Das vergangene Wochenende war im Kultursalon „Wandliebe“ von Marianne und Heiner Stumpf ein großer Erfolg, jedoch mussten einige Interessierte draußen bleiben, da die Veranstaltung ausverkauft war. Der Grund für das große Interesse war eine Lesung von Hans-Hagen Nolte, der sein neuestes Werk „Juda – Geschichte eines Buches“ vorstellte. Der Titel wirft viele Fragen auf und die Präsentation zog sofort die Aufmerksamkeit der Besucher an, die sich für die tiefen Inhalte hinter dem Titel und dem bedeutsamen Cover im Hintergrund des Davidsterns interessieren.
Bei der Lesung erzählte Nolte eine fesselnde Geschichte, die sich um einen adeligen Verleger aus Niedersachsen, einen talentierten jüdischen Zeichner aus Galizien und einen aufstrebenden Verleger aus Goslar dreht. Diese außergewöhnliche Freundschaft und Zusammenarbeit gipfelte im Jahr 1900 in der Veröffentlichung eines gemeinsamen Buchprojekts, das zunächst großen Erfolg hatte. Doch hinter dieser Erzählung verbirgt sich nicht nur eine kreative Erfolgsgeschichte, sondern auch eine tiefere Reflexion über den Antisemitismus jener Zeit, die stark in die Biografien der Protagonisten eingewoben ist.
Die Gesichter hinter dem Buch
Im Mittelpunkt steht Friedrich Adolf Lattmann, der Großvater von Hans-Hagen Nolte, der als Verleger hochgelobte Drucke und Bindungen hervorbrachte. Das Buch „Juda“ war von solch hoher Qualität, dass es rasch zahlreiche Auflagen erreichte und in viele Sprachen übersetzt wurde. Lattmanns Freund Börries von Münchhausen steuerte die Balladensammlung bei, während der talentierte Ephraim Moses Lilien, trotz seiner bescheidenen Verhältnisse, die kunstvollen Jugendstil-Illustrationen beisteuerte. Diese künstlerischen Leistungen waren zu einer Zeit besonders wertvoll, in der neue literarische Strömungen wie der Expressionismus aufkamen und das kulturelle Klima in Deutschland beeinflussten.
Dennoch ist interessante Ironie: Der Ruhm, der Lattmann und seiner Zusammenarbeit während der Weimarer Republik zuteilwurde, verblasste, als der Nationalsozialismus aufkam. Ab 1933 fand sich das Trio in einem sich stark verändernden kulturellen Umfeld wieder. Friedrich Adolf Lattmann musste seinen Verlag aufgrund seiner Geschäftstüchtigkeit schließen, und Münchhausen brach die Verbindung zu ihm ab. Ein Briefwechsel zwischen den beiden dokumentiert derart gravierende Charakterzüge.
Noltes Lesung war ein tiefgehendes Eintauchen in die Vergangenheit, in der er nicht nur über den Erfolg des Buches sprach, sondern auch den schmerzhaften Kontext von Antisemitismus und den Verlust von Erfolg und Freundschaft aufzeigt. Dies geschah niemals ausschweifend oder langatmig; Nolte verstand es, die Zuhörer zu fesseln und für die kulturellen und geschichtlichen Bezüge seiner Erzählung zu interessieren.
Ein Blick in die Zukunft
Der Autor betont, dass der zeitgeschichtliche Kontext essenziell ist, um das Buch „Juda“ und dessen Bedeutung in der deutschen Kulturgeschichte zu verstehen. Dies zeigt sich vor allem in den letzten Lebensjahren von Friedrich Adolf Lattmann, der erneut mit Kreuzungen des deutschen Hochadels in Berührung kam, jedoch in einem vollkommen anderen Licht. Diese Wendung lässt die Zuhörer nachdenklich zurück.
„Juda – Geschichte eines Buches“ ist in zwei Formaten erhältlich, Hardcover und Softcover, und kann in jedem Buchladen oder über Internetanbieter gekauft werden. Zudem wird eine weitere Lesung am 21. November in Zusammenarbeit mit der Stadtbibliothek und der Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit stattfinden, um diese bewegende Geschichte weiter zu beleuchten.
Für Details zur Lesung und dem Buch selbst lohnt sich ein Blick auf die Internetseite, wo weitere Informationen zu finden sind. Die passionierte Erzählweise von Hans-Hagen Nolte zieht nicht nur Literaturliebhaber an, sondern regt auch zur Auseinandersetzung mit einem wichtigen Kapitel der Geschichte an.