Immer mehr Unternehmen suchen aktiv nach Fachkräften im Ausland, um den eigenen Personalbedarf zu decken. Doch die Anwerbung ist nur der erste Schritt. Die wirkliche Herausforderung liegt in der Integration dieser neuen Mitarbeiter in ein ihnen völlig fremdes Umfeld. Fachleute betonen die Bedeutung eines strukturierten „Onboardings“, um den neuen Beschäftigten den Einstieg zu erleichtern. Wie das konkret aussieht, erklärt Eugenia Henke, die für die Integration von Pflegekräften aus den Philippinen im Agaplesion Diakonieklinikum Rotenburg an der Wümme verantwortlich ist.
Henke, die seit drei Jahren in dieser Position tätig ist, weist darauf hin, dass die Unterstützung für Zuwanderer nicht erst am ersten Arbeitstag beginnen sollte. „Ein systematisches Ankommen ist entscheidend“, so ihre Worte. Dabei müssen Unternehmen zahlreiche Herausforderungen bewältigen, insbesondere bürokratische Hürden, die von der Anerkennung von Qualifikationen bis zu Fragen der Arbeitsgenehmigungen reichen. Die Implementierung eines durchdachten Onboarding-Programms kann entscheidend sein, um die Mitarbeiterbindung zu fördern und Fluktuation zu minimieren.
Herausforderungen des Onboardings
Das erfolgreiche Onboarding neuer Mitarbeiter erfordert Aufmerksamkeit auf viele Details. Ein oft übersehener Aspekt ist die Zeitverschiebung bei virtuellen Bewerbungsgesprächen. Ist kein Übersetzer zur Verfügung, kann das zu Missverständnissen führen. Des Weiteren müssen die Sprachkenntnisse des Bewerbers eruiert und die Arbeitsabläufe im Unternehmen verständlich erklärt werden. Eine zentrale Frage bleibt: „Passt die Fachkraft in das Team und zur Unternehmenskultur?“
Der Prozess des Onboardings endet nicht mit der Unterzeichnung des Arbeitsvertrags. Später ist es wichtig, Unterstützung bei der beruflichen Anerkennung in Deutschland zu bieten und Mentoren für neue Mitarbeiter zu benennen. Eine praktische Maßnahme ist die Erstellung einer Begrüßungsmappe sowie die Durchführung eines Rundgangs durch das Unternehmen. Auch die Vorstellung im Team ist ein zentraler Bestandteil, bei dem Informationen zu Themen wie öffentlicher Nahverkehr oder Bankangelegenheiten weitergegeben werden sollten. Schriftliche Dokumente sind dabei besonders wichtig, um Sprachbarrieren zu überwinden.
Aufbau von persönlichen Beziehungen
Die Bedeutung persönlicher Kontakte in diesem Integrationsprozess hebt Eugenia Henke besonders hervor. Die Zeitspanne bis zur Einreise kann bis zu anderthalb Jahre betragen, daher führen sie regelmäßige Online-Gespräche, um bereits vor der Ankunft eine Beziehung aufzubauen. „Bis jetzt haben wir 40 Pflegekräfte nach Rotenburg geholt, und nur in einem Fall hat eine Mitarbeiterin aus familiären Gründen zurückkehren müssen“, berichtet sie stolz.
Henke sieht den Erfolg ihrer Integrationsarbeit in der etablierten Willkommenskultur des Unternehmens. Diese endet jedoch nicht abrupt; der Integrationsprozess kann Jahre dauern. Auch spätere Anliegen, wie der Familiennachzug oder die Suche nach einem Kita-Platz, werden von Henke unterstützt. Wenn neue Mitarbeiter die Möglichkeit zur Weiterbildung haben wollen, ist sie ebenfalls zur Stelle.
Ein weiterer wichtiger Aspekt der Integration ist die Einbindung der Stammbelegschaft. „Die täglichen Belastungen müssen von allen Mitarbeitern geteilt werden“, betont Henke. Daher ist es wichtig, regelmäßig mit den Abteilungsleitungen zu kommunizieren und Schulungen vor dem Eintreffen der neuen Mitarbeiter durchzuführen, damit jeder weiß, welche Rolle er im Integrationsprozess spielt.
Olivia Brohl-Schaffron, Leiterin des Projekts Welcome Center Sozialwirtschaft Baden-Württemberg, unterstützt Henkes Ansatz. Sie warnt jedoch davor, einige Aspekte dem Zufall zu überlassen. Trotz positiver Entwicklungen, wie dem Erstellen von Willkommensmappen in vielen Betrieben, liegt bei der Nutzung von Checklisten noch viel Spielraum für Verbesserungen. Ihrer Meinung nach ist eine Haltung zu den Zuwanderern entscheidend. Es bedarf einer „Kultur des Miteinanders“ und Offenheit für neue Perspektiven.
Die Integration ausländischer Fachkräfte ist ein komplexer Prozess, der weitreichende Auswirkungen auf Unternehmen und die Gesellschaft hat. Die erfolgreiche Umsetzung dieser Herausforderungen könnte der Schlüssel zur Lösung des Fachkräftemangels in Deutschland sein. Daher ist es unerlässlich, dass Unternehmen sich weiterhin auf den Weg der Integration begeben und bewährte Praktiken im Onboarding implementieren.
Der Prozess der Fachkräfteanwerbung
Die Anwerbung von Fachkräften aus dem Ausland gewinnt zunehmend an Bedeutung, insbesondere in einem von einem Mangel an qualifizierten Arbeitskräften geprägten Markt wie dem deutschen. Laut der Bundesagentur für Arbeit sind insbesondere in den Bereichen Pflege, Engineering und IT Fachkräfte gesucht. Die Integration dieser Fachkräfte stellt Unternehmen jedoch vor erhebliche Herausforderungen, da es nicht nur um die Anwerbung, sondern auch um eine nachhaltige Bindung und Integration geht. Um den Bedarf an Fachkräften zu decken, setzen immer mehr Unternehmen auf Internationalisierung und suchen aktiv nach Talenten in anderen Ländern.
Diese Entwicklung wird durch die Vereinfachung von Visaverfahren und durch Programme zur Anerkennung ausländischer Abschlüsse unterstützt, die darauf abzielen, den Zugang zum deutschen Arbeitsmarkt zu erleichtern. Beispielsweise hat die Bundesregierung 2020 das Fachkräfteeinwanderungsgesetz verabschiedet, das darauf abzielt, die Zuwanderung von qualifizierten Arbeitskräften aus Drittländern zu fördern. Dieses Gesetz schafft rechtliche Rahmenbedingungen, um den Fachkräftemangel in vielen Branchen zu adressieren und dadurch die wirtschaftliche Stabilität zu gewährleisten.
Herausforderungen und Lösungsansätze
Die Herausforderungen, die mit der Integration von Fachkräften aus dem Ausland einhergehen, sind vielfältig. Kulturelle und sprachliche Barrieren können eine reibungslose Eingliederung in das Unternehmen erschweren. Eine Studie der Bertelsmann Stiftung zeigt, dass nur 37% der neu eingewanderten Fachkräfte in Deutschland innerhalb der ersten zwei Jahre eine feste Anstellung finden. Um diesen Herausforderungen zu begegnen, setzen Unternehmen zunehmend auf maßgeschneiderte Integrationsprogramme.
Anpassungsfähigkeit der Unternehmen ist dabei entscheidend. Viele Unternehmen realisieren, dass die Schaffung eines positiven Arbeitsumfelds, das auf Diversität und Inklusion setzt, langfristig die Mitarbeiterbindung stärkt. Durch spezielle Schulungen und Teambuilding-Maßnahmen können bestehende Mitarbeiter sensibilisiert werden, was zu einem besseren Verständnis und einer harmonischeren Zusammenarbeit führt. Zudem ist die Förderung von interkultureller Kommunikation ein weiterer Schlüsselfaktor für den Erfolg dieser Integrationsprozesse.
Rolle der Digitalisierung im Onboarding-Prozess
Mit der zunehmenden Digitalisierung in der Arbeitswelt gewinnt auch die digitale Unterstützung von Onboarding-Prozessen an Bedeutung. Plattformen, die speziell für das Onboarding von neuen Mitarbeitern entwickelt wurden, ermöglichen eine bessere Strukturierung und eine effizientere Kommunikation. Beispielsweise bieten einige Unternehmen digitale Schulungsmodule an, die sich flexibel in den Arbeitsalltag integrieren lassen.
Laut einer Studie des Fraunhofer Instituts für Arbeitswirtschaft und Organisation AG (IAO) kann ein gut gestalteter digitaler Onboarding-Prozess dazu führen, dass neue Mitarbeiter schneller produktiv werden. Digitale Tools erleichtern nicht nur den Wissenstransfer, sie fördern auch die Vernetzung unter den neuen und bestehenden Mitarbeitern und tragen somit zu einer schnelleren Integration ins Team bei. Obwohl der persönliche Kontakt nach wie vor unerlässlich ist, bietet die Digitalisierung wertvolle Unterstützung und Flexibilität.
– NAG