In der schwülen Nacht, als das Feuer die Anna Amalia Bibliothek in Weimar ergriff, wurde nicht nur ein Gebäude, sondern ein Stück kulturelles Erbe bedroht. Die Bibliothek, bekannt für ihren historischen Bestand und ihre literarische Bedeutung, geriet in Flammen und stellte die Frage in den Raum, ob die Rettung dieser Bücher möglich war und welchen Wert sie für die Gesellschaft haben. Der Umzugsunternehmer Majdi Abdulhag stand vor dieser Herausforderung. Für ihn, der sich selbst nicht als Bücherwurm bezeichnet, war es jedoch klar: „Die Bücher sind das Gedächtnis der Nation.“
Was genau bedeutet das? Bücher sind mehr als nur Papier und Tinte. Sie sind Zeitzeugen, die Geschichten erzählen und Wissen bewahren. Abdulhag beschreibt die Bedeutung von Literatur während des Nationalsozialismus, als einige Werke entstanden, die eher zur Propaganda dienten. Durch das Verständnis dieser Texte können wir die Vergangenheit reflektieren. „Wir können anhand der Literatur verstehen: Was wurde damals den Menschen propagiert, damit sie so denken?“ fragt er rhetorisch, und zeigt dabei die Verantwortung auf, mit diesem Wissen umzugehen.
Ein unerwarteter Beitrag zur Rettung
Für Abdulhag war die Rettung der Bücher nicht einfach eine Pflicht, sondern ein persönliches Anliegen. „Das, was ich gemacht habe, ist nicht mehr, als jeder andere Helfer“, erklärt er bescheiden. Diese Demut ist ein zentraler Aspekt seiner Persönlichkeit. Während viele der Helfer Akademiker oder gebildete Menschen waren, ging Abdulhag direkt zu seinem Fahrschullehrer und bat ihn um seinen Lkw. Statt komplizierte Angebote zu schreiben, war er pragmatisch und handelte schnell, was in solch einer Notsituation entscheidend war.
Die Situation erforderte während der Rettungsaktionen eine bemerkenswerte Koordination und die Fähigkeit, im Chaos klar zu denken. Dr. Post, der Direktor des Thüringer Hauptstaatsarchivs, spielte eine Schlüsselrolle während dieser Nacht. Die Fähigkeit von Dr. Post, Ruhe zu bewahren und zu wissen, dass er mit einem Anruf mehr bewirken konnte, als mit einem Eimer Wasser, zeigte sich schnell als entscheidend. „Er hat den klaren Kopf gehabt“, lobt Abdulhag und hebt damit die Bedeutung von Führungsstärke in Krisensituationen hervor.
Ein Team von Unbekannten
Die Rettungsaktionen waren nicht das Werk eines Einzelnen, sondern das Ergebnis einer engagierten Gemeinschaft, die zusammenarbeitete, um das Unmögliche zu erreichen. „Ohne Direktor Knoche und die Bibliothekare, die wussten, welches Buch wichtig ist, hätten wir nichts geschafft“, reflektiert Abdulhag. Es war die gemeinsame Anstrengung – die technische Versiertheit jedes Einzelnen, die es ermöglichte, im Angesicht der Gefahr schnell und effektiv zu reagieren.
Inmitten des Chaos, während die Feuerwehr mit kleinen Spritzdosen kämpfte und Rauchwolken aufstiegen, motivierte das kollektive Streben, verloren gegangene Wörter und Geschichten zu retten, die Helfer dazu, den Ausweg aus der Notlage zu finden. Abdulhag, der das Geschehen nicht nur als Helfer, sondern auch als Teil eines größeren Ganzen sah, betont die Wichtigkeit der Gemeinschaft, die in dieser kritischen Zeit entstand.
Das Interview, geführt von Tino Dallmann und Romina Nikolić für MDR KULTUR, zeigt, dass in Momenten der Krise unvorhergesehene Helden entstehen können. Menschen, die zusammenkommen, um ein gemeinsames Ziel zu verfolgen: das Bewahren des Wissens und der Kultur für zukünftige Generationen. die Rettungsaktion an der Anna Amalia Bibliothek bleibt ein Symbol für den unermüdlichen Einsatz vieler, die in der Dunkelheit des Feuers ein Licht zu entzünden versuchten.
– NAG