Der Weg durch Quedlinburg kann für Menschen mit einem Rollstuhl eine echte Herausforderung sein. Klaus Stegmann, der seit 24 Jahren querschnittsgelähmt ist, erlebt dies hautnah. Mit seinem Rollstuhl versucht er, sich durch die historische Stadt zu bewegen, als er an einem Bordstein stecken bleibt. „Das wird jetzt nichts“, sagt er resigniert und zeigt damit, wie alltäglich solche Hindernisse für ihn sind.
Der 66-Jährige ist Teil der Arbeitsgruppe „Barrierefreie Welterbestadt Quedlinburg“ und gemeinsam mit dem Oberbürgermeister Frank Ruch (CDU) unterwegs. Ruch hat sich auf die Fahnen geschrieben, Barrieren in der Stadt zu reduzieren, nachdem er im Wahlkampf versprochen hatte, die Herausforderungen für Menschen mit Behinderungen hautnah zu erleben.
Ein versprochenes Engagement
Jedes Jahr veranstaltet Ruch einen Rundgang durch Quedlinburg, bei dem er auf die Bedürfnisse derjenigen eingeht, die auf Barrierefreiheit angewiesen sind. Er betont, dass eine historische Stadt wie Quedlinburg niemals völlig barrierefrei sein kann, doch kontinuierliche Verbesserungen seien auf jeden Fall möglich. „Es gibt immer Möglichkeiten, in diesem Bereich etwas zu verbessern“, so Ruch.
Zusammen mit rund 30 Menschen, darunter Rollstuhlfahrer und Angehörige, nimmt er an diesem zehnten Rundgang teil. Unterwegs kommt es immer wieder zu Begegnungen mit baulichen Hindernissen. Etwa als Ute Kittel mit ihrem Rollstuhl an einem Baustellenschild hängen bleibt und in Panik gerät. Solche Vorfälle sind keine Seltenheit.
Hindernisse und Fortschritte
Während des Rundgangs werden zahlreiche Problemstellen dokumentiert. Von Bordsteinkanten über Schlaglöcher bis hin zu unpraktisch platzierten Schildern – die Liste ist lang. Oberbürgermeister Ruch ist stolz darauf, dass in den letzten Jahren etwa 100 solcher Hindernisse beseitigt wurden. Trotzdem bleibt noch viel zu tun.
In den vergangenen Jahren wurden bereits einige positive Veränderungen umgesetzt: Die Eingänge von Kirchen wurden mit flacheren Rampen ausgestattet, zahlreiche Schlaglöcher beseitigt und Gehwegplatten ausgetauscht. Größere Maßnahmen, wie das Anlegen glatter Rollstuhlrouten oder umfassende Straßensanierungen, stehen jedoch oft in der Warteschlange, da solche Projekte viel Zeit und Geld kosten. „Ein Bordstein abzusenken oder einen Laternenpfahl zu versetzen, sind kostspielige Vorhaben, die sich eine Stadt wie Quedlinburg kaum leisten kann“, erklärt Ruch.
Trotz dieser Hindernisse sieht Stegmann Ansätze, die Situation zu verbessern. Besonders wichtig ist ihm die Sichtbarkeit der Zugänge für Touristen. An der Kulturkirche St. Blasii beispielsweise gibt es eine unscheinbare Klingel, die den Weg zu einem barrierefreien Zugang signalisiert. Warum ist dieser Zugang aber nicht deutlich erkennbar und warum fehlt es an direkt sichtbaren Hinweisen für Besucher? Das fragt sich Stegmann und fordert eine bessere Beschilderung.
Die Debatte über Barrierefreiheit in Quedlinburg bleibt also lebhaft. Während einige Hindernisse bereits beseitigt wurden, sind neue Ideen und anhaltende Gespräche nötig, um die Stadt für alle zugänglicher zu gestalten. Jeder Schritt, auch klein, ist ein Fortschritt auf dem Weg zu mehr Inklusion und Teilhabe im öffentlichen Raum. Wie www.mdr.de berichtet, ist der Wunsch nach einem völlig barrierefreien Quedlinburg mehr als nur ein theoretisches Ziel.