Ein spannendes politisches Schauspiel steht im Thüringer Landtag bevor, wenn die neue Legislaturperiode am Donnerstag nach der Landtagswahl beginnt. Im Fokus steht die Wahl einer neuen Landtagspräsidentin oder eines neuen Landtagspräsidenten, wobei die stärkste Fraktion, die AfD, in der Vergangenheit stets das Vorschlagsrecht für diese Position hatte. Doch in diesem Jahr wird die Sache weitaus komplizierter, denn die Fraktionen der CDU, BSW, Linken und SPD treten geschlossen gegen die AfD auf.
Die AfD stellt nun 32 von 88 Abgeordneten im Thüringer Landtag und hat Wiebke Muhsal als ihre Kandidatin nominiert. Diese 38-jährige Politikerin hat in der Vergangenheit rechtliche Probleme gehabt, die ihre Eignung laut einigen Kritikern in Frage stellen. Ministerpräsident Bodo Ramelow äußerte sich kritisch: „Wer sich an Steuergeldern vergreift, darf nicht Landtagspräsidentin werden.“ Solche Äußerungen heizen den Konflikt zwischen den Fraktionen weiter an.
Der Konflikt um die Kandidatur
Bereits vor der Nominierung von Muhsal hatten die anderen Parteien deutlich gemacht, dass sie einen Abgeordneten der AfD nicht für das Amt des Landtagspräsidenten halten. Mario Voigt, der Fraktionschef der CDU, betont, dass eine Person, die von Verfassungsschutz beobachtet wird, nicht zum Hüter der Verfassung ernannt werden kann. Die CDU schlägt Thadäus König vor, der im Wahlkreis Eichsfeld erfolgreich war und eine breite Unterstützung genießt.
Die AfD hingegen beharrt auf ihrem Vorschlagsrecht, obwohl es Unklarheiten darüber gibt, wie lange dieses Recht nach einer möglichen Niederlage in der Wahl aufrechterhalten bleibt. Der Politikwissenschaftler André Brodocz merkt an, dass das Bundesverfassungsgericht in ähnlichen Fällen klargestellt hat, dass ein Vorschlagsrecht nicht automatisch mit einer bestimmten Wahlsituation verbunden ist. Die politische Auseinandersetzung wird somit brutal auf die Teststrecke geführt.
Strategien der anderen Fraktionen
Um die Präsidentschaft Wahl zu beeinflussen, planen die CDU und BSW, vor der Wahl die Geschäftsordnung des Landtags zu ändern. Diese Erneuerung würde anderen Fraktionen ermöglichen, von Beginn an eigene Kandidaten zu präsentieren, um die AfD in ihrer Dominanz zu brechen. AfD-Landeschef Björn Höcke zeigt sich empört über diese Schritte und spricht von „politischen Taschenspielertricks“, die die Stimme eines Drittels der Wähler ignorieren würden. Doch die Argumente der anderen Parteien, dass die Geschäftsordnung nicht eindeutig genug sei, lassen sie nicht auf sich sitzen.
Der Alterspräsident, Jürgen Treutler, wird eine entscheidende Rolle im Verlauf der ersten Sitzungen spielen. Als langjähriger Abgeordneter könnte er die Autorität haben, die Situation zu beeinflussen und eventuell die Geschäftsordnung ähnlich auszulegen, wie es die AfD wünscht. Hier sind die Reaktionen der anderen Fraktionen bereits besorgt, dass er möglicherweise wiederholte Wahlgänge mit AfD-Kandidaten ansetzen würde, während die anderen fraktionierten Empfehlungen ignoriert werden könnten. Dies würde den demokratischen Prozess als solchen massiv in Gefahr bringen.
Die Situation in Thüringen liefert somit einen grundlegenden Einblick, wie im politischen Alltagsgeschäft Machtspiele und strategische Überlegungen miteinander verwoben sind. Die Wahl des Präsidiums könnte separates Krisengeplätscher im bereits angespannten politischen Klima entfachen, was auf die gesamte Governance der nächsten Jahre Auswirkungen haben könnte. Der Thüringer Verfassungsgerichtshof verzichtet bislang auf eine klare Stellungnahme dazu, wie mit dieser fesselnden Lage umzugehen ist. Zu beachten ist jedoch, dass die anfänglichen Wahlen den Tonfall für die zukünftige Legislaturperiode der Thüringer Regierung angeben könnten.