Bei den Literaturtagen in Bielefeld wird der neue Roman von Matthias Jügler mit dem Titel „Maifliegenzeit“ vorgestellt. Die Handlung des Buches ist sowohl dramatisch als auch zutiefst berührend: In der DDR wird einem frisch geborenen Kind das Leben genommen, als Ärzte den verzweifelten Eltern, Katrin und Hans, mitteilen, dass ihr Kind gestorben sei. Während Katrin in einem emotionalen Ausnahmezustand verharrt, zeigt sich Hans pragmatisch, erledigt die Bestattungsformalitäten und schaufelt selbst das Grab ihres Neugeborenen. Die unermessliche Tragik dieser Situation bleibt lange Zeit unberührt, bis Hans viele Jahre nach der Wende einen Anruf erhält, der die Ereignisse der Vergangenheit in einem neuen Licht erscheinen lässt.
Der Roman entfaltet sich auf mehreren Ebenen. Eine davon ist die ruhige, meditative Tätigkeit des Angelns, die Hans als Ausgleich erlebt. Hierbei entfaltet Jügler eindringliche Beschreibungen der Natur, die den Leser direkt in die stimmungsvolle Szenerie an der Unstrut eintauchen lassen. Das Fliegenfischen erfordert Geduld, hohe Konzentration und tiefes Wissen über verborgene geschehnisse unter der Wasseroberfläche. „Aber nur, weil sich etwas dem Blick so konsequent entzieht, heißt es nicht, dass es nicht existiert“, reflektiert Hans während seiner Angelerlebnisse.
Literarische Erzählweise und Themen
Jügler erzählt mit einer leisen, einfühlsamen Stimme, die es den Lesern ermöglicht, die Emotionen und Zwänge der Charaktere nachzuvollziehen. Das Angeln wird zum Sinnbild für Geduld und Ausharren, was die seelischen Nöte von Hans umso heftiger kontrastiert. Das Fließen des Wassers wird dabei zu einem Rückzugsort für Hans, wo die ruhige Umgebung ihn in seiner Trauer besonders berührt. Trotz der ergreifenden Ungewissheit, die über seinen Gedanken schwebt, ist der Roman auch eine Ode an die Fähigkeit, mit der Natur eins zu werden und Hoffnung zu schöpfen.
Matthias Jügler, geboren 1984, ist bereits für seine frühere Arbeiten ausgezeichnet worden, darunter sein Debütroman „Raubfischen“ aus dem Jahr 2015 sowie „Die Verlassenen“, die 2021 erschienen ist. 2022 wurde ihm der Klopstock-Preis von Sachsen-Anhalt verliehen. Seine literarischen Reisen führten ihn nicht nur durch Deutschland, sondern auch als Residence-Writer nach Reykjavik und als Stadtschreiber in seiner Heimatstadt Halle/Saale.
Der Roman hat bereits Kritiken auf sich gezogen, in denen seine Erzählweise gelobt wird. Julia Schoch beschreibt Jüglers Werk als „feinfühlig und zugleich kraftvoll“ und betont, dass „die Vergangenheit nie vorbei ist“. Diese duale Handlung lädt die Leser dazu ein, über die Komplexität von Verlust und Erinnerung nachzudenken.
Die Veranstaltung, bei der das Buch präsentiert wird, findet unter der Moderation von Dr. Udo Witthaus statt und umfasst musikalische Begleitungen von Nils Rabente am Klavier. Der Eintritt beträgt 12 Euro, ermäßigt 6 Euro, mit einer Streaming-Option für 5 Euro.
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