Dresden

Fledermaus-Tempolimit in Dresden: Phantom oder Geldmacher?

In Dresden gilt auf der Waldschlößchenbrücke ein umstrittenes Tempo-Limit zum Schutz der angeblich dort lebenden, aber bislang nie gesichteten Fledermausart Kleine Hufeisennase, was seit 2013 zu über 175.000 Tempo-Verstößen und mehr als 6 Millionen Euro an Bußgeldern geführt hat.

Dresden – In der sächsischen Landeshauptstadt sorgt ein ungewöhnliches Tempolimit für Aufregung und Fragen. Der langsam hollende Klang des Geldes ist abends oft in der Luft der Waldschlößchenbrücke zu hören, die eine wichtige Verbindung zwischen den Stadtteilen Johannstadt und Radeberger Vorstadt herstellt. Hier gilt es, besonders vorsichtig zu fahren. Ein spezielles Tempolimit, das auf die mögliche Anwesenheit von Fledermäusen – genauer gesagt der kleinen Hufeisennase – hinweist, zwingt Autofahrer regelmäßig zum Bremsen.

Die Situation ist allerdings ein wenig kurios, denn Behauptungen zufolge wurde die kleine Hufeisennase an dieser strategisch wichtigen Stelle, seit ihrer Einweihung im August 2013, noch nie gesichtet. Laut Angaben der Stadt haben Autofahrer seitdem über 175.830 Geschwindigkeitsüberschreitungen begangen, die zu Bußgeldern in Millionenhöhe führten. Ein weitaus komplexerer Rechtsrahmen als gewöhnlich beschreibt die Geschwindigkeitsvorschriften dieser Brücke, und nur wenige Motoristen scheinen die Regeln tatsächlich zu verstehen.

Die Regeln zur Geschwindigkeitsbegrenzung

Die Regelung diktiert, dass auf der Brücke normalerweise Tempo 50 gilt. Doch in bestimmten Monaten und zu festgelegten Zeiten ist ein drastisches Abbremsen geboten: Im April von 19 bis 7 Uhr, im Mai und Juni von 20 bis 6 Uhr, im August und September von 19 bis 6 Uhr sowie im Oktober von 18 bis 7 Uhr. In diesen Zeitrahmen müssen Autofahrer die Geschwindigkeit auf 30 km/h reduzieren, um tierischen Kollisionen vorzubeugen.

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Doch die Frage bleibt: Wo sind die Fledermäuse? Valerie Eckl von der Landesdirektion Sachsen räumt ein, dass keine Nachweise vorliegen, die die Anwesenheit dieser Tiere belegen. Während eines 2022 durchgeführten Projekts zur Bestandsaufnahme fand man zwar andere Fledermausarten wie das Braune Langohr und die Wasserfledermaus, jedoch blieb die kleine Hufeisennase ein Phantom. Trotz alledem gibt es auch Hoffnungen auf ein wenig mehr Sensibilität, was das Thema Arten- und Naturschutz betrifft.

Wirtschaftlicher Aspekt des Tempolimits

Die Stadt Dresden hat jedoch deutlich aus den verordneten Geschwindigkeitsbegrenzungen profitiert. Mit den zwei Blitzeranlagen, die auf der Waldschlößchenbrücke aufgestellt wurden, hat die Stadt seit Einführung dieses Limits über 6,23 Millionen Euro an Bußgeldern eingenommen. Dies weckt natürlich das Misstrauen einiger Politiker. Der CDU-Rechtsexperte Martin Modschiedler und Stadtrat Holger Zastrow kritisieren die anhaltende Regelung, da sie glauben, dass ohne die eigentliche Gefahr durch die Fledermäuse, das Tempolimit unangemessen und sogar als Schikane für Autofahrer angesehen werden sollte.

So fordert Zastrow, dass die Geschwindigkeitsvorschriften aufgehoben werden sollten, da die kleine Hufeisennase weder gesichtet wurde noch jemals ein Unfall mit einem Auto auf dieser Brücke passiert ist. Auf keinen anderen Brücken in Dresden gibt es derartige Einschränkungen, was die Debatte über Forstgesetzgebung und tierische Schutzmaßnahmen noch stärker anheizt.

Die Waldschlößchenbrücke ist zudem nicht ohne Kontroversen entstanden. Ein jahrelanger Streit zwischen Umweltschützern und Befürwortern führte dazu, dass ein Bürgerentscheid die Erbauung der Brücke letztendlich genehmigte, was zur Aberkennung des UNESCO-Welterbetitels für Dresden führte. Dies unterstreicht die stets angespannte Beziehung zwischen urbanen Entwicklungen und dem notwendigen Schutz der natürlichen Umgebung, welche nicht immer in Einklang zu bringen sind.

Heute zählt die Waldschlößchenbrücke zu den am stärksten befahrenen Einrichtungen der Stadt, die jährlich über eine Million Radfahrer und neun Millionen Autofahrer verzeichnet. Die Nebensächlichkeit der kleinen Hufeisennase könnte bald zum Anlass für eine Neubewertung der bestehenden Verkehrsregeln führen, aber bis dahin bleibt das Tempolimit eine Kuriosität und eine Herausforderung für die Autofahrer auf Dresdens Straßen.

– NAG

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