Die Geburtshilfe im Nordsaarland steht vor schweren Veränderungen. Während die Merziger SHG-Klinik erst im letzten Jahr ihre Türen für Entbindungen schließen musste, wird nun die Entscheidung getroffen, auch die Geburtshilfe am Marienkrankenhaus St. Wendel nach Neunkirchen zu verlagern. Diese Entscheidung folgt auf die Eröffnung des ersten Hebammenkreißsaals am Marienhaus-Klinikum, die erst im Januar dieses Jahres stattfand.
Die Beweggründe der Marienhaus-Gruppe sind klar umrissen: Es gibt zu wenige Geburten und einen Mangel an qualifiziertem Fachpersonal. Dennoch sollen am Standort St. Wendel weiterhin Vor- und Nachsorge für Schwangere angeboten werden. Zur Verbesserung der Situation und zur Anpassung an die Geburtenzahlen sind in Neunkirchen zwei neue Kreißsäle in Planung.
Kritik von Gesundheitsminister Jung
Diese Entscheidung stößt allerdings auf massive Kritik, insbesondere von Gesundheitsminister Magnus Jung (SPD). Er äußerte, dass er erst vor wenigen Tagen von den Plänen erfahren habe, die Geburtsklinik zum 1. Oktober zu schließen. Jung sagt, dass er dies nicht hinnehmen könne. Er betont, dass die Probleme, mit denen die Klinik konfrontiert ist, vorrangig hausgemacht seien und fordert, die Geburtsklinik in St. Wendel als sinnvoll und notwendig zu erhalten. „Es muss von den Verantwortlichen der Klinik die Bereitschaft bestehen, eine Lösung finden zu wollen“, erklärte Jung.
Besonders verärgert zeigt sich Jung über die Art und Weise, wie diese Entscheidung getroffen wurde. Trotz früherer Zusagen, alternative Lösungen zu suchen, scheine es nun nur um eine schnelle Schließung zu gehen. In den letzten zwei Jahren habe die Regierung Fördergelder in Höhe von fast 1,6 Millionen Euro zur Verfügung gestellt, um die Klinik zu unterstützen.
Überlegungen zur regionalen Versorgung
Die Schließungspläne treffen die Region hart, so Réka Klein (SPD), stellvertretende Vorsitzende des Gesundheitsausschusses. Der Weg zur nächsten Geburtsklinik wird für Frauen in der Umgebung bis zu 40 Minuten betragen. Eine der größten Sorgen betrifft insbesondere den einzigen Hebammenkreißsaal im Saarland, der vielen Frauen die Möglichkeit eines natürlichen Geburtserlebnisses bietet. Die interne Problematik der Klinik mit sinkenden Geburtenzahlen und Personalmangel wird von Klein als selbstverschuldet angesehen.
Landrat Udo Recktenwald (CDU) hat sich ebenfalls zu Wort gemeldet und betont, dass die Konzentration auf Geburtskliniken im südlichen Saarland nicht die zukunftsfähige Lösung sein kann. Er fordert stattdessen ein landesweites Konzept, um die bevorstehenden Herausforderungen gemeinsam zu bewältigen. Recktenwald schlägt vor, die Klinik vom Kohlhof nach St. Wendel umzuziehen, um eine gerechte Verteilung der geburtshilflichen Angebote im gesamten Saarland zu gewährleisten.
Aktuellen Planungen zufolge wird es im Saarland nur noch sechs Geburtskliniken geben – verteilt auf Homburg, Neunkirchen-Kohlhof sowie in Saarbrücken und Saarlouis. Diese drastischen Änderungen werfen Fragen zur Geburtsversorgung im ländlichen Raum auf und machen deutlich, dass nun eine umfassende öffentliche Diskussion über die zukünftige geburtshilfliche Versorgung nötig ist.
Über dieses Thema haben auch die SR info-Nachrichten im Radio am 11.09.2024 berichtet.