Duderstadt (dpa/tmn) – Suchtberater spielen eine entscheidende Rolle in der Gesellschaft, indem sie Menschen unterstützen, die mit verschiedenen Formen von Sucht kämpfen, sei es Alkohol, Drogen, Glücksspiel oder Mediennutzungsprobleme. In einem Berufsfeld, das für viele unverzichtbar ist, stehen sie nicht nur als Berater zur Seite, sondern tragen auch zur Aufklärung über Präventionsmaßnahmen bei. Jens Klie, ein engagierter Sozialarbeiter und Suchttherapeut in Ausbildung beim Caritasverband Südniedersachsen, teilt seine Erfahrungen und Einblicke aus seinem beruflichen Alltag.
Die Motivation, diesen Weg zu gehen, rührt oft aus persönlichen Erlebnissen. Klie berichtet, dass er bereits in seiner Jugend mit dem Konsumverhalten von Gleichaltrigen konfrontiert war und sich zunehmend für die Geschichten und Hintergründe dieser Menschen interessierte. Diese Neugierde führte ihn zunächst zur sozialen Arbeit, wo er ein Studium absolvierte, bevor er die spezifische Ausbildung zum Suchttherapeuten begann. Der aktuelle Ausbildungsweg dauert drei Jahre und ist ein traditioneller Einstieg in die Suchttherapie. Alternativ gibt es auch spezialisierte Masterstudiengänge, die auf einen Abschluss in sozialer Arbeit oder Pädagogik aufbauen.
Berufsalltag der Suchtberater
Jens Klie beschreibt seinen Berufsalltag als abwechslungsreich und alles andere als monoton. Es gibt keine typischen Arbeitstage – jeder Tag bringt neue Herausforderungen und individuelle Klienten, welche die Vielfalt dieser Arbeit ausmachen. Die Beratung umfasst nicht nur Einzelgespräche mit Klienten, sondern auch die Unterstützung von Angehörigen und sogar Unternehmen. Die Aufgaben reichen von der Hilfe bei der Erstellung von Rehabilitationsanträgen bis hin zur Durchführung von Therapiegesprächen.
Ein wesentlicher Bestandteil seiner Arbeit ist die Prävention. Klie und seine Kollegen besuchen Schulen und Kindergärten, um über Suchterkrankungen und psychische Belastungen aufzuklären. Diese präventiven Maßnahmen sind entscheidend, um frühzeitig mögliche Suchtverhalten zu erkennen und entgegenzuwirken.
Die Begegnungen mit Menschen, die mit Sucht kämpfen, sind nicht nur herausfordernd, sie sind auch bereichernd. Klie betont, dass er von den eigenen Erfahrungen seiner Klienten profitiert, auch wenn die ständige Dokumentation und die notwendige Ausdauer manchmal anstrengend sein können. Ein häufiges Problem in diesem Bereich ist, dass viele Klienten sporadisch erscheinen, oft weil sie nur durch äußere Umstände motiviert sind und nicht aus eigenem Antrieb.
In der Arbeit mit Klienten wird oft deutlich, dass es nicht nur um die Sucht selbst geht, sondern auch um tiefere, traumatische Erlebnisse – sei es Gewalt oder andere Formen des Missbrauchs. Der Umgang mit diesen Themen erfordert Feingefühl und Empathie. Klie hebt hervor, dass Suchtberater das Geschehen nicht unberührt lassen können und daher auf ihre eigene mentale Gesundheit achten müssen.
Ausblick und Herausforderungen
Die Relevanz des Berufes Suchtberater wird in den kommenden Jahren wohl nicht abnehmen, besonders vor dem Hintergrund gesellschaftlicher Entwicklungen wie der Legalisierung von Cannabis. Jens Klie fragt sich, welche neuen Herausforderungen durch diese Veränderungen aufkommen werden, insbesondere in Bezug auf die Entstehung und das Management von Verhaltenssüchten im digitalen Zeitalter.
Ein drängendes Problem ist die Finanzierung der Suchtberatungsstellen. Diese Einrichtungen sind oftmals nicht dauerhaft im Sozialgesetzbuch verankert, was bedeutet, dass die Wohlfahrtsverbände ständig dafür kämpfen müssen, die Relevanz ihrer Arbeit gegenüber der Politik zu verdeutlichen und Mittel für ihre Angebote zu sichern. Eine anhaltende Stigmatisierung von suchtkranken Menschen stellt ein weiteres Hindernis dar, das Klie als Teil seiner beruflichen Mission betrachtet: Vorurteile abzubauen und auf die individuellen Herausforderungen der Klienten aufmerksam zu machen.
Verdienstaussichten und gesellschaftliche Rolle
Die Gehälter von Suchtberatern variieren je nach Arbeitgeber, Ausbildung und Region. Laut der Bundesagentur für Arbeit liegt das durchschnittliche Bruttoeinkommen bei etwa 4.222 Euro pro Monat in Vollzeit. Dies entspricht oft den Gehältern von Sozialpädagogen und kann in bestimmten Fällen mit dem Einkommen von Psychologen verglichen werden.
In Anbetracht der Komplexität und der Verantwortung, die diese Arbeit mit sich bringt, stellt sich die Frage, wie die Gesellschaft künftig mit den Herausforderungen der Suchtprävention und -therapie umgehen wird. Der stetige Bedarf an spezialisierten Fachkräften zeigt, wie wichtig es ist, diese Berufe zu fördern und zu unterstützen.
Hintergrundinformation zur Suchtberatung
Die Suchtberatung in Deutschland hat sich über die letzten Jahrzehnte erheblich weiterentwickelt, um den steigenden und sich verändernden Anforderungen gerecht zu werden. Die Gesellschaft sieht sich heute mit einer Vielzahl von Suchtformen konfrontiert, die über traditionelle Drogen- und Alkoholabhängigkeit hinausgehen. Der Missbrauch von Spielsucht, Internet- und Computerspielen sowie anderen Verhaltenssüchten stellt Fachleute vor neue Herausforderungen.
Statistiken zeigen, dass in Deutschland etwa 1,6 Millionen Menschen an einer Alkoholabhängigkeit leiden, während die Zahl der Personen mit Drogenabhängigkeit auf rund 300.000 geschätzt wird. Dazu kommt eine wachsende Zahl von Menschen, die an Verhaltenssüchte leiden, wie etwa Online-Spielsucht oder Internetsucht. Diese Vielfalt an Suchtformen erfordert spezifische und angepasste Behandlungsmethoden, die Suchtberater und Therapeuten heute anbieten müssen. Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen bietet umfangreiche Informationen zu dieser Thematik.
Statistiken und Daten zur Suchtverbreitung
Laut dem aktuellen Drogen- und Suchtbericht der Bundesregierung zeigen sich bemerkenswerte Trends im Konsumverhalten. Die Studie von 2021 zeigt, dass mehr als 50% der Jugendlichen zwischen 12 und 17 Jahren Erfahrungen mit Alkohol gemacht haben, wodurch die Notwendigkeit von Präventionsprogrammen an Schulen und in sozialen Einrichtungen verdeutlicht wird. Ein weiterer alarmierender Trend zeigt, dass die Nutzung von Glücksspielangeboten unter Jugendlichen und jungen Erwachsenen signifikant ansteigt. Dies unterstreicht die Rolle der Suchtberater, die diese gefährdeten Gruppen über die Risiken aufklären und unterstützen müssen. Informationen dazu finden sich auch auf der Website des Bundesministerium für Gesundheit.
Historische Parallelen in der Suchtbekämpfung
Historisch betrachtet gibt es Ähnlichkeiten zwischen der heutigen Suchtberatung und früheren Krisen wie der Alkoholprohibition in den USA während der 1920er Jahre. Diese Periode führte zu einem drastischen Anstieg des illegalen Alkoholhandels und der damit verbundenen Kriminalität. In der gegenwärtigen Situation zeigt die Legalisierung von Cannabis in verschiedenen Ländern Parallelen zur Prohibition, da auch hier Überlegungen zur Regulierung und Prävention von Suchtverhalten im Vordergrund stehen. Es ist entscheidend, aus diesen historischen Lektionen zu lernen, um eine effektive Suchtpräventions- und Beratungsstruktur aufzubauen.
Schlussfolgerung zur Relevanz der Suchtberatung
Die Arbeit der Suchtberater ist essenziell für die Gesellschaft, um sowohl individuelle als auch kommunale Herausforderungen im Umgang mit Suchtverhalten zu bewältigen. Durch individuelle Beratungsansätze sowie präventive Programme können sie dazu beitragen, die Stigmatisierung der Betroffenen abzubauen und ihnen einen Weg zurück zu einem selbstbestimmten Leben zu ermöglichen. Angesichts der wachsenden Herausforderungen durch neue Suchtformen bleibt der Beruf auch in Zukunft von großer Bedeutung und erfordert ständige Anpassungen und Fortbildungen für die Fachkräfte.
– NAG