Die Diskussion um die Gesundheitspolitik in Deutschland nimmt an Fahrt auf, insbesondere in Bezug auf die geplante Reform des Apothekenwesens durch Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach. Am 21. August 2023 soll das Kabinett über ein Gesetz entscheiden, das die Schaffung von sogenannten „Apotheken light“ ermöglicht, in denen pharmazeutisch-technische Assistenten (PTA) ohne die permanente Anwesenheit eines approbierten Apothekers die Geschäfte führen könnten. Dies wirft zahlreiche Fragen zur Qualität und Sicherheit der Patientenversorgung auf.
Die Patientenversorgung im Fokus
Die Einführung von Apotheken ohne Apotheker wird von Fachleuten wie Jörg Haßiepen, dem Pressesprecher der Apotheker im Kreis Heinsberg, als bedenklich eingestuft. „Die Patientensicherheit wird durch die geplante Etablierung von Apotheken ohne Apotheker akut gefährdet“, warnt Haßiepen. Er befürchtet, dass dies vor allem chronisch Kranken und Patienten mit akuten Erkrankungen schadet, insbesondere in ländlichen Regionen, wo die medizinische Versorgung ohnehin schon eingeschränkt ist.
Eine reformbedürftige Branche
Die aktuellen strukturellen Probleme im Apothekensektor tragen zur Diskussion über die Reform bei. Laut Christina Lohmeier-Knur, einer Apothekerin aus Hückelhoven, gibt es nicht zu wenige Apotheker, sondern vielmehr Abwanderungen in besser bezahlte Branchen. „Es ist das finanzielle Risiko und die Verantwortung bei der Selbstständigkeit, die viele Apotheker davon abhalten, zu gründen oder in der Branche zu bleiben“, erklärt sie. Eine angemessene vergütung wäre ihrer Meinung nach der Schlüssel zur Stabilisierung der Branche.
Die Herausforderungen der pharmazeutisch-technischen Assistenten
Während die Rolle der PTAs nicht zu unterschätzen ist, sehen beide Experten die Idee, dass sie allein eine Apotheke leiten, kritisch. „Die PTA-Ausbildung zielt nicht darauf ab, Führung zu übernehmen oder eigenständig Entscheidungen zu treffen“, so Lohmeier-Knur. Die Verantwortung, die mit der Führung einer Apotheke verbunden ist, ist nicht trivial. Trotz des Potenzials ihrer langjährigen Mitarbeiter sind nicht viele bereit, solche Leitungspositionen zu übernehmen.
Wirtschaftliche Instabilität durch Unterfinanzierung
Ein zentrales Thema, das immer wieder aufkommt, ist die Unterfinanzierung der Apotheken. Haßiepen und Lohmeier-Knur betonen, dass seit über einem Jahrzehnt die Honorarstruktur stagnierend ist, während die Betriebskosten gestiegen sind. Allein die Gehälter der Mitarbeiter sind um 27,8 Prozent erhöht worden, hinzu kommen Kostensteigerungen in verschiedenen Bereichen. Die Forderung nach einer deutlichen Erhöhung der Apothekenvergütung wird immer lauter, um eine drohende Krise im Apothekenwesen abzuwenden.
Der Weg zur Stabilisierung der Apotheken
Die Beteiligten sind sich einig, dass es nicht darum gehen sollte, Apotheken in Form von „Apotheken light“ zu schaffen, sondern bestehende Strukturen zu stabilisieren. „Es geht nur, wenn es sich wieder lohnt, als Apotheker zu arbeiten“, so Lohmeier-Knur. Ein Fokus auf die echte Unterstützung und Wertschätzung von Apothekern ist notwendig, um die Gesundheitsversorgung in Deutschland auch künftig aufrechtzuerhalten und zu verbessern.
Der anhaltende Diskurs um die Apothekenreform verdeutlicht das Bedürfnis nach einer umfassenden und nachhaltigen Lösung zur Verbesserung der Patientenversorgung. Angesichts der bestehenden Herausforderungen, wie Lieferengpässen bei Arzneimitteln, ist es entscheidend, dass sich die politischen Entscheidungsträger den Bedenken der Apotheker annehmen und einen Kurs einschlagen, der auch wirklich zur Stärkung der Apotheken führt.
– NAG