In Mecklenburg-Vorpommern kommt ein Gesetz, das gegen die Umwandlung von Wohnungen in Ferienapartments vorgehen sollte, nicht wie erhofft zum Einsatz. Vor drei Jahren verabschiedete der Landtag in Schwerin das Zweckentfremdungsgesetz, um in stark touristisch geprägten Gebieten bezahlbaren Wohnraum zu schützen. Doch bis heute (Stand 9. Juni 2024) hat keine Gemeinde von den neuen Regelungen Gebrauch gemacht, wie eine Antwort der Landesregierung auf eine Anfrage der fraktionslosen Landtagsabgeordneten Eva Maria Schneider-Gärtner zeigt.
Trotz des bestehenden Wohnraummangels in vielen Regionen wird nicht klar, warum das Gesetz nicht angewendet wird. Die Landesregierung begründet dies lediglich damit, dass es den Gemeinden die Möglichkeit gebe, Zweckentfremdungssatzungen zu erlassen, was dem ursprünglichen Ziel des Gesetzes entspreche.
Hürden für Gemeinden
Laut dem Städte- und Gemeindetag ist das Gesetz eher ungeeignet. Die Anforderungen für die Erarbeitung einer Satzung seien extrem hoch und erforderten enorm viel Bürokratie. Der Kommunalverband macht deutlich, dass der bestehende Mangel an Wohnraum durch eine solche Satzung nicht behoben werden könne. Ein zentraler Kritikpunkt ist die umfangreiche Datenerfassung und die damit verbundene Überwachung, die von den Gemeinden gefordert wird.
Zusätzlich darf eine Gemeinde eine Satzung nur erlassen, wenn alternative Möglichkeiten zur Linderung des Wohnraummangels nicht in absehbarer Zeit mit wirtschaftlichen Mitteln realisiert werden können. Diese Bedingungen sind in der Praxis oft schwer zu erfüllen, sodass im Falle einer Klage gegen die Verweigerung einer Genehmigung der Bedarf erst errichtet werden muss.
Politische Reaktionen
Die CDU-Opposition sieht im Zweckentfremdungsgesetz keine sinnvolle Lösung für das Problem der illegalen Umnutzung von Dauerwohnungen in Ferienwohnungen. Fraktionsvorsitzender Daniel Peters kritisiert, dass die Gesetzgebung unnötige Bürokratie schaffe. Er schlägt stattdessen vor, das Gesetz komplett zu streichen und verweist darauf, dass bereits bestehende Bundesgesetze wie Erhaltungssatzungen effektiv genutzt werden könnten, um den Wohnraummangel zu bekämpfen.
Auf der anderen Seite möchte die SPD das Gesetz beibehalten. Der stellvertretende Fraktionsvorsitzende Rainer Albrecht betont, dass die Möglichkeit, den Wohnraum zu schützen, für die Gemeinden wichtig sei. Er sieht das Gesetz als Angebot und nicht als Pflicht und argumentiert, dass die Sicherheit der Kommunen durch sicherungsmechanismen in möglichen Rechtsstreiten gestärkt werde.
Die unterschiedliche Wahrnehmung des Gesetzes in der Politik zeigt, wie vielfältig die Ansichten über die Lösung des Wohnraummangels sind. Während die CDU mehr Eigenverantwortung und weniger staatliche Einmischung fordert, sieht die SPD die Notwendigkeit, den Kommunen Werkzeuge an die Hand zu geben, um ihren Wohnraum eigenständig zu schützen.
Ein Blick in die Zukunft
Es bleibt abzuwarten, ob sich die politische Debatte um das Zweckentfremdungsgesetz weiter zuspitzen wird und welche Schritte die Landesregierung unternehmen wird, um die Umsetzung des Gesetzes zu verbessern. Die Herausforderung, bezahlbaren Wohnraum in touristischen Gebieten zu bewahren, bleibt vorerst bestehen und wird durch die derzeitige handlungsunfähige Rechtslage noch verschärft. Klar ist, dass neue Ansätze und Lösungen gefragt sind, um die Wohnungsnot in den betroffenen Regionen nachhaltig zu bekämpfen.
Hintergrund zur Wohnraumsituation in Mecklenburg-Vorpommern
Die Wohnraumsituation in Mecklenburg-Vorpommern ist durch historische und wirtschaftliche Faktoren beeinflusst. Im Laufe der letzten Jahrzehnte erlebte die Region einen starken demografischen Wandel, geprägt von Abwanderung in den 1990er Jahren und einer alternden Bevölkerung. Diese Entwicklungen führten zu einem Überangebot an Wohnraum in ländlichen Gebieten, während gleichzeitig in touristisch attraktiven Städten und Gemeinden immer weniger bezahlbarer Wohnraum verfügbar ist.
Die Nachfrage nach Ferienwohnungen hat in den letzten Jahren stetig zugenommen, insbesondere in Küstenregionen wie Usedom und Rügen. Laut einer Studie des Statistischen Amtes Mecklenburg-Vorpommern waren 2019 etwa 15% der insgesamt registrierten Wohnungen in einigen Küstenorten als Ferienwohnungen deklariert. Diese Entwicklung verstärkt den Druck auf den lokalen Wohnungsmarkt und trägt zur Verknappung des verfügbaren Wohnraums für Einheimische bei.
Aktuelle Statistiken und Daten zur Wohnraumsituation
Eine Umfrage des Instituts für Wohnungswesen und Immobilienwirtschaft (IWIM) aus 2022 zeigte, dass in Mecklenburg-Vorpommern 60% der Befragten der Meinung waren, dass der Mangel an bezahlbarem Wohnraum ein ernsthaftes Problem darstellt. Zudem gaben 75% der Befragten an, dass sie in den letzten fünf Jahren Schwierigkeiten hatten, eine passende Wohnung zu finden.
Des Weiteren hat der Deutsche Mieterbund (DMB) kürzlich veröffentlicht, dass die Mietpreise in beliebten Ferienregionen in Mecklenburg-Vorpommern im Durchschnitt um 20% steigen sind, was die Sorgen über eine weitere Verknappung des Wohnraums für die Einheimischen verstärkt. Die steigenden Preise und die Umwidmung von Wohnraum in Ferienwohnungen beobachten viele Sozialverbände mit großer Besorgnis.
– NAG