Die Gewalt in deutschen Krankenhäusern nimmt besorgniserregend zu, insbesondere in Notaufnahmen. Eine aktuelle Umfrage der Deutschen Krankenhausgesellschaft zeigt, dass 73 Prozent der befragten Häuser von einem Anstieg gewalttätiger Übergriffe in den letzten fünf Jahren berichten. Angesichts dieser alarmierenden Statistik ist es dringend erforderlich, effektive Maßnahmen zu ergreifen, um das Klinikpersonal zu schützen und zu unterstützen.
Ein Beispiel für solch eine Maßnahme ist das Deeskalationstraining, das von der UKSH Akademie in Kiel angeboten wird. Dieses Training zielt darauf ab, Pflegekräften Fähigkeiten an die Hand zu geben, um in kritischen Situationen sicherer zu agieren. Marie Oswald und Melvin Jurgeleit, zwei erfahrene Pflegekräfte, nehmen an dieser Weiterbildung teil, um Techniken zum Umgang mit aggressiven Patienten zu erlernen und gegebenenfalls auf Selbstschutz zu achten.
Wachsende Bedrohung im Klinikalltag
In der täglichen Praxis berichten Oswald und Jurgeleit von einer zunehmenden Bedrohung durch Patienten und deren Angehörige. Marie Oswald deutet an, dass bereits verbale Angriffe häufig vorkommen und in einigen Fällen sogar zu körperlicher Gewalt führen können. „Ich habe schon erlebt, dass wir mit Fäusten bedroht wurden, und manchmal gehen die Aggressionen so weit, dass man mit blauen Flecken nach Hause kommt“, erklärt sie. Solche Erfahrungen sind nicht selten; die beiden Pflegekräfte fühlen sich oft in ihrer Sicherheit bedroht.
Jurgeleit, der zum Glück bisher nur verbale Angriffe erlebt hat, schildert eine erschreckende Situation: „Einmal wurde ich mit einem Messer bedroht und musste flüchten.“ Diese Erlebnisse tragen zur Entstehung einer Kultur der Angst und Hilflosigkeit bei, die den Berufsalltag der Betroffenen stark belastet.
Die Deutsche Krankenhausgesellschaft zieht mit ihren Zahlen eine deutliche Linie: Der gewaltsame Respektverlust gegenüber Pflegekräften ist ein wachsendes Problem. Um diesen Herausforderungen zu begegnen, hat das Deeskalationstraining einen spürbaren Anstieg an Anmeldungen verzeichnet. Trainer Daniel Breidel bestätigt: „Ich höre immer wieder von Teilnehmenden, dass die Aggressivität in ihren Einrichtungen zugenommen hat.“ Die Fähigkeit zur Deeskalation wird immer wichtiger, um die Sicherheit der Beschäftigten zu gewährleisten.
Der Inhalt des Trainings und die gemeinsame Zielsetzung
Das Deeskalationstraining vermittelt den Teilnehmenden sowohl theoretische als auch praktische Fähigkeiten zur Riskomanagement in stressigen Situationen. Es wird viel Wert auf Körpersprache gelegt, da diese in der Kommunikation mit Patienten entscheidend sein kann. In Übungen wird den Teilnehmern gezeigt, wie sie in kritischen Momenten reagieren und deeskalierend handeln können, ohne sich selbst oder die Patienten in Gefahr zu bringen.
Marie Oswald bringt zum Ausdruck, dass sie von dem Training ein stärkeres Auftreten in bedrohlichen Situationen erwartet. Sie erhofft sich zudem, effektive Selbstverteidigungstechniken zu erlernen. Diese Hoffnung ist nicht unbegründet, denn in einer Zeit, in der Pflegekräfte immer häufiger Opfer von Gewalt werden, ist es unerlässlich, dass sie sich auf verschiedenste Weisen schützen können.
Die Herausforderungen im medizinischen Bereich sind klar und die Furcht vor körperlichen Übergriffen belastet das Personal. Dennoch wollen Oswald und Jurgeleit ihren Beruf nicht aufgeben. „Trotz der Schwierigkeiten denke ich gar nicht daran, meinen Job zu kündigen. Wir sind hier, um unseren Patienten zu helfen“, erklärt Jurgeleit. Die Entschlossenheit, trotz aller Herausforderungen weiterzuarbeiten, zeigt den hohen Einsatz und das Engagement des Pflegepersonals, das täglich mit großem Risiko für seine eigene Sicherheit konfrontiert ist.
– NAG