staatliche Erdgasriesen Gazprom historische Verluste aufgrund stark gesunkener Gasverkäufe.

Überraschend für viele war die Berichtserstattung des Kremls, der ein starkes Wirtschaftswachstum prognostizierte. Die Regierung behauptete, dass Russland im Jahr 2024 sogar ein Wachstum von 3,9 Prozent erleben könnte, was die Vorhersagen des IWF übertreffen würde. Diese positive Nachricht wurde von Wladimir Putin genutzt, um zu argumentieren, dass die westlichen Sanktionen einen größeren Schaden bei den Verbündeten der Ukraine anrichten als in Russland selbst. Dies wird unter dem Begriff „überhitzte Wirtschaft“ diskutiert, wobei hohe Rüstungsausgaben und steigendende Soldatenlöhne als Hauptursachen genannt werden. Dies führte zu galoppierenden Lohnsteigerungen und einer hohen Inflation.

Wirtschaftliche Abkühlung – Ein Effekt der Geldpolitik?

Allerdings gibt es jetzt Anzeichen dafür, dass sich die wirtschaftliche Lage Russlands verlangsamen könnte. Die russische Zentralbank warnte, dass das Wachstum im kommenden Jahr auf zwischen 0,5 und 1,5 Prozent zurückgehen könnte. Diese Prognose wurde von der Frankfurter Allgemeine Zeitung veröffentlicht und stützt sich auf Analysen der Zentralbank. Die Zentralbank macht in erster Linie ihre eigene Geldpolitik für diese Verlangsamung verantwortlich, was auf mögliche interne wirtschaftliche Probleme hinweist.

Kurze Werbeeinblendung

Ein zentrales Problem könnte aus den erhöhten Löhnen resultieren, die vor allem durch die Anhebung militärischer Besoldungen in der Kriegswirtschaft entstanden sind. Im ersten Halbjahr 2024 erhöhten sich die Reallöhne um 9,4 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Solch ein Anstieg ist für viele Unternehmen nicht tragbar und könnte bald zu Lohnsenkungen führen. Doch die gesellschaftliche Akzeptanz solcher Maßnahmen ist fraglich.

Weitere wirtschaftliche Herausforderungen durch westliche Sanktionen

Die westlichen Sanktionen haben bereits deutlich sichtbare Auswirkungen auf die russische Wirtschaft hinterlassen. Laut dem Thinktank Atlantic Council ist ein Defizit von 3,4 Billionen Rubel (etwa 42 Milliarden US-Dollar) im Vorjahr entstanden, was etwa 17 Prozent über den ursprünglich geplanten Ausgaben liegt. Niedrigere Einnahmen aus dem Öl- und Gassektor sowie überhöhte Ausgaben sind hierbei ausschlaggebende Faktoren.

Gazprom meldete im Frühjahr 2024, dass es erstmals seit 1999 keinen Gewinn erzielte, stattdessen einen Verlust von sieben Milliarden US-Dollar verzeichnen musste. Grund hierfür waren die stark zurückgehenden Gasverkäufe nach Europa, die als Hauptabsatzmarkt für Gazprom von entscheidender Bedeutung ist. Um im internationalen Geschäft überleben zu können, benötigt Russland zusätzliche Infrastruktur, doch Peking hat sich geweigert, die notwendigen Investitionen in Projekte wie die Pipeline „Power of Siberia 2“ zu leisten.

Zusätzlich steht Russland vor der Herausforderung, dass die Ukraine ab dem 1. Januar 2025 plant, kein russisches Gas mehr nach Europa zu liefern, was das Land zusätzlich unter Druck setzen könnte. Während Schätzungen belegen, dass sich die russische Wirtschaft in einer „Frühstufe“ des wirtschaftlichen Verfalls befindet, bleibt die Datentransparenz aufgrund von Geheimhaltungspolitiken der russischen Regierung eine Herausforderung für Ökonomen und Analysten.

Ein zentraler Aspekt dieser Situation ist die Zensur von Wirtschaftsdaten durch den Kreml, die seit 2022 verstärkt wurde. Die Forschungsplattform Carnegie Politica hat darauf hingewiesen, dass die Qualität unabhängiger wirtschaftlicher Analysen erheblich leidet, da wichtiger Zugang zu statistischen Daten verwehrt bleibt. Laut den Berichten wird dies als Versuch gedeutet, die tatsächlichen Auswirkungen der Sanktionen und die militärischen Ausgaben Russlands zu verbergen, um westliche Akteure daran zu hindern, die volle Tragweite der wirtschaftlichen Situation zu erfassen.

Während die Vereinigung der westlichen Staaten versucht, Russlands Rolle im internationalen Handel zu schwächen, bleibt die Zukunft der russischen Wirtschaft angesichts interner und externer Herausforderungen ungewiss. Economisten und Analysten weltweit beobachten die Entwicklung, während der Kreml darauf abzielt, die Kontrolle über Informationen zu behalten, um seine politischen Ziele zu erreichen. Die kommenden Monate werden entscheidend dafür sein, inwiefern Russland eine Stabilisierung oder weitere Verschlechterung seiner wirtschaftlichen Lage erleben wird.

Ähnliche Artikel

Schaltfläche "Zurück zum Anfang"