Berlin war heute Gastgeber einer bedeutenden Veranstaltung, die die Zukunft von Medien und Journalismus in den Fokus rückte. In seiner Rede beim Jahreskongress des Bundesverbands Digitalpublisher und Zeitungsverleger (BDZV) betonte Bundeskanzler Olaf Scholz die essentielle Rolle von Medien für eine funktionierende Demokratie. Vor rund 250 Vertretern aus Politik und Wirtschaft sprach er über die Herausforderungen, mit denen Journalisten und Verlage konfrontiert sind, insbesondere vor dem Hintergrund der rasanten Entwicklungen durch Künstliche Intelligenz.
Scholz wies darauf hin, dass Medien oft als Teil einer einheitlichen politischen Agenda wahrgenommen werden. Diese Sichtweise ist seiner Meinung nach problematisch, da die Unabhängigkeit der Presse für ihre Glaubwürdigkeit unverzichtbar ist. Er fragte rhetorisch, wie es dazu kommt, dass Politik und Medien in der öffentlichen Wahrnehmung oftmals als eine „Sache“ betrachtet werden und stellte klar, dass kritisches Denken und Distanz von der Politik notwendig sind, um die journalistische Integrität zu wahren.
Die Wichtigkeit freien Journalismus
Das diesjährige Kongressmotto „Freie Presse, starke Demokratie – in guter Verfassung?“ verdeutlicht die zentrale Frage nach den Bedingungen für qualitativ hochwertigen Journalismus. Scholz hob hervor, dass die einfache Erstellung eines Podcasts nicht dasselbe wie ein tiefgründiges Interview ist. „Echte Unterhaltung zu führen – das ist die hohe Kunst des Journalismus“, erklärte er. In Zeiten, in denen Informationen schnell und oft unverifiziert verbreitet werden, sei es wichtiger denn je, dass die Arbeit von Journalisten geschützt bleibt, besonders im Hinblick auf die neue europäische KI-Verordnung, die versucht, ein Gleichgewicht zwischen technologischer Offenheit und dem Schutz kreativer Leistungen zu finden.
Zusätzlich betonte Scholz den Stellenwert des Lokaljournalismus, der, seiner Meinung nach, das Rückgrat der Medienlandschaft in vielen Regionen ist. In starkspurigen Zeiten, wo lokale Nachrichten oft die einzige Informationsquelle für Bürger sind, ist es wichtig, dass diese Form des Journalismus auch wirtschaftlich tragfähig bleibt.
Das Thema der finanziellen Unterstützung für die Presse war ebenfalls ein zentrales Anliegen. Matthias Ditzen-Blanke, Vorstandsvorsitzender des BDZV, sprach über die Notwendigkeit, für eine unabhängige Presse zu kämpfen, und forderte eine Absenkung der Mehrwertsteuer für Medien. Er stellte fest, dass die Unabhängigkeit von politischen Einflüssen eine Frage der Haltung in der Medienbranche ist. Zudem kritisierte er das monopolartige Verhalten digitaler Plattformen wie Google und Facebook, die den Wettbewerb im Werbemarkt verzerren. „Eine faire Steuerpolitik kann ein wichtiges Mittel zur Förderung der freien Presse sein“, so Ditzen-Blanke.
EU-Beihilfeverfahren und Herausforderungen der Branche
Der Vorstandsvorsitzende Stefan Hilscher ergänzte die Diskussion um die steuerlichen Rahmenbedingungen und wies darauf hin, wie wichtig ein niedrigerer Steuersatz für die wirtschaftliche Stabilität der Medien ist. Er bezog sich auf Vorbilder in anderen europäischen Ländern, die deutlich niedrigere Steuersätze haben. Hilscher machte auch auf das EU-Beihilfeverfahren aufmerksam, das der BDZV initiierte, um den Wettbewerb im Medienbereich zu sichern. Die Konkurrenz durch die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanbieter, die über digitale Nachrichtenportale mit den Printmedien konkurrieren, warf erhebliche Fragen zu Fairness und Finanzierung auf.
Ein entscheidendes Thema, das von Sigrun Albert, der scheidenden Hauptgeschäftsführerin des BDZV, angesprochen wurde, war der Schutz der Verlage vor der Ausbeutung durch Künstliche Intelligenz. „Wir fordern, dass Inhalte unserer Mitglieder nur mit deren Zustimmung und gegen angemessene Vergütung genutzt werden dürfen“, so Albert. Sie wies zudem auf die Erfolge der Branche hin, wie das Presseleistungsschutzrecht und das kürzlich gewonnene EU-Urteil gegen Google, das als großer Erfolg gewertet wird.
In einer Zeit, in der Desinformation und gezielte Kampagnen weiterhin eine Bedrohung für die Demokratie darstellen, ist die Stärkung von Medienkompetenz ein dringendes Anliegen. Hilscher und Albert einigten sich darauf, dass Qualitätsjournalismus die beste Waffe gegen Desinformation ist.
Der Kongress endete mit spannenden Vorträgen zur Rolle der Künstlichen Intelligenz in den Medien und dem Einfluss auf die Gesellschaft. Es bleibt abzuwarten, wie sich die Branche an die neuen Herausforderungen anpassen wird, aber die Richtung ist klar: für eine unabhängige, starke und vielfältige Presse müssen zwingend die Grundlagen geschaffen werden.