Der Countdown läuft: Martin Winterkorn, früherer Vorstandschef von Volkswagen, steht vor einem langen erwartetem Prozess. Fast neun Jahre nach dem Bekanntwerden der Dieselaffäre, die einen der größten Skandale in der Automobilindustrie darstellt, wird Winterkorns Rolle als Angeklagter erneut beleuchtet. Dies geschieht vor dem Landgericht in Braunschweig, wo ihm gewerbsmäßiger Betrug, Marktmanipulation und uneidliche Falschaussage zur Last gelegt werden. Die Verlesung der Anklage ist für den frühen Dienstagmorgen angesetzt.
Die Geschichte begann im September 2015, als US-Umweltbehörden und Wissenschaftler entdeckten, dass Volkswagen Abgasmanipulationen bei Millionen von Fahrzeugen vorgenommen hatte. Diese Enthüllungen führten zu einem massiven Vertrauensverlust in das Unternehmen, zahlriche Klagen und Bußgelder und kosteten den Konzern Milliarden. Inmitten dieser Turbulenzen trat Winterkorn zurück und bemerkte einmal, dass sein Name für die Dieselaffäre stehe, wies jedoch jegliche persönliche Verantwortung zurück. „Es gilt die Unschuldsvermutung“, bleibt als wichtiges Prinzip bestehen.
Der lange Weg zum Prozess
Bereits 2024 äußerte sich Winterkorn als Zeuge in einem Zivilprozess und bezeichnete die Vorwürfe, die gegen ihn erhoben werden, als „unzutreffend“. Dies geschah im Kontext eines Verfahrens von Investoren gegen VW, während er gleichzeitig in mehreren Strafverfahren gegen seine Person steht. Die Staatsanwaltschaft Braunschweig hat dabei Vorwürfe wegen Betrugs und Marktmanipulation erhoben, während in einem weiteren Verfahren die Beschuldigung der Falschaussage im Bundestag hinzukommt.
Der Strafprozess soll eine Vielzahl von Terminen umfassen, insgesamt fast 90 Treffen bis September 2025 sind angesetzt. Allerdings mehren sich Berichte über die gesundheitliche Verfassung des 77-Jährigen, die Fragen über die Machbarkeit des Zeitplans aufwerfen. Winterkorn soll nahezu jede Woche von Bayern nach Niedersachsen reisen, um an den Verhandlungen teilzunehmen, was für seine angeschlagene Gesundheit eine enorme Belastung darstellt.
„Vielleicht kommt jetzt die schonungslose Aufklärung“, fragten sich viele Beobachter. In einem Entschuldigungsvideo von 2015 hatte der Ex-Manager zugegeben, dass er selbst nicht alle Antworten auf die Fragen habe. Es bleibt jedoch ungewiss, ob sich im Laufe der Jahre neue Erkenntnisse ergeben haben, die Winterkorn jetzt bereit ist, mit dem Gericht zu teilen.
Die rechtlichen Auseinandersetzungen rund um die Dieselaffäre sind vielfältig. Es gab bereits Urteile, Bußgelder und einige auf Geldauflagen basierende Verfahrenseinstellungen. Dennoch bleiben viele wichtig Details über die genauen Abläufe und Hintergründe im Dunkeln. Ein früherer Betrugsprozess gegen andere Ex-Manager von VW erbrachte trotz dreijähriger Verhandlungen keine nennenswerten Erkenntnisse, was die Geschehnisse rund um den Skandal betrifft. Ursprünglich hätte Winterkorn schon in diesem Verfahren angeklagt werden sollen, doch aufgrund gesundheitlicher Probleme wurde sein Fall abgetrennt und kommt nun endlich an die Reihe.
– NAG