Bonn (dpa) – Eine erschreckende Erkenntnis zieht sich durch die Ergebnisse der neuesten Studie «Inklusionsbarometer Jugend» der Sozialorganisation Aktion Mensch: Junge Menschen mit Beeinträchtigungen erleben signifikant größere Unzufriedenheit in ihrem Leben als ihre Altersgenossen ohne Beeinträchtigungen. Der Grund? Diskriminierung und eingeschränkte gesellschaftliche Teilhabe. Laut der Umfrage, in der 718 beeinträchtigte und 724 nicht-beeinträchtigte junge Erwachsene zwischen 14 und 27 Jahren befragt wurden, sehen sich die beeinträchtigten Teilnehmer mit massiven Herausforderungen konfrontiert.
Von den befragten jungen Menschen mit Beeinträchtigung geben nur 53 Prozent an, mit ihrem Leben insgesamt zufrieden zu sein. Im krassen Gegensatz dazu fühlen sich über 78 Prozent der nicht-beeinträchtigten Jugendlichen wohl. Das bedeutet, dass viele aufgrund ihrer Beeinträchtigungen nicht nur weniger glücklich sind, sondern auch verstärkt Diskriminierung erfahren. Während 61 Prozent der gesunden Teilnehmer in ihrem Leben bereits Diskriminierung erlebten, berichtet fast jeder zweite (85 Prozent) der beeinträchtigten Antworten von ähnlichen Erfahrungen.
Gesellschaftliche Teilhabe und Einsamkeit
Die Auswirkungen sind gravierend: Die Studie belegt, dass 26 Prozent der beeinträchtigten jungen Menschen sich einsam fühlen, im Vergleich zu nur 13 Prozent derjenigen ohne Beeinträchtigung. Diese Einsamkeit steht in direktem Zusammenhang mit den Schwierigkeiten, neue Freundschaften zu schließen. Dennoch ist dies nicht das einzige Hindernis, das sie überwinden müssen. Jugendliche mit Beeinträchtigung berichten zudem von einem Gefühl der geringeren Selbstbestimmung – sie haben das Gefühl, weniger Einfluss auf wichtige Lebensentscheidungen wie die Wahl der Schule oder Berufsausbildung zu haben.
Die Zukunftssorgen scheinen ebenfalls stärker ausgeprägt zu sein: Während nur 16 Prozent der nicht-beeinträchtigten Jugendlichen über Zukunftsängste klagen, sind es 41 Prozent der Befragten mit Beeinträchtigungen. Diese hohe Zahl ist besonders besorgniserregend und wirft Fragen zur Unterstützung und Integration dieser jungen Menschen auf.
Christina Marx, Sprecherin von Aktion Mensch, hebt hervor, wie wichtig es ist, die gesellschaftliche Wahrnehmung von Vielfalt grundlegend zu ändern. «Die Zahlen verdeutlichen: Es ist noch ein weiter Weg, bis Vielfalt mehrheitlich als normal oder gar als Vorteil für unsere Gesellschaft wahrgenommen wird. Deshalb ist Inklusion von Anfang an in allen Lebensbereichen so wichtig», erklärt sie weiter. Von der frühzeitigen Vermittlung eines gleichberechtigten Miteinanders könnte schlussendlich die gesamte Gesellschaft profitieren, da die Spirale von Diskriminierung so möglicherweise gar nicht erst in Gang gesetzt wird.
Die Daten der Studie wurden im Zeitraum von November 2023 bis Februar 2024 in Kooperation mit Ipsos erhoben. Der erschreckende Befund macht klar: Es bleibt noch viel zu tun, um die Lebensqualität und Teilhabe von jungen Menschen mit Beeinträchtigungen in Deutschland signifikant zu verbessern.
– NAG