Gütersloh

Schreiben in Wiltingen: Zwei junge Männer beleben die Kunst der Schreibmaschine

Zwei junge Männer aus Wiltingen, Jakob Kramp und Paul Hallmanns, begeistern sich leidenschaftlich für alte Schreibmaschinen, die sie sammeln, reparieren und nutzen, um den besonderen Charme und die Handwerkskunst vergangener Zeiten zu bewahren.

In der kleinen Ortschaft Wiltingen an der Saar haben zwei junge Männer, Jakob Kramp und Paul Hallmanns, eine unkonventionelle Leidenschaft entwickelt, die sie tief in die Vergangenheit führt. Diese Begeisterung gilt nicht etwa modernen technischen Geräten, sondern alten Schreibmaschinen, die in der heutigen digitalen Welt ein eher nostalgisches Dasein fristen. In einem gemütlichen Raum voller plastikfreier Antiquitäten und schimmernden Metalloberflächen betätigt Jakob Kramp seine 90 Jahre alte Olivetti Ico. Die Geräuschkulisse dieser mechanischen Wunderwerke ist nicht nur Teil ihres Charmes, sondern auch der Grund, warum die beiden als begeisterte Sammler und Restauratoren in ganz Deutschland Anerkennung finden.

Paul Hallmanns, der Chef der Schreibmaschinen-Werkstatt, die die beiden vor fünf Jahren in einem umgebauten Heuboden eröffnet haben, spricht mit sichtlichem Stolz über ihre Sammlung. „Wir haben über 100 Schreibmaschinen hier“, erzählt er. Ihre Faszination begann, als sie als Kinder die Schreibgeräte ihrer Großmutter und Großtante entdeckten. Diese Erinnerungen sind noch immer lebendig, und die beiden erleben es als bereichernd und spannend, durch die Geschichte der Schreibmaschinen zu reisen. Die Kombination aus nostalgischem Flair, mechanischem Klängen und der gusseisernen Ästhetik hat sie in ihren Bann gezogen.

Die Faszination für die Mechanik

Das Geräusch der Tasten, das Klacken beim Schreiben und das Surren der Walze, die zurückspringt, sind für Jakob und Paul nicht nur Lärm; es ist Musik in ihren Ohren. „Man stanzt die Gedanken ins Papier, und zwischen dir und dem Papier steht nichts“, sagt Jakob, der durch sein Physikstudium in Aachen ebenfalls ein technisches Verständnis für die Geräte entwickelt hat. Auch wenn es für einige vielleicht seltsam erscheint, seine Einkaufszettel auf einer Schreibmaschine zu notieren, ist es für ihn eine Art der Entschleunigung. „Es ist etwas Beruhigendes, mit der Hand zu schreiben, anstatt einfach nur auf einer Tastatur zu tippen“, erklärt er weiter.

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„In Deutschland gibt es kaum noch Orte, an denen man Schreibmaschinen reparieren lassen kann“, fügt Paul hinzu, der Lebensmittelpunkt des jungen Duos ist nicht nur von der Leidenschaft geprägt, sondern auch von der Notwendigkeit, der verblassenden Tradition neuen Schwung zu verleihen. Es gibt jedoch noch eine treue Anhängerschaft von Nutzern, die die oft emotionalen Werte ihrer Schreibmaschinen schätzen. So kommen auch im kleinen Wiltingen immer wieder Kunden vorbei, darunter ein Winzer, der seine Rechnungen noch auf der Schreibmaschine tippt.

Die Wiederbelebung eines Handwerks

In einem kleinen Atelier arbeiten Jakob und Paul nicht nur an der Reparatur, sondern auch am Verkauf von funktionierenden Maschinen, die sie liebevoll restauriert haben. Ihre Kunden reichen von leidenschaftlichen Sammlern bis hin zu Neuinteressierten, die das Handwerk der Schriftsteller vergangener Zeiten wieder entdecken möchten. „Die meisten sind begeistert und haben oft Geschichten über die alten Maschinen, die sie uns erzählen“, so Hallmanns. Witzig, dass sie sogar schon eine Maschine nach Amerika verkauft haben!

Das handwerkliche Geschick und die Expertise in der Reparatur von Schreibmaschinen haben die beiden über die Jahre hinweg selbst erlernt. Anfangs haben sie auch an vielen Geräten gescheitert, aber durch Erfahrung und Experimentierfreude haben sie mittlerweile eine immense Kompetenz in diesem speziellen Bereich erworben. Es ist jedoch nicht alles rosa: Die Suche nach Ersatzteilen gestaltet sich oft als Herausforderung, da nur wenige Immobilien oder Fabriken noch solche Teile produzieren.

Schreibmaschinen haben jedoch mehr als nur einen nostalgischen Wert. Veit Didczuneit, Leiter der Sammlungen im Museum für Kommunikation Berlin, beschreibt sie als „positiv besetzt“. Die Menschen, die ihre alten Maschinen spenden, kommen oft mit schönen kleinen Geschichten, und so sammeln sie ein Stück Geschichte. Die Maschinen zieren nicht nur Büros, sondern stehen auch in vielen Wohnzimmern als charmante Deko.

Ein Stück Geschichte im Alltag

Paul, der bald ein Auslandssemester in Bologna antreten wird, plant, seine Olivetti Ico als ständigen Begleiter mitzunehmen. „Ohne Schreibmaschine geht es nicht“, sagt er mit einem Schmunzeln. Seine Worte reflektieren die enge Verbindung zu diesen mechanischen Geräten, die für ihn mehr als nur Schreibwerkzeuge sind – sie sind Erinnerungsstücke und Symbole einer Zeit, in der das Geschriebene noch Handarbeit war.

Die kulturelle Bedeutung von Schreibmaschinen

Die Schreibmaschine hat im Laufe der Geschichte nicht nur die Art und Weise revolutioniert, wie Texte erstellt werden, sondern auch einen kulturellen Einfluss ausgeübt, der weit über ihre technische Funktion hinausgeht. Sie wurde zu einem Symbol für Kreativität und Individualität, insbesondere während der literarischen Bewegungen des 20. Jahrhunderts. Autoren wie Ernest Hemingway und Agatha Christie schätzten die Schreibmaschine als Werkzeug der Kreativität und Kreativität.

Mit dem Aufkommen des Computers in den späten 20. Jahrhunderts erlebte die Schreibmaschine einen Rückgang in der Nutzung. Dennoch bleibt sie für viele Menschen ein wichtiges Symbol der Vergangenheit. In der heutigen Zeit erleben Schreibmaschinen eine Art Revival, insbesondere unter Künstlern und Schriftstellern, die den analogen Schreibprozess und die damit verbundene Haptik schätzen. Kramp und Hallmanns tragen zu diesem Revival bei, indem sie der alten Technik neues Leben einhauchen und sie in einen modernen Kontext stellen.

Rolle der Schreibmaschinen in der Bildung

In den Schulen vergangener Jahrzehnte spielte die Schreibmaschine eine zentrale Rolle in der Ausbildung junger Menschen. Sie half, Schreibfähigkeiten zu entwickeln und förderte die Kommunikation. In einer Zeit, als Computer nicht weit verbreitet waren, waren Schreibmaschinen oft das einzige verfügbare Werkzeug zum Schreiben von Aufsätzen, Briefen oder Protokollen. Diese Erfahrung haben auch Kramp und Hallmanns gemacht, als sie in der Schülervertretung Protokolle auf der Schreibmaschine tippten.

Heute wird die Schreibmaschine seltener im Bildungssystem eingesetzt, da digitale Geräte dominieren. Dennoch gibt es Initiativen, die die Verwendung von Schreibmaschinen in Workshops zur kreativen Schreibförderung wiederbeleben. Diese Veranstaltungen sollen den Teilnehmern helfen, den Wert des physischen Schreibens zu erkennen – eine Technik, die in einer digitalisierten Welt oft vergessen wird. Übungen mit Schreibmaschinen fördern die Schriftsteller zur Achtsamkeit und helfen, den kreativen Fluss zu steigern.

– NAG

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