Die Waldbesitzer in Schleswig-Holstein stehen vor erheblichen Herausforderungen, die durch das Lieferkettengesetz entstehen. Laut Hans-Caspar Graf zu Rantzau, dem Vorsitzenden des Waldbesitzerverbands in der Region, ist eine Umsetzung des Gesetzes schlichtweg unrealistisch. Graf zu Rantzau kritisiert die politischen Entscheidungsträger sowohl auf europäischer als auch auf nationaler Ebene und betont, dass der Entwurf des Gesetzes nicht den tatsächlichen Gegebenheiten vor Ort entspricht.
Das Lieferkettengesetz zielt darauf ab, den Raubbau an Wäldern weltweit einzudämmen. Doch die dafür erforderlichen Nachweise, die für jedes Stück Holz von den 1,8 Millionen Waldbesitzern in Deutschland erbracht werden sollen, scheinen für die Betroffenen unüberwindlich. „Das ist hochkomplex“, so Graf zu Rantzau. Er ist der Meinung, dass die Gesetzgeber die Realität vor Ort nicht ausreichend berücksichtigt haben. Um die Herkunft jedes einzelnen Baumes nachzuweisen, sei der Nachweis des genauen Standorts notwendig, was ohne eine entsprechende Verwaltungsstruktur nicht praktikabel ist.
Kritik an der Bürokratisierung
Die Frist für die Umsetzung des Gesetzes ist auf den 31. Dezember 2024 datiert, jedoch erhebt Graf zu Rantzau schwere Vorwürfe gegen die Verantwortlichen. „Es ist völlig unrealistisch, dass dies bis dahin umgesetzt werden kann. Bis jetzt wurde nicht einmal eine einzige Person eingestellt, um das zu bewältigen. Es fehlen jegliche Strukturen in Deutschland und auch in anderen EU-Staaten“, äußert er sich besorgt. Die Anforderungen, die an die Waldbesitzer und die Verwaltung gestellt werden, könnten sich als standortschädigend herausstellen.
In einem weiteren kritischen Punkt fragt Graf zu Rantzau, ob die EU-Parlamentarier tatsächlich glauben, dass Holzlieferanten aus Ländern wie Brasilien oder anderen Regionen die geforderten Nachweise erbringen können. Ihm zufolge wird eine solche Gesetzeslage die Holzindustrie in Deutschland lahmlegen: „Wenn das Gesetz gültig bleibt, werden wir keinen Baum mehr schlagen dürfen. Der Holzhandel wird sich stoppen, und es gibt keine Aktivitäten mehr in den Sägewerken und Papierfabriken.“
Das Landwirtschaftsministerium hat bislang auf die Herausforderungen reagiert und signalisiert, dass eine Anpassung der Fristen und Bedingungen notwendig sei. „Die Situation ist erkannt worden, und es wird mehr Zeit gefordert“, erklärt Graf zu Rantzau. Dennoch bleibt die Frage, wie ernsthaft die politischen Entscheidungsträger die Bedenken der Waldbesitzer berücksichtigen wollen. Der Geschäftsführer der Gutsverwaltung Pronstorf sieht sich ebenfalls nicht in der Lage, die neuen Vorschriften umzusetzen und empfindet das Gesetz als „schwachsinnig“.
Das bevorstehende Moratorium könnte für viele Waldbesitzer ein notwendiges Übel darstellen, denn der gut gemeinte Ansatz könnte letztendlich in einer wirtschaftlichen Katastrophe enden. Graf zu Rantzau ist überzeugt, dass das gesetzgeberische Ziel zwar lobenswert ist, jedoch die Durchführung vor Ort schlichtweg nicht machbar erscheint, und appelliert an die Politiker, realistischere Lösungen zu finden, um die Interessen lokaler Waldbesitzer zu schützen.
– NAG