Der Umbau der Rentenpolitik der Ampel-Koalition sorgt für reichlich Diskussionen in Wirtschafts- und Sozialpolitik-Kreisen. Besonders heftig wird das geplante Rentensystem von Professor Axel Börsch-Supan, dem Direktor des Munich Research Institute for the Economics of Aging, kritisiert. Seine Worte treffen den Nerv der Zeit: Die gesetzten Maßnahmen, vor allem die Haltelinie zur Sicherung des Rentenniveaus und das Festhalten am aktuellen Renteneintrittsalter, stellt er als gravierenden Fehltritt dar. Die Schatten der kommenden Jahre werfen die Frage auf, wie Deutschland die Herausforderungen des demografischen Wandels bewältigen will.
Börsch-Supan äußert sich mit eindeutiger Skepsis über die ambitionierten Pläne der Bundesregierung. Er hebt hervor, dass die Finanzierungsstrategie – unter anderem die Einführung eines sogenannten „Generationenkapitals“, das in Aktien investiert werden soll – nicht ausreicht, um die steigenden Rentenlasten zu decken. Bereits ab 2036 werden laut Berechnungen eine Finanzierungslücke von bis zu 43 Milliarden Euro anstehen. Das bedeutet, dass Steuergelder in einem nicht unerheblichen Maße zur Auffüllung der Rentenkasse verwendet werden müssen.
Kritik an der Haltelinie und der Renteneintrittsalter-Debatte
Ein zentraler Punkt der Kritik betrifft die Einführung einer Haltelinie, die das Rentenniveau auf 48 Prozent festschreibt. Börsch-Supan vergleicht diese Entscheidung mit dem eindeutig unpraktischen Wetterverhalten, im Winter mit Badelatschen herumzulaufen. „Die Steuereinnahmen werden nicht im nötigen Maße steigen, um die finanziellen Verpflichtungen zu bedienen“, warnt er und beharrt darauf, dass die Politik besser für die junge Generation sorgen muss, die letztlich die Rechnung dafür begleichen wird.
Die demografische Entwicklung, insbesondere der bevorstehende Renteneintritt der Babyboomer-Generation, stellt eine enorme Herausforderung dar. Wenn vier Millionen Arbeitskräfte dem Arbeitsmarkt fehlen, wie Börsch-Supan prognostiziert, wird der Druck auf das Sozialsystem noch weiter steigen. Zunehmende Ausgaben für Renten sowie Gesundheitsversorgung müssen durch ausreichende Einnahmen gedeckt werden, um ein finanzielles Ungleichgewicht zu vermeiden.
Zusätzlich trägt die seit Jahrzehnten leider mangelhafte Sozialpolitik zur heutigen Situation bei. Börsch-Supan weist darauf hin, dass Maßnahmen wie die Rente mit 63 und die doppelte Haltelinie klare Fehlentscheidungen waren, die letztendlich vor allem den älteren Wählergruppen zugutekommen sollten – zu Lasten der jungen Menschen.
Pragmatische Vorschläge für eine zukunftssichere Rente
Börsch-Supan hat klare Vorschläge, um die Rentenkrise nachhaltig zu bewältigen. Ein Ende der Rente mit 63, eine Dämpfung des Rentenanstiegs, die Anhebung der Rentenversicherungsbeiträge sowie eine Anpassung des Rentenalters an die steigende Lebenserwartung stehen im Raum. An dieser Stelle ist es wichtig zu betonen, dass eine Reform der privaten und betrieblichen Altersvorsorge ebenfalls gefordert wird. Diese Punkte seien nicht nur theoretische Überlegungen, sondern müssen zügig in politische Entscheidungen umgemünzt werden.
Der Deutsche wird gegen diese Vorschläge mit einer Vielzahl von emotionalen Argumenten konfrontiert – Verständnis für Ältere, der Wunsch nach sozialer Sicherheit. Börsch-Supan warnt jedoch eindringlich davor, dass diese Denkweise – Frauen und ältere Arbeitnehmer zu begünstigen – letztendlich langfristig zu einer Mangelwirtschaft für alle führen könnte. Es bedarf eines Paradigmenwechsels in der Rentenpolitik, um eine tragfähige Basis für zukünftige Generationen zu schaffen.
Die Ampel-Koalition hat kürzlich die Einführung einer „Rentenaufschubprämie“ ins Spiel gebracht, um die Erwerbstätigkeit im Alter zu fördern. Diese Premie sähe vor, dass längere Arbeitszeiten in Form einer Einmalzahlung honoriert werden. Kritiker, unter ihnen auch Börsch-Supan, sehen in dieser Maßnahme jedoch eine unzureichende Lösung, die besonders die finanzielle Last auf die Steuerzahler auslagert. Der Ökonom betont, dass eine Erhöhung der Abschläge für vorzeitige Renten ebenso wie eine Anhebung der Zuschläge für längeres Arbeiten viel effektiver wäre, um das System zu stabilisieren.
Der Dialog über die Rentenpolitik zeigt, dass die Zeit drängt. Börsch-Supan äußert seine Befürchtung, dass ohne eine rechtzeitige Reform gravierende Probleme auf die Rentenversicherung zukommen werden. Zuletzt appelliert er eindringlich an die Politik, Entscheidungen zu treffen, die denjenigen zugutekommen sollen, die zukünftige Rentenbeiträge zahlen.
– NAG